Das Kinocafe in Taufkirchen:Eine wahre Herzensangelegenheit

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"Keine billige Action, keine seichte Comedy": Andreas vom Hofe betreibt das Kino-Café, es ist ein wichtiger Ort für die Gemeinde

Von Yvonne Ramp

Betritt man das Kino-Café in Taufkirchen, fühlt man sich wie im Kino von früher: Schwarz-Weiß Bilder von alten Filmstars zieren die Wände, alte Holztische und -stühle verleihen dem Raum eine originelle Atmosphäre. Hinter der Theke steht der Besitzer der Taufkirchener Kultur-Institution, Andreas vom Hofe. Die langen Haare hängen ihm in die Stirn, er liest ein Buch. Noch ist nichts los im Kino-Café, der große Ansturm beginnt erst in einer halben Stunde, wenn um 20 Uhr die Vorstellung beginnt. Hier in der Erdinger Straße gibt es nur einen kleinen Kinosaal, keine Popcornmaschine und auch keine 3D-Brillen wie in den Kinopalästen in Erding, Landshut und München. Aber trotzdem: Das Kino-Café, ein Ort, wo sich die Taufkirchener auf einen Kaffee oder ein Glas Wein treffen und danach die neuesten Filme schauen, das gibt es noch immer - und das ist der Verdienst von Andreas vom Hofe.

Seine Karriere begann als Bedienung

1950 wurde der Saal als kleines Tageskino eingerichtet, aber schon in den 60ern musste es Insolvenz anmelden. 1980 hat es der Taufkirchner Taxi-Unternehmer Lechner wiedereröffnet, im Foyer richtete er eine kleine Spielehalle ein. Ein echtes Café entstand hier erst 1995, als das Kino von der Familie Jell, die heute das Volksfest in Taufkirchen organisiert, übernommen und ausgebaut wurde. Schon zehn Jahre zuvor, 1985, begann der heutige Besitzer, Andreas vom Hofe, seine Karriere im Kino-Café als Bedienung.

Er war damals 18 Jahre alt und hatte gerade die Fachoberschule abgeschlossen. Auch während seines Studiums in physikalischer Technik und darüber hinaus arbeitete der Taufkirchner weiterhin im Kino-Café. Vom Hofe erlebte viele Pächterwechsel, unter ihnen war auch seine Schwester, die Ende der 90er das Kino-Café führte. Aber erst 2011 dachte vom Hofe daran, das Kino selbst zu übernehmen. "Es war lange unklar, was daraus wird", sagt der 49-Jährige. So groß der Wunsch und die Hoffnung, seinen lieb gewonnenen Arbeitsplatz in alter Form zu erhalten, so schlecht bestellt war es um vom Hofes finanzielle Mittel.

Seit er 18 war hat Andreas vom Hofe im Kino-Café in Taufkirchen gearbeitet - jetzt führt er es. (Foto: Stephan Görlich)

Marcus H. Rosenmüller hat sich für das Kino stark gemacht

Zuerst hatte vom Hofe versucht, die Gemeinde zum Kauf zu bewegen, er hätte das Kino dann unentgeltlich weitergeführt. Doch damit hatte er keinen Erfolg, selbst dann nicht, als sich Regisseur Marcus H. Rosenmüller persönlich für den Erhalt des Kinos stark machte. Aber er hatte Glück, so sagt er, denn die Erben des letzten Besitzers des Gebäudes waren Schweden, konnten also mit einem Kino in Deutschland "nichts anfangen". Erhalten wollten sie das Kino aber und haben es an vom Hofe für kleines Geld verkauft. Keine schlechte Idee: Marcus H. Rosenmüller selbst war schon drei Mal in Taufkirchen, um sich Vorführungen seiner Filme anzusehen. Ihm habe der Charme des kleinen, originellen Kinos so gut gefallen, dass er immer wieder kam und sogar eine seiner Kabarett-Veranstaltungen dort präsentierte.

Ins Kino kommen viele Stammgäste nicht nur aus Taufkirchen, viele auch aus Dorfen, Velden, Erding und sogar Landshut. (Foto: Stephan Görlich)

Die Filme im Kino-Café laufen immer ohne Werbung, es gibt zwei Vorstellungen pro Abend, die eine um acht, die andere je nach Filmlänge um zehn oder elf Uhr. Wer gerne Hollywood-Blockbuster sieht, kommt in Taufkirchen jedoch nicht auf seine Kosten - ab und zu läuft höchstens ein Quentin Tarantino. Filme bekämen die großen Kinos meist schneller, meint der Kinobesitzer, denn die Kinoverleihe in Deutschland sähen dort den größeren Absatzmarkt. Doch das stört vom Hofe kaum, er wählt seine Filme ohnehin nach "eigenem Gusto", das heißt: "keine billige Action und keine seichte Comedy". So läuft und lief beispielsweise Ed Herzogs "Dampfnudelblues"-Filmreihe auch bei ihm. Auch den deutschen Oscar-Favorit "Toni Erdmann" kann man in Taufkirchen anschauen und muss sich nicht auf den Weg in die nächste Stadt machen.

Zum Publikum des Kino-Cafés gehören Jung und Alt, je nach Film und Tag. Natürlich hat vom Hofe auch seine Stammkunden, doch viele davon kommen nur, um eine Zeit lang im Café zu sitzen. Veranstaltungen wie Vorträge und Kabaretts, die gelegentlich im Kino-Café stattfinden, hätten meist größeren Zulauf als die Kinofilme. "Wir sind umkreist von Kinos", sagt vom Hofe. Die meisten Kunden kamen früher aus Dorfen, aber das änderte sich, als dort s'Kino im Jakobmayer eröffnete. Aber wohl auch weil die Eintrittspreise des Kinos recht gering sind - sechs Euro für Kinder und Studenten, sieben für Erwachsene - kann das Kino-Café im Konkurrenzkampf standhalten.

Viele Veranstaltungen ziehen die Leute an

Und auch die verschiedenen Veranstaltungen, die dort stattfinden, sorgen für Publikum: Konzerte zum Beispiel, auch solche von jungen Bands, die einen Platz für ihr erstes Konzert in kleineren Rahmen suchen. Einmal ließ vom Hofe einen Stummfilm von Charly Chaplin live vom Klavier begleiten, Kinder können für ihren Geburtstag den Kinosaal mieten. Früher gab es auch die "Gut Aufgelegt Abende", als der Kinosaal zur Tanzfläche wurde und DJs gespielt hatten; aber der Aufwand war für vom Hofe zu groß, der Zuspruch zu gering. "Wir haben uns die Mühe gemacht, alle Kinostühle raus und später wieder rein zu drehen. Das war dann irgendwann einfach zu viel", sagt vom Hofe.

Sein größter Erfolg bisher? Ganz klar, "Wer früher stirbt ist länger tot", ein Rosenmüller-Film. Normalerweise fasst der Kinosaal um die 75 Leute, doch als der Regisseur selbst in der Vorstellung saß, mussten die Besucher auf den Couchen in den ersten Reihen zusammenrücken und noch ein paar Stühle aus dem Café dazu stellen. Normalerweise kümmert sich vom Hofe sowohl um die Bar als auch um den Kartenverkauf allein, doch für Tage wie die des Rosenmüller-Besuches hat er auch Bedienungen, die ihm helfen und im Notfall auch "den Laden allein schmeißen können". "Eine hat hier angefangen, als sie noch gar keinen Führerschein hatte", sagt der Kinobesitzer lächelnd, "jetzt ist sie Grafikdesignerin und verdient in der Stunde am Computer mehr als den ganzen Abend hier". Doch trotzdem kommt sie immer wieder, fasziniert von der seltenen Originalität und dem Charme des Kinos.

Manchmal gibt es eine kleine Privatvorstellung

Auch vom Hofe selbst genießt es, öfters mal nach der Arbeit einen seiner Filme zu schauen oder auch eine kleine Privatvorstellung für Freunde oder Familie zu geben. Am vergangenen Donnerstag war erst einmal die breite Masse dran. Obwohl er an einem Wochen- und damit Arbeitstag lief, kamen viele Besucher ins Kino-Café, um "Schweinskopf al Dente" zu sehen. Nicht in 3D und Popcorn gab es auch keines. Aber die Taufkirchner wissen: Manchmal ist in der Welt des Wandels ein einfacher Kinobesuch genau das richtige.

© SZ vom 15.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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