Neuer SPD-Vorsitzender in Erding:"Auf die Leute zugehen"

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Die Erdinger SPD hat Karl-Heinz Gallinn zum Ortsvorsitzenden gewählt. (Foto: Renate Schmidt)

Karl-Heinz Gallinn ist neuer Vorsitzender der Erdinger SPD

Von Mathias Weber, Erding

Die Erdinger SPD hat einen neuen Vorsitzenden. Mit nur einer Enthaltung und 22 Ja-Stimmen wurde der 68-jährige Karl-Heinz Gallinn auf der Jahreshauptversammlung am vergangenen Mittwoch zum neuen Ortsvorsitzenden gewählt. Er folgt auf Benedikt Brüning, der aus Erding wegziehen will, um in Frankfurt Politikwissenschaft und Japanologie zu studieren. Brüning war kaum ein Jahr im Amt: Er folgte im November 2015 auf den langjährigen Vorsitzenden Horst Schmidt, der aus gesundheitlichen Gründen sein Amt niederlegte.

Ein Sozialdemokrat,wie man ihn sich vorstellt

Dass Karl-Heinz Gallinn die Erdinger SPD in den kommenden Bundestagswahlkampf führen würde, war schon vor der Wahl klar: Er war der einzige Kandidat für den Posten. Inhaltlich überzeugen konnte Gallinn aber auch. Er ist, das ist unverkennbar, ein hemdsärmliger Typ - und ein Sozialdemokrat, wie man ihn sich vorstellt. Geboren im Ruhrgebiet in Bochum, machte er eine Ausbildung zum Koch ("französische Küche"). Auf dem zweiten Bildungsweg holte er das Abitur nach und studierte in Berlin und Cambridge Betriebs- und Volkswirtschaft sowie Informatik. In Berlin war er mehrere Jahre mit einer eigenen IT-Firma selbständig. 1998 zog er nach München, 2000 nach Erding. Bei seinem letzten Arbeitgeber war er im Betriebsrat aktiv, seit zwei Jahren ist Gallinn im Ruhestand.

Den Erdinger Genossen dürfe gefallen, dass Gallinn sein Leben lang parteipolitisch aktiv war. Anfang der 70er-Jahre wurde er Mitglied der SPD, wie er in seiner Bewerbungsrede sagte; zu einer Zeit sei das gewesen, als die Parteijugend harte Auseinandersetzungen mit der Führung austrug, die Gallinn aber als "sehr befruchtend" wahrnahm. Er war stets kommunalpolitisch aktiv, war Vorstand in einem Ortsverein, war stellvertretender Bundesdelegierter und engagierte sich in verschiedenen SPD-Arbeitskreisen. Vor allem Bildungsthemen lagen und liegen Gallinn am Herzen. Bildung und Ausbildung will der neue Ortsvorsitzende auch in Erding zu einem zentralen Thema machen.

Die Basis in Erding lehnt Ceta und TTIP ab

Aber nicht nur. Gallinn skizzierte am Mittwoch, welche weiteren Schwerpunkte er in den kommenden Monaten setzten will. Zum einen mit Blick auf die Bundespolitik: Schon jetzt, gut ein Jahr vor der Bundestagswahl, müsse man damit beginnen, "auf die Leute zuzugehen", wie Gallinn sagte. Interessant: Für ihn, das sagte Gallinn ganz offen, ist die Frage nach dem SPD-Kanzlerkandidaten noch nicht geklärt. Das hat vielleicht auch mit dem Vorgehen des SPD-Vorsitzenden Sigmar Gabriel bei den Handelsabkommen Ceta und TTIP zu tun, die die Basis - offenbar auch die Erdinger - ablehnt. Während der Versammlung haben sich mehrere Sprecher kritisch gegenüber dem Parteivorstandsvotum pro Ceta gezeigt.

"Wer soziale Gerechtigkeit will, der muss uns wählen", sagte Gallinn. Bundespolitisch sieht er offensichtlich keine Zukunft mehr in einer Großen Koalition: "Mit der CSU kann man keine soziale Politik machen." Themen wie Alters- und Kinderarmut will er diskutieren, zu Ceta und TTIP kündigte er Veranstaltungen an. Mit der AfD will er sich stärker argumentativ auseinandersetzten.

Neue Mitglieder sollen geworben werden

Auf kommunaler Ebene, findet Gallinn, habe die SPD "bisher gute Arbeit geleistet". Verkehrsthemen identifiziert er als wichtig: Den Ringschluss sowie eine mögliche Verkehrsberuhigung der Langen Zeile, für die sich die SPD ausspricht. Hier griff Gallinn das Rathaus an: "Es wäre schön, wenn die Stadtverwaltung aktiv werden würde und ein Verkehrskonzept erstellt." Und einen weiteren Dauerbrenner der Kommunalpolitik sprach Gallinn an: Den Parteiennachwuchs. Die Neumitgliederwerbung will er verstärken, will zum Beispiel Seminare anbieten. "Man muss sich kümmern", sagte er.

Beim übrigen Vorstand der Erdinger SPD gab es kaum Veränderungen. Stellvertreter bleiben wie gehabt Willi Scheib und Walfried Sessler. Auch einige Ehrungen gab es am Mittwoch, von denen zwei ganz besondere waren. Franz Burgholzer und Lothar Zellner sind nämlich beide schon seit 50 Jahren Mitglied der SPD.

© SZ vom 30.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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