Grafing:Auf der Zielgeraden

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Die Grundstücksverhandlungen über die erste Berufsschule im Landkreis Ebersberg stehen kurz vor dem Abschluss

Von Thorsten Rienth, Grafing

Auffallend ruhig war es in den vergangenen Wochen um die Verhandlungen über das Grundstück der in Grafing-Bahnhof geplanten Berufsschule für 2000 Schüler geworden, doch das ändert sich gerade. Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung steht an diesem Dienstagabend eine Vorentscheidung an: Im nichtöffentlichen Teil der Stadtratssitzung entscheidet das Gremium über den Kauf von etwa fünf Hektar Grund. Mit rund einer Million Euro würde die Stadt in Vorleistung gehen. Diese Entwicklung wird auch in Erding mit Interesse beobachtet: Viele Schüler an der Berufsschule Erding kommen aus dem Landkreis Eberberg.

Wer am Donnerstag sah, dass sich Landrat Robert Niedergesäß (CSU) auf den Weg hinauf in den Grafinger Sitzungssaal machte, brauchte nicht viel kombinieren: Die Grafinger Pläne, auf einem Standort in Grafing-Bahnhof die erste Berufsschule im Landkreis Ebersberg zu errichten, müssen kurz vor dem Abschluss stehen. Die Vor-Vorentscheidung war nach SZ-Informationen zwei Tage vorher gefallen. Grafings Bürgermeisterin Angelika Obermayr (Grüne) setzte ihre Unterschrift unter den Kaufvertrag für ein Fünf-Hektar-Areal im nördlichen Grafinger Gemeindegebiet. Das Mandat für die Unterschrift hatte ihr der Stadtrat im Oktober erteilt. So gesehen war es am Donnerstag eher Formsache, dass der Bauausschuss diesen Teil des Vertrags dem Stadtrat zur Annahme empfahl.

Sieht es der Stadtrat an diesem Dienstagabend genauso, würde eine Art Grundstücksrochade starten: Das im Grafinger Norden erworbene Areal soll als Ausgleichsfläche an den Eigentümer einer gleich großen Fläche im Westen von Grafing-Bahnhof weiterveräußert werden. Der Landwirt sei darauf angewiesen, so heißt es, weil er andernfalls seinen Betrieb nicht weiterführen könne. Ein erfolgreicher Abschluss der Rochade bedeutet zwar keinen automatischen Beschluss für die Grafinger Berufsschule. Gleichwohl deutet derzeit vieles darauf hin.

Als der Stadtrat die Option Grafing-Bahnhof als Standort für ein gemeinsames Berufschulzentrum der Landkreise Ebersberg und München erstmals durchspielte, herrschte reihum breite Zustimmung. Auch der Ebersberger Kreistag hielt den Standort wegen seiner Schnellzuganbindung nach Rosenheim und München für wie geschaffen. Im Februar fiel schließlich im Landkreis München die Entscheidung, einem Ebersberger Standortkandidaten keinen Münchner Vorschlag entgegenzustellen. Und auch von den anfänglichen weiteren Kandidaten aus dem Landkreis Ebersberg sagten bis auf Grafing alle ab.

Für die auf zwischen 50 und 70 Millionen Euro geschätzten Baukosten für die Schule müsste Grafing freilich nicht aufkommen. Bislang war es im Landkreis jedoch Usus, dass Gemeinden Grundstücke für "ihre" weiterführende Schulen kostenlos zur Verfügung stellen. Wegen der überregionalen Bedeutung einer Berufsschule gibt es jedoch im Kreistag Bestrebungen, von dieser Praxis abzuweichen. Einem Antrag der Kreis-SPD zufolge soll der Landkreis die betreffende Kommune bei der Grundstücksfinanzierung "nicht alleine lassen" - also zumindest einen Teil der Kosten übernehmen. Eine ähnliche Forderung gibt es auch von der Grafinger CSU.

In jedem Fall sind Bürgermeisterin Obermayr und der Grafinger Stadtrat jetzt unter Zugzwang: Gar nicht so sehr der Verträge wegen, sondern wegen der Ankündigung, über eine Berufsschule in Grafing-Bahnhof werde nicht im kleinen Kreis entschieden. "Eine Berufsschule ist eine Rieseninvestition, die öffentlich und vor allem zusammen mit den Bewohnern diskutiert gehört", hatte Obermayr im vergangenen November klargestellt. Das sah auch der Grafinger CSU-Kreisvorsitzende und Landtagsabgeordnete Thomas Huber so: "Ein Projekt von dieser Größenordnung funktioniert nur mit den Bürgern und nicht gegen sie." Zumindest bislang war über die Ankündigungen hinaus jedoch noch recht wenig zu spüren.

© SZ vom 19.06.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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