Gerichtsurteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs:Unser Land

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Mit der Sperrung des Sägmühlen-Grundstücks für die Öffentlichkeit sehen sich viele Markt Schwabener eines geschätzten Stückchens Natur beraubt. Der neue Besitzer will hier bauen - und darf aber nur teilweise

Von Korbinian Eisenberger, Markt Schwaben

Die Sonne scheint, weiße Wölkchen am Himmel, der Fehlbach plätschert wie immer gemächlich an der Markt Schwabener Sägmühle vorbei. Dort wo die Straße einen Knick macht, konnten die Einheimischen früher in einen Feldweg einbiegen und am alten Sägewerk vorbei über eine Brücke laufen. Jetzt joggen die Dauerläufer weiter die Teerstraße entlang, ein Gitter versperrt die Einfahrt. Durch einen Spalt gelangt man zwar noch hindurch, dahinter ist das Grundstück jedoch mit einem provisorischen Metallzaun umstellt, alle paar Meter hängt ein Schild mit der Aufschrift "Hofbereich, betreten verboten".

Das Grundstück der Sägmühle ist seit Jahren eines der größten Streitthemen in der Gemeinde. Im Kern geht es dabei stets um die Frage, ob ein Grundbesitzer, auf dessen Eigentum ein öffentlich genutzter Weg verläuft, dort uneingeschränktes Hausrecht hat oder nicht - und ob er auf dem Grundstück umbauen darf, was der Eigentümer sich erhofft. Nach einem Gerichtsurteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vergangene Woche sieht jetzt vieles danach aus, dass der Durchgangsweg zwischen Markt Schwaben und Ottenhofen auch künftig versperrt bleibt. Dass der Weg wie im Bebauungsplan ausgewiesen eine "öffentliche Verkehrsfläche" sein soll, sei damit unwirksam, teilt der Eigentümer der Sägmühle in einer Stellungnahme mit.

Mittlerweile gleicht das Areal mehr einem Bundeswehr-Übungsgebiet als jenem Spaziergänger-Domizil, das es bis vor fünf Jahren war. Letztlich geht es um hundert Meter Feldweg und eine fünf Meter lange Holzbrücke. Was für Außenstehende wie ein Bauernzank auf dem Land klingen mag, ist den Markt Schwabenern jedoch ein bierernstes Thema. Im Frühjahr hatte etwa ein Bürger die bis dato letzte Verhandlung zwischen dem Eigentümer und einem Spaziergänger vor dem Amtsgericht Ebersberg provoziert. Weil der Mann sich mehrmals geweigert hatte, seinen Hund beim Gassigehen an die Leine zu nehmen, verklagte ihn der Eigentümer und gewann nach einem emotional geführten Prozess - es wurden böse Blicke und Tiernamen ausgetauscht.

Beim Thema Sägmühle ist Bürgermeister Georg Hohmann (SPD) das Lachen längst vergangen. "Wenn der Weg an der Sägmühle nicht mehr zugänglich ist, wäre das ein herber Verlust für das Freizeitleben in unserer Gemeinde", sagt er. Tatsächlich ist Markt Schwaben flächenmäßig eine der kleinsten Kommunen, dabei aber eine der am dicht besiedelsten des Landkreises. Seit Jahren ist in Markt Schwaben nicht nur der Wohnraum knapp, sondern auch Orte, wo man seinen Hund oder sein Fahrrad bewegen kann. Stand jetzt bleiben den Dorfbewohnern der Postanger und das Schwabener Moos.

Warum das Ganze? So richtig verstanden hat das in Markt Schwaben bis heute wahrscheinlich niemand. Letztlich geht es "um zwei verschiedene Paar Schuhe", wie Bürgermeister Hohmann es ausdrückt. Seit der neue Eigentümer das Grundstück samt Gebäude vor fünf Jahren ersteigerte, pocht er darauf, sowohl das grüne Haus als auch den unvollendeten Rohbau als Wohnhaus ausbauen zu dürfen. Weil sich das Grundstück aber im "Außenbereich" befindet, ist dies baurechtlich nicht erlaubt. "Das haben wir 2011 bei ersten gemeinsamen Gesprächen erklärt", sagt Hohmann. "Wir haben angeboten, dass er den Rohbau zum Wohnhaus umbauen darf, dafür aber das grüne Haus abreißen muss", so Hohmann. Darauf sei der neue Besitzer der Sägmühle jedoch nicht eingegangen, stattdessen habe er ein Konzept präsentiert, in dem er beide Gebäude als Wohnhäuser ausbauen wollte. Dieser teilt mit, dass er mittlerweile mehrere Bauanträge für mehrere Bauten eingereicht habe. Im Dorf hält sich die Meinung, dass er die Wegsperren und eine abgerissene Brücke als Druckmittel nutzt, um seine Bauvorhaben durchzubekommen.

Über die Jahre haben sich so stapelweise Papier-Dokumente gesammelt. Alles wegen eines Bauwerks, bei dem es ursprünglich mal darum ging, Baumstämme zu Brettern zu verarbeiten. Die Zeiten, in denen das Wasser des Fehlbachs in Markt Schwaben Holzsägen angetrieben hat, sind jedoch längst vorbei. Etwa 60 Dorfbewohner hatten im vergangenen Jahr mit Schildern und lauten Rufen medienwirksam für eine neue Brücke demonstriert. Gebracht hat es den Spaziergängern dem Anschein nach bisher nichts.

Man könnte es - vor allem nach dem Urteil des Verwaltungsgerichtshofs - auch anders sehen, nämlich dass der Besitzer der Sägmühle seit Jahren im Recht ist, juristisch gesehen. Und dass es legitim ist, wenn jemand auf seinem Grundstück seine Ruhe haben will. Der Mann, um den es geht, ein Professor aus München, will seinen Namen nach wie vor nicht in der Zeitung lesen. Er scheut die Presse, weißt Anfragen auf Besuche stets mit der Begründung terminlicher Bindungen zurück, antwortet aber auf E-Mails. "Ich lass mir halt nichts Rechtswidriges gefallen und bin immer offen für Gespräche", heißt es darin. "Vielleicht könnte man die Gespräche noch einmal aufnehmen und ausloten, ob ein vorhabenbezogener Bebauungsplan einvernehmlich entwickelt werden kann", schreibt er. Bürgermeister Hohmann erklärt auf Nachfrage, dass der Gemeinderat grundsätzlich weiterhin gesprächsbereit sei. "Wir werden aber zunächst die rechtlichen Mittel ausschöpfen" heißt es.

© SZ vom 06.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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