Flughafenausbau:Bange Blicke nach München

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Wie reisen die Siko-Teilnehmer an, wenn die Verdi-Beschäftigten am Münchner Flughafen streiken? (Foto: Marco Einfeldt)

Das Aktionsbündnis Aufgemuckt befürchtet ein Ratsbegehren zur dritten Startbahn. Für den Fall der Fälle ist man aber siegesgewiss, die Bürgerinitiativen sind startklar

Von Johann Kirchberger, Freising

Auch wenn derzeit scheinbar Ruhe herrscht, die Startbahngegner trauen ihr nicht. Man empfange immer wieder gewisse Signale, sagt Aufgemuckt-Sprecherin Helga Stieglmeier, "manchmal eindeutig, manchmal verschwommener". Insbesondere der Münchner OB Dieter Reiter (SPD), der von der Landtags-CSU und Ministerpräsident Horst Seehofer massiv unter Druck gesetzt werde, scheint ihr ein Wackelkandidat zu sein, "bei dem weiß man nicht so genau, wo's hingeht". Er könnte sich, so befürchtet nicht nur sie, entgegen seiner bisherigen Versprechen vielleicht doch dazu entschließen, noch heuer ein Ratsbegehren durchzuführen und die Münchner erneut über eine dritte Startbahn abstimmen zu lassen. Und für diesen Fall, da waren sich die Protagonisten von Aufgemuckt bei ihrer Mitgliederversammlung am Donnerstag einig, müsse man gewappnet sein.

Der Landtagsabgeordnete Christian Magerl (Grüne) ist sich allerdings sicher, dass es ein Ratsbegehren nicht vor der oder zur Bundestagswahl geben werde, "das wäre politischer Selbstmord der SPD". Einig war er sich aber mit den anderen "Aufgemuckten", dass die schon einmal bestehende "Arbeitsgruppe Volksabstimmung" wiederbelebt werden müsse, um "vorzubereiten, was man vorbereiten kann". An der werde sich diesmal ideell und finanziell auch die Schutzgemeinschaft mit ihren mehr als vierzig Gemeinden beteiligen, sagte deren Vorsitzender Manfred Pointner und drängte darauf, die Arbeit schon bald aufzunehmen. Man müsse den Münchner Bürgern klar machen, dass "die Region explodiert" und auch im Hinblick auf den Wohnungsmarkt kein weiteres Wachstum vertrage. Hartmut Binner bezeichnete Dieter Reiter zwar als kompetent und glaubwürdig, man dürfe aber nicht vergessen, dass er eigentlich ein Befürworter der dritten Startbahn sei, sich momentan aber an das Bürgerbegehren von 2012 gebunden fühle.

Trotzdem gab sich die Runde optimistisch. Es habe schon einmal geklappt, mit dem Herzen gegen die Millionen der FMG anzukämpfen, hieß es. "Mir san startklar", sagte der Kranzberger Rainer Pilz im Hinblick auf ein mögliches Ratsbegehren, "und das schaff ma auch". Der Freisinger Stadtrat Manfred Drobny sah das ähnlich. "Wir kämpfen für unsere Heimat und ein besseres Leben, die anderen kämpfen für das Geld", sagte er.

Reiter habe stets versichert, dass er einem Ratsbegehren nur bei einer signifikanten Zunahme der Flugbewegungen über einen längeren Zeitraum zustimmen werde, erinnerte Magerl. Im vergangenen Jahr habe es hier zwar mit 3,8 Prozent - bereinigt um das Schaltjahr: 3,5 Prozent - "ein gewisses Wachstum" gegeben. Die Zahlen seien aber immer noch weit unter denen von 2005, als die Planungen für die dritte Startbahn angeleiert wurden. Die Zahl der Fluggäste sei sogar nur um 3,1 Prozent gestiegen. München sei erstmals von London-Gatwick überholt worden, wo mit einer Startbahn 700 000 Passagiere mehr befördert worden seien. Weil die "Gefäßgröße", sprich die Größe der Flugzeuge steige, werde die FMG das mit über zehn Millionen Euro "erkaufte" Wachstum des Vorjahres heuer wohl nicht mehr erreichen, so Magerl. In diesem Zusammenhang kritisierte er die von Bundesverkehrsminister Dobrindt geplante Senkung der Flugsicherungsgebühren, "ein Geschenk" an die Fluggesellschaften.

Zu Beginn der Versammlung war der neu gegründete "Bürgerverein Freising zur Vermeidung von Lärm und Schadstoffen" in die Reihen von Aufgemuckt aufgenommen worden. Vorsitzender Reinhard Kendlbacher und Professor Oswald Rottmann erläuterten den erfolgten Kauf eines mobilen Messgeräts, der von Aufgemuckt mit 500 Euro unterstützt wird. Man betrete hier absolutes "Neuland", sagte Kendlbacher, man messe Feinststaub im Bereich von einem millionsten Meter. Die ersten Messungen der hochgiftigen Nanopartikel, die noch nie gemessen wurden, weil es auch keine Grenzwerte gebe, hätten relativ hohe Ergebnisse gebracht, sie müssten aber noch "abgegrenzt" werden, um "seriöse Werte" zu erhalten. "Der Flughafen tut immer so, als ob er ein guter Nachbar sei und alles in Ordnung wäre", rief Kendlbacher. "Das stimmt aber nicht, wir werden extrem belastet, und das ist beunruhigend."

© SZ vom 04.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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