Markt Schwaben:Doppelspitze übernimmt

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Nach 15-jähriger Ära hört Walter Kressirer beim Alpenverein auf

Von Korbinian Eisenberger, Markt Schwaben

Auf einmal wurde es still im Schweiger Brauhaus. Die Markt Schwabener Bergsteiger sollten ihren neuen Vorstand wählen, doch als ihr scheidender Chef Walter Kressirer um Kandidaten bat, da rührte sich erst einmal niemand. Kurzzeitig sah es so aus, dass die 1540 Mitglieder des Alpenvereins (DAV) Markt Schwaben künftig führungslos sein könnten. Dieser schier nicht enden wollende am gewissen nagende Moment der Stille. Nicht auszuhalten, und dann fasste eine 27-jährige Studentin einen Entschluss.

Marina Krauß hatte mit einem neuen Vorstand gerechnet. Nur nicht, dass sie selbst die Leiterin der Markt Schwabener DAV-Sektion wird. Die frühere Plieningerin übernimmt künftig den Vorsitz zusammen mit der Markt Schwabenerin Michaela Huber, 37, die zur Stellvertreterin gewählt wurde. "Es war von uns beiden eine spontane Entscheidung", sagt Marina Krauß in der Woche danach. "Wir müssen jetzt unseren eigenen Weg finden", sagt Michaela Huber, die wie Krauß einstimmig gewählt wurde.

Beim DAV Markt Schwaben übernimmt künftig also eine Art Doppelspitze. Gleichzeitig endet nach 15 Jahren die Ära Walter Kressirer. Der 50-Jährige hatte die Neuwahl einberufen. "Ich bin als Selbstständiger beruflich immer stärker eingespannt", erklärt er. Ein Bauunternehmer tritt ab, mit Krauß und Huber folgen auf ihn eine Studentin und eine Ingenieurin. "Die beiden werden das gut machen, da bin ich mir sicher", sagt Kressirer.

Vorstand zu sein, heißt vor allem: viel Arbeit. Wer im Alpenverein aktiv dabei ist, weiß das, auch deshalb tun sich die Sektionen oft schwer, Nachfolger für jene zu finden, die ihr Amt irgendwann wieder abgeben wollen. So geht es bisweilen auch den anderen Sektionen in der Region, und das obwohl es kaum woanders eine so hohe DAV-Dichte gibt wie im Osten Münchens: Allein Haar, Haag, Erding, Grafing/Ebersberg und Zorneding haben jeweils eigene Sektionen. Dennoch zeichnet sich für Walter Kressirer seit einigen Jahren eine Entwicklung ab. "Die Leute haben für Ehrenämter immer weniger Zeit."

Auch bei Kressirer ist das der Hauptgrund für seinen Rückzug. Ohne ihn gäbe es die Sektion möglicherweise ab gar nicht erst. In seinen ersten Amtsjahren gründete Kressirer zuerst eine Ortsgruppe. "Damals waren wir um die 300 Leute", sagt er. Seit 2002 hat sich die Mitgliederzahl verfünffacht, Kressirer setzte sich dafür ein, dass Markt Schwabens Kletterhalle immer weiter modernisiert wurde und mittlerweile auch eine Bowlderanlage hat. Er hinterlasse einen schuldenfreien Verein mit einer gutfunktionierenden Jugendabteilung, sagt er. Jetzt seien andere dran.

Marina Krauß muss das alles erst einmal sortieren. Die 27-Jährige steht vor ihrem letzten Geografie-Semester an der Uni Eichstätt, bis Herbst schreibt sie ihre Masterarbeit in "Naturgefahren und Umweltprozesse". Krauß ist das, was man als einen echten Bergfex bezeichnen würde. Die Wochenende verbringt sie nach Möglichkeit irgendwo oberhalb der 2000-Meter-Grenze, sie hat zwei Siebentausender bestiegen, denn Baruntse in Nepal und den Pik Lenin an der Grenze zwischen Tadschikistan und Kirgisistan. "Andere wären sicherlich auch für das Amt geeignet gewesen", sagt Krauß, die im Ismaninger Moos wohnt. "Mir war es einfach wichtig, dass die Vereinsführung nicht vakant ist". Krauß nannte nur eine Bedingung: Die Michaela, die müsse ebenfalls kandidieren, als zweiter Vorstand, für eine weibliche Doppelspitze. Lutz Gründel musste das Amt des scheidenden Schriftführers übernehmen, Michael Pein hörte nach 13 Jahren auf.

Auf Krauß und Huber kommt einiges zu, auch wenn Kressirer sagt, dass seine Nachfolger "das Ganze nicht so intensiv durchziehen müssen" wie er das zweifelsohne gemacht hat. Die Mitgliederzahlen steigen, seit Jahren, Skitourengehen, Bergsteigen und Klettern ist in Mode. "Dadurch müssen wir unser Angebot im Prinzip immer weiter vergrößern", so Kressirer.

Die Verantwortung des Vorstands verteilt sich zwar auf mehrere Schultern. Wenn was passiert, werden aber Fragen gestellt, auch an jene die Hochtouren und Kletterausflüge organisieren und Tourenführer ausbilden. In Kressirers 15-jähriger Zeit gab es zwei Unfälle: Bei der Einweihung der Markt Schwabener Kletterhalle vor 15 Jahren stürzte ein Kletterer von der Wand. 2016 geriet eine Sektions-Gruppe aus Markt Schwaben in eine Lawine, dabei erlitt einer der Tourengeher einen Oberschenkelbruch und innere Verletzungen. "Einen Todesfall hat es bei uns glücklicherweise nie gegeben", sagt Kressirer. Wenn ihm eins wichtig ist, dann, dass es dabei bleibt.

© SZ vom 04.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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