Selbständiges Arbeiten:Material für individuelle Lehrpläne

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In der neuen Echinger Lernwerkstatt können Schüler Aufgaben gemäß ihres Wissensstands erledigen

Von Alexandra Vettori, Eching

Viele Mamas und Papas sahen am Donnerstag beim Elternabend zum ersten Mal in voller Pracht, woran sie die Monate zuvor fleißig mitgearbeitet hatten: die Lernwerkstatt der Grund- und Mittelschule in der Danziger Straße. Ein Raum voller Regale, in denen sich Schulmaterial der besonderen Art stapelt, bunte Würfel, laminierte Karten mit Fädelspielen, Rechenschieber, Domino, Puzzles und viele Lernspiele.

Die Initiative dazu, eine solche Lernwerkstatt für die Fächer Deutsch und Mathematik einzurichten, kam von Lehrerin Renate Koch. Denn eine solche Lernwerkstatt, in der die Kinder sich selbständig Aufgaben nach einem individuellen Lehrplan holen und bearbeiten, habe einen unschlagbaren Vorteil, erklärte Konrektorin Marlene Grassl: "In einer Klasse sind unterschiedliche Begabungen und Kinder auf unterschiedlichem Wissensstand, hier gibt es das differenzierte und individualisierte Material dafür." Zwar hat die Gemeinde die Einrichtung für die Werkstatt und das große Zimmer daneben, in dem die Kinder dann arbeiten, finanziert, doch das hätte nicht gereicht. Unzählige Überstunden haben die Lehrerinnen beim Basteln der Materialien erbracht, erzählte Grassl, und weil auch das nicht reichte, hat Renate Koch auch die Eltern eingespannt. 50 Bastelpakete bereitete sie vor und gab sie den Eltern mit heim. "Die Hilfsbereitschaft der Eltern war sehr groß, sie haben ausgeschnitten, gelocht, Fäden durchgezogen, und in der Schule haben wir gemeinsam laminiert", erzählte Koch.

Die Kinder jedenfalls lieben ihre Lernwerkstatt, jede Klasse, auch die der Mittelstufe, darf ein bis zweimal die Woche hinein. Die Regale und Materialien sind mit Symbolen und Nummern gekennzeichnet, wie sie auch auf den individuellen Lernplänen stehen. So können auch die Kleinsten, die noch nicht lesefest sind, ihr Material holen. Dass es am Anfang ein rechtes Hallo gab, bestätigen die Lehrerinnen mit Grinsen in den Gesichtern. Anfangs teilten sie die Klassen, und auch jetzt noch sei es ideal, wenn zwei Lehrkräfte dabei seien. Deshalb stehen neben Renate Koch auch Stefanie Kreutz und Beate Hammer bereit. "Die Anfangszeit ist mühsam, aber wenn es läuft, ist es ein angenehmes Arbeiten", so Koch. Denn jedes Material hat eine Selbstkontrolle, die Lehrerin muss also nur einschreiten, wo es Probleme gibt.

Für die Kinder ist die Lernwerkstatt auch willkommene Abwechslung im Schulalltag. Haben sie ihre Materialien, dürfen sie sich im großen Nebenraum einen Arbeitsplatz suchen. Ein paar Tische und Stühle gibt es da, eine Couch, Hocker, Stehpulte oder kleine runde Teppiche auf dem Boden. "Jeder darf so arbeiten, wie er mag, auch einen Teppich mit in den Gang nehmen", erklärte Stefanie Kreutz. Positiv bewerten die Pädagoginnen auch, dass das System sowohl für leistungsstarke Schüler als auch für schwächere fördernd ist. Die Guten können höhere Leistungsstufen und Knobeleien bearbeiten, die Schwächeren frühere Lerninhalte wiederholen, ohne dass es groß auffällt. Das, hat Koch beobachtet, tut auch den Mittelschülern gut. Auch dass es Lehrmaterialien für haptisch veranlagte Schüler gibt, die etwas anfassen müssen, um besser zu verstehen, ist eine Bereicherung.

Für die Pädagoginnen bleibt Arbeit genug. Sie müssen den jeweiligen Stand der Schüler eruieren und das entsprechende Lehrmaterial aussuchen. Die Lehrkraft wird so erst Diagnostiker und anschließend Moderator.

© SZ vom 20.11.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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