Medizin:Klinik Wartenberg geht neue Wege

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Im kommenden Jahr wird eine mobile geriatrische Rehabilitation eingeführt. Therapeuten können ihre Patienten dann zu Hause behandeln - das erste Angebot dieser Art in Südbayern

Von Gerhard Wilhelm, Wartenberg

Die Klinik Wartenberg will im kommenden Jahr eine mobile geriatrische Rehabilitation anbieten. Sie wäre die erste im südlichen Bayern. Bisher gibt es dieses Angebot nur in Coburg, Bamberg und Würzburg, wie der Geschäftsführer der Klinik, Constantin von Stechow, bei einem Pressegespräch mit dem SPD-Bundestagsabgeordneten Ewald Schurer sagte. Relativ unbekannt ist auch, dass es an der Klink eine geriatrisch-internistischen Notaufnahme, abgekürzt "Gina", gibt. In ihr stehen zwei Zimmer für akute internistische Erkrankungen bei älteren Menschen bereit. Nur wenige Hausärzte würden sie bislang in Anspruch nehmen, bei den Rettungsdiensten sei sie noch weniger bekannt, sagte von Stechow.

Der Vorteil einer mobilen geriatrischen Rehabilitation liege darin, dass der Patient nicht aus seinem häuslichen Umfeld müsse, erklärte Chefarzt Wolfgang Schneider. Es gebe keine Entwurzelung, er müsse sich nicht erst einmal an das Klinikumfeld gewöhnen und habe zu Hause die gewohnte Menschen um sich, sagte Schneider. "Oder auch Haustiere wie den geliebten Hund oder Katze", fügte von Stechow an. Eine mobile Rehabilitation würde in drei Phasen erfolgen: Bei einem Hausbesuch werde geprüft, ob sie möglich sei und welche medizinischen Probleme der Patient habe. Auf diese Evaluation folgt die Ausarbeitung eines individuellen Reha-Programms, im dritten Schritt dann die Umsetzung durch die Therapeuten zu Hause beim Patienten.

Noch ist das Vorhaben nicht vom Medizinischen Dienst der Krankenkassen abgesegnet, sagte der Geschäftsführer, aber man sei guten Mutes. Ein mobiler Dienst sei auch für Patienten ideal, die mit Behinderungen leben müssten. Sehbehinderte etwa, die daheim jeden Winkel kennen, müssten sich in der Klinik erst zeitintensiv einleben. Die mobile geriatrische Reha soll zunächst mit zehn Patienten beginnen und in einem Einzugsbereich von ungefähr 25 Kilometer angeboten werden - von Erding bis Landshut. Es sei aber möglich, das Projekt auszuweiten, wenn sich der Bedarf zeige, sagte von Stechow.

Dass die Klinik Wartenberg, die größte Einrichtung für stationäre geriatrische Rehabilitation in Bayern, "in der Wahrnehmung noch nicht so weit ist, wie wir es uns wünschen", stellen Chefärzte und Klinikleitung auch bei "Gina" fest. Die geriatrisch-internistischen Notaufnahme gibt es zwar seit rund acht Jahren. Doch sie tauche im Radar der Akutmediziner nicht sehr oft auf, sagte Chefärztin Saskia Rupp. Und das obwohl man eigentlich eine gute Beziehung zum Klinikum Erding habe, fügte Geschäftsführer von Stechow an. Während man von einigen niedergelassenen Ärzten Patienten überwiesen bekomme, seien es über die Notärzte sehr wenige. Dabei könne man ein weites Behandlungsspektrum abdecken, so Chefärztin Rupp. Die Klinik könne zwar nicht mit einer "Maximaldiagnostik" dienen, wie sie zum Beispiel bei einem Schlaganfall notwendig sei. Akute internistische Gesundheitsstörungen, insbesondere bei unklaren Fieber- und Durchfallerkrankungen, bei Entgleisungen von Diabetes, arterieller Hypertonie, Dehydrierung oder einer akuten Verschlechterung des Allgemeinzustandes könne man helfen, sagte die Chefärztin für Akutgeriatrie und Palliativmedizin.

Angesichts der geplanten Projekte - die Klinik will zudem 20 Millionen Euro in einen Erweiterungsbau bis Ende 2019 stecken - und der positiven Eindrücke, die Schurer sowie die SPD-Kreisrätin Ulla Dieckmann und der SPD-Kreisvorsitzende Martin Kern beim Rundgang durch die Klinik erhielten, gab es nur Lob. "Andere Kliniken können sich eine Scheibe von Wartenberg abschneiden. Die Klinik ist ein Juwel, das unbedingt mehr bekannt werden muss", sagte Kern. Auch Ulla Dieckmann zeigte sich beeindruckt: "Es gibt offene Räume, viel Platz, das Klima stimmt, weil die Life-Work-Balance stimmt." Sie hat sich vorgenommen, auch dem Kreistag die Bedeutung der Klinik näher zu bringen. Schurer lobte ebenfalls das Haus. Im Vergleich zu seinem Besuch 2012 habe sich viel geändert. "Respekt vor den Funktionalitäten, dem breiten Spektrum, das Sie bieten. Das Wissen über die Einrichtung kann gar nicht groß genug sein."

Geschäftsführer von Stechow nutzte den Besuch, um Wünsche an den Abgeordneten anzubringen, auch wenn dieser künftig in der Opposition in Berlin sitze. Zum einen müsse der Beruf des Pflegers weiter ausgebaut werden, zum anderen bestehe im Bewusstsein der Krankenkassen immer noch ein Ungleichgewicht zwischen Geriatrie und Reha. Letztere genieße einen höheren Stellenwert. Ärzten, die sich der geriatrischen Medizin widmen wollten, hätten viel größere Schwierigkeiten eine Zulassung zu bekommen als Reha-Ärzte.

© SZ vom 13.10.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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