Enrico Pallazzo:Stürmische Nächte mit Manfred

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Das Enrico Pallazzo ist noch ein Geheimtipp. In der kleinen Bar treffen sich lässige Münchner, die bisweilen bizzarre Drinks konsumieren und sich den Soundtrack für den Abend selbst zusammenstellen.

Beate Wild

Dieser Text ist leider veraltet, das Restaurant gibt es inzwischen nicht mehr.

Schummriges Licht, starke Drinks: das Enrico Pallazzo. (Foto: Beate Wild)

Mit dem Nachtleben ist es so eine Sache. Bars, Clubs und gar ganze Viertel, die gerade noch als hip galten und vom Jungvolk hochgejubelt werden, können schnell wieder out sein. Schneller, als man Schnaps sagen kann. Und da dieses Schicksal gerade das Glockenbachviertel ereilt, mutet es fast wie ein kleines Wunder an, das sich am Rande des niedergefeierten Party-Kiezes eine neue, völlig entspannte Ausgehkultur entwickelt.

In der Kapuzinerstraße 39 unweit des Baldeplatzes, also genau an der Grenze vom Glockenbachviertel zum Dreimühlenviertel, gibt es seit einigen Wochen das Enrico Pallazzo. Es liegt gleich neben der alteingesessenen Hongkong-Bar und ums Eck der beliebten Alternativ-Kneipe Rennsalon. Auch die Südstadt ist nicht weit. Wem der Name Enrico Pallazzo nun irgendwie bekannt vorkommt, dem sei gesagt, dass eine Figur im Film "Die nackte Kanone" so heißt. Es war der Opernsänger.

Wer unter einem Lokal, das Enrico Pallazzo heißt, eine Schuhbeck-ähnliche, auf Varieté getrimmte Lackaffen-Bar erwartet, irrt jedoch gewaltig. Genau das Gegenteil ist der Fall. Bis vor kurzem hieß die kleine Kneipe noch Weißbierstadl - an diese Zeiten erinnert heute nicht mehr viel. Das Enrico wurde getüncht, gestrichen, umgebaut und ein bisschen lässiger getrimmt. Gerade so viel, dass es nicht mehr aussieht wie eine verlotterte Eck-Boazn.

Das Einrichtungs-Highlight ist die alte Jukebox, an der die Gäste sich immer mittwochs mit Gassenhauern von David Hasselhoff, Falco, AC/DC oder Giorgio Moroder den Soundtrack für den Abend selbst kreieren können. Samstags legt auch ein DJ Indie- oder Elektrosound auf. Gerne stehen hier auch Manuel da Coll, der Schlagzeuger von La Brass Banda, oder Kitt Bang von der Zombocombo an den Plattentellern.

Gerade freitags und samstags platzt die Bar aus allen Nähten. Das Publikum kennt man aus anderen einschlägigen Läden im Glockenbachviertel - nur dass es weitergezogen ist, weil die alten Ausgeh-Spots mit der Zeit fad werden.

Und so feiern hier gutgelaunte Mittdreißiger mit Erasmus-Studentinnen, in der Ecke knutscht ein Liebespaar, am Tresen flirten zwei Jungs mit der hübschen Barkeeperin und neben der Jukebox fangen gerade ein paar Mädels ausgelassen an zu tanzen. Die Stimmung ist gut, die Leute locker. Viele kennen sich untereinander. Es ist fast so, als hätte man seine besten Freunde zu einer Hausparty eingeladen.

Die meisten Gäste bestellen Bier (besonders zu empfehlen das Lammsbräu Bio-Pils), einen der üblichen Longdrinks (Gin Tonic oder Cuba libre) oder einen "Manfred" - so wird der sonst als "Hugo" bekannte Drink (Prosecco mit Holundersirup und Minze) im Enrico bezeichnet. Aber auch ausgefallene Cocktails (wie etwa der "Sloe Gin Fizz" mit Schlehen-Gin - sehr köstlich) sowie die in München mittlerweile obligatorischen Stamperl "Liquide Cocaine" (Wodka mit kaltem Espresso) werden hier gerne getrunken.

Wer wegen des üppigen Alkoholkonsums ausreichend Elektrolythe braucht beziehungsweise eine anständige Grundlage zu sich nehmen will, kann aus drei verschiedenen Sandwich-Typen seinen Favoriten auswählen: Schefre (mit Ziegenkäse und Mirabellen-Erdnuss-Creme), Ju Win (mit Ofenkürbis-Zucchini-Gemüse und Tofu in Hoi Sin Sauce) oder Mofa (mit Chorizo, Käse und Tomaten-Oliven-Pesto). Die Sandwiches sind richtig gut, groß und bezahlbar (5,90 Euro).

Und wer dann Samstagnacht aus dem Enrico stolpert und partout noch nicht nach Hause will, kann noch weiterziehen in den neuen Club Charlie, der unter dem gleichnamigen Restaurant in der Schyrenstraße beheimatet ist. Man braucht dazu einfach nur die Wittelsbacherbrücke überqueren. Darauf einen Manfred!

Enrico Pallazzo, Kapuzinerstr. 39a, 80469 München

www.enricopallazzo.de

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