Erding:Gemeinsame Schnittmenge

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In der Friseurbranche gilt künftig ein einheitlicher Mindestlohn von 8,50 Euro. Erdinger Friseure befürworten das, weil er nicht nur für Innungsmitglieder, sondern auch für Billigketten gilt

Mathias Weber

Waschen, schneiden, föhnen: In Erding gibt es eine Vielzahl unterschiedlicher Friseure, von billig bis teuer, von alt bis neu. Seit mehr als vierzig Jahren schmiert Renate Huber Shampoo in das Haar ihrer Kunden (Foto: Renate Schmidt)

Nicht nur Erding, jede deutsche Stadt wäre ohne die sprachliche Kreativität von Friseurinnen und Friseuren um ein paar Wortwitze ärmer. Ihre Salons sind "Cre-Hair-tiv", sind ein "Haar-em", liegen am "Schnitt-Punkt" oder bestimmen das "ChicSaal" ihrer Kunden. Über diese gewagten Kreationen mag man lächeln. Fest steht allerdings: Friseursalons müssen auffallen und um ihre Kunden werben, heute mehr denn je. Sie versuchen es über den schrulligen Namen, oder über den Preis: Nicht nur kann man sich heute in Erding für wenige Euro einen Haarschnitt leisten, sondern auch für mehrere hundert - dann ist natürlich jeder Service inklusive. Mittlerweile werben 39 Friseursalons im Landkreis um Dauerwelle und Maschinenschnitt. So viele seien zumindest bei der Erdinger Friseurinnung Mitglied, sagt Ludwig Stetter. Er betreibt im Erdinger Heilig-Geist-Hof den Salon Luigi's und ist Vize-Vorsitzender der Erdinger Friseur-Innung.

Die Erdinger Friseure haben sich eingerichtet zwischen Billig-Ketten und High-End-Friseur. Doch in den nächsten Jahren könnten Veränderungen auf die Kunden zu kommen. In ihrer Sitzung am Montag haben die Tarifparteien der Friseurbranche in Würzburg einen einheitlichen Mindestlohn von 8,50 Euro in der Stunde verabredet. Er soll im ganzen Land von 2015 an gelten. Die Zeit bis dahin soll genutzt werden, um die Lohnerhöhung am Markt durchsetzen zu können. Das heißt: Die Preise werden steigen, denn, so sagt Friseur Stetter, "die Löhne sind der größte Kostenfaktor".

Für die meisten Erdinger Kunden werde sich wenig ändern, versichern alle befragten Friseure. Denn der Branchentarifvertrag in Bayern garantiere den Angestellten sowieso schon einen Lohn, der über 8,50 Euro liegt. Die Erdinger Friseure reagieren dementsprechend gelassen auf die Ankündigung aus Würzburg und begrüßen mitunter auch die neuen Regelungen.

Renate Huber zum Beispiel. Die Friseurin betreibt seit 41 Jahren ihren Salon in der Langen Zeile. Sie zeigt sich hoch erfreut über die Einigung der Tarifpartner. So etwas sei dringend nötig, um den Kunden den Wert eines Friseurbesuches vor Augen zu halten. "Für eine Dauerwelle, die drei Stunden Arbeit bedeutet, verlangen wir 85 Euro. Da staunen zwar manche, aber wir sind bei diesem Stundenlohn immer noch der billigste Handwerker." Dem Friseurhandwerk, so hofft sie, werde durch höhere Preise mehr Wertschätzung entgegen gebracht. Und, ganz nebenbei, könnte sich die Lage am Markt entspannen. Denn ein flächendeckender Mindestlohn würde ein Ende machen mit Billig-Preisen auf dem Markt.

Zwar wirbt auch Renate Huber offensiv mit billigen Preisen. In knallorange sind die Angebote an den Fenstern ihres Salons nicht zu übersehen: ab 13 Euro für Männer. "Ab", betont sie. Lockangebote seien das, "normalerweise kosten die Schnitte schon mehr." Nicht so wie bei der Billig-Konkurrenz. Die Hamburger Friseurkette C+M hingegen wirbt mit einem Standard-Preis von 13 Euro, für alles. Im Sempt-Park sowie im Kaufland in der Dachauer Straße hat die Kette Klier Filialen. Das Unternehmen aus Wolfsburg betreibt in Europa eigenen Angaben zufolge 800 Salons und setzt auch auf günstige Preise. Innungs-Vize Stetter sagt, diese Ketten könnten nur dann einen Haarschnitt für unter 15 Euro anbieten, wenn sie bei den Löhnen sparten. Er glaubt, dort würden oft ungelernte Kräfte zu einem geringen Lohn angestellt, die keine Tariflöhne zahlten. Damit es für den Lebensunterhalt reiche, gebe es einen Zuschuss vom Arbeitsamt. Für die Kunden dieser Salons könnte es allerdings teurer werden, wenn die Inhaber den Mitarbeitern in Zukunft den Mindestlohn zahlen müssen.

Nicht nur Ketten, auch kleine Salons bieten in Erding sehr günstige Schnitte an, etwa der Salon "Pietro Hairdesign" am Gries. Einen Maschinenschnitt gibt es dort schon ab acht Euro, eine Dauerwelle ab 39. Der Inhaber Pietro Leone selbst sieht sich im mittleren Preissegment, nicht billig, aber eben auch nicht teuer. Wie viel seine Angestellten allerdings verdienen und ob sie Mitglied der Friseurinnung sind, dazu allerdings schweigt Unternehmer Leone.

Friseurin Renate Huber aus der Langen Zeile vertraut weiterhin auf ihr Können und den Einsatz ihrer Mitarbeiterinnen. Der Salon hätte viele Stammkunden, die ihre Erfahrung schätzten. Auch Friseurin Huber schätzt sie, ganz persönlich. "Meine Haare lasse ich mir von meiner Kollegin schneiden, da weiß ich, was ich habe. "

© SZ vom 25.04.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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