Elektromobilität:Mit trägem Tempo an die Spitze

Lesezeit: 3 min

München liegt im Vergleich mit anderen Städten bei der Einführung von E-Autos vorne. In absoluten Zahlen sieht die Bilanz aber bescheiden aus

Von Marco Völklein, München

Wie gut kommt das Förderprogramm des Bundes zur Elektromobilität an? Seit Juli können sich Käufer eines batterie-getriebenen E-Autos die Anschaffung mit 4000 Euro bezuschussen lassen, Käufer eines Plug-in-Hybrid-Fahrzeugs erhalten 3000 Euro. In München haben nach Auskunft des zuständigen Bundesamts für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (Bafa) bislang 92 Autokäufer den Zuschuss beantragt, in den umliegenden Landkreisen waren es insgesamt 127. Besonders begeistert vom E-Antrieb zeigten sich dabei die Bewohner der Landkreise München (33 Anträge) sowie Freising (22 Anträge).

Auch im Vergleich mit anderen Großstädten steht München gut da. Laut Bafa wurden in Hamburg bislang 64 Förderanträge gestellt, in Berlin waren es 62. In Köln wollten sich bislang 37 E-Auto-Fans den Zuschuss sichern, in Leipzig waren es 13. Für die Münchner Umweltreferentin Stephanie Jacobs ist auch angesichts dieser Zahlen klar: "München nimmt bei der Elektromobilität eine Vorreiterrolle in Deutschland ein." Die Opposition im Rathaus sieht das indes ganz anders: Zwar trage die rot-schwarze Stadtregierung die E-Auto-Förderung stets vor sich her, sagt Grünen-Stadtrat Dominik Krause, vor allem wenn es darum gehe, bei der Luftreinhaltung massive Beschränkungen des Autoverkehrs abzuwehren. "Tatsächlich aber geht überhaupt nichts voran", findet Krause.

Das Ziel der Bundesregierung war es, bis zum Jahr 2020 die Zahl der E-Autos bundesweit auf eine Million zu steigern, aktuell sind bundesweit etwas mehr als 25 000 zugelassen. Bricht man den Zielwert der Bundesregierung auf die Landeshauptstadt herunter, so müssten in München bis zum Jahr 2020 etwa 17 500 Stromer unterwegs sein. Aktuell sind laut Kreisverwaltungsreferat 1950 zugelassen. Und das, obwohl die Stadt im April ein eigenes Förderprogramm aufgelegt hatte. Allein 22 Millionen Euro hatte der Stadtrat zur Verfügung gestellt, um die Münchner mit Zuschüssen von bis zu 5500 Euro zum Kauf von E-Autos, E-Rollern, Pedelecs sowie Lastenfahrrädern mit Elektrounterstützung zu animieren. Anders als das Programm des Bundes richtete sich das der Stadt aber nur an Gewerbetreibende und Freiberufler. Privatleute erhielten und erhalten keinen Zuschuss von der Stadt.

Als dann der Bund im Juli mit seinem eigenen Programm nachzog, stellte die Stadt ihre Zuschüsse für E-Autos ohnehin komplett ein. Denn der Stadtrat hatte schon zuvor festgelegt, dass eine Doppelförderung ausgeschlossen wird. Seither gibt es Fördergeld der Stadt nur noch für Pedelecs, E-Roller, E-Lastenfahrräder sowie vierrädrige Kleinfahrzeuge der EU-Zulassungsklasse L7e, die vom Bund nicht bezuschusst werden - darunter fallen zum Beispiel Fahrzeuge wie der Renault Twizzy oder das Aixam e Coupe. Laut Umweltreferentin Jacobs wurden aus dem städtischen Fördertopf seit April 161 E-Autos sowie 208 Pedelecs, E-Roller und Lastenräder mit Elektrounterstützung gefördert. Von den bereitgestellten 22 Millionen Euro wurden laut Jacobs erst 1,1 Millionen Euro abgerufen. Der Rest liegt rum.

Die Frage ist nun: Was passiert mit dem Geld? Grünen-Politiker Dominik Krause fordert, die Mittel rasch umzuschichten, zum Beispiel in den Ausbau einer öffentlich zugänglichen Ladeinfrastruktur. Andere Städte wie Berlin seien da bereits wesentlich weiter, sagt Krause. Auf einen entsprechenden Antrag seiner Fraktion aus der Zeit vor der Sommerpause habe er kürzlich die Antwort erhalten, dass die Sache im Frühjahr 2017 behandelt werde.

Umweltreferentin Jacobs lässt nach eigener Aussage ihre Leute derzeit an einer weiteren Stadtratsvorlage arbeiten, die bis zum Jahresende vorliegen soll. Denkbar wäre, das Geld in zusätzliche Ladesäulen zu stecken, sagt sie. Oder es dazu zu nutzen, "eine komplette Linie mit E-Bussen voranzubringen", sagt sie. In Göteborg etwa gebe es eine solche Linie schon. "Zudem sollten wir Anreize schaffen, den Taxiverkehr auf E-Fahrzeuge umzustellen", sagt Jacobs. Daran hatte sich aber bereits ihr Amtsvorgänger Joachim Lorenz (Grüne) bei der Erarbeitung des Förderprogramms versucht. Er hatte stark auf die Taxibranche gesetzt und gehofft, dass die finanziellen Anreize die Unternehmer zum Umstieg bewegen. Bislang aber gibt es nicht einmal ein halbes Dutzend vollelektrisch angetriebene Taxis in München. Vielen Taxlern reichen die Reichweiten der angebotenen Fahrzeuge nicht aus; andere Taxi-Unternehmen verweisen auf die mitunter langen Ladezeiten, die einen Mehrschichtbetrieb und damit einen profitablen Betrieb erschweren.

Genau an diesem Punkt würde Grünen-Stadtrat Krause ansetzen. Ursprünglich war einmal geplant, dass Planer der Stadt zusammen mit Vertretern der Wirtschaft, also auch des Taxi-Gewerbes, in einer "E-Allianz" gemeinsam an Strategien zur Elektromobilität arbeiteten. In diesem Arbeitskreis hätte man auch ausloten können, ob Taxler verstärkt gefördert werden müssen. "Doch von der E-Allianz hat man bis heute nichts mehr gehört", sagt Krause.

© SZ vom 14.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: