Zwist um Neubaugebiet:Brief an den Chef

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Die Frage, ob dieses Stück Acker in Baldham-Dorf bebaut werden darf, beschäftigt inzwischen sogar den Innenminister. (Foto: Christian Endt)

Vaterstettens FBU-Gemeinderat Manfred Schmidt hat eine neue Beschwerde gegen ein Baugebiet in Baldham eingereicht - beim Innenminister

Von Wieland Bögel, Vaterstetten

Beschwernis und Beschwerde sind nicht nur etymologisch Geschwister, auch im richtigen Leben treten sie gelegentlich zusammen auf. Etwa im Fall einer Ausweisung von zwei Neubaugebieten in Baldham-Dorf. Diese gestaltete sich einigermaßen beschwerlich, nicht zuletzt wegen zahlreicher Beschwerden, die FBU/AfD-Gemeinderat Manfred Schmidt gegen das Vorhaben eingereicht hatte. Mit seiner neuesten Beschwerde hat sich Schmidt nun direkt an Innenminister Joachim Herrmann (CSU) gewandt. Der Vorwurf: Zwei von dessen Beamten hätten seine vorangegangene Beschwerde nicht ausreichend gewürdigt.

Vier Jahre für vier Häuser, so lässt sich die Entstehung eines Bebauungsplans in Baldham-Dorf zusammenfassen. Von 2011 bis 2015 stand die Überplanung des Grundstücks an der Bahnhofstraße immer wieder auf der Tagesordnung der Gremien. Besonders Schmidt hatte sich stets gegen die Ausweisung von Bauland in Baldham-Dorf ausgesprochen - er kritisierte ebenfalls ein weiteres kleines Vorhaben im Norden des Ortes -, besonders vehement stemmte er sich aber gegen die Bebauung westlich der Bahnhofstraße.

Offiziell aus Gründen der Stadtplanung und des Landschaftsschutzes. So kritisiert er den hohen Flächenverbrauch, den Eingriff in einen Grünzug und die fehlende Erforderlichkeit des Baugebietes, da es genug Flächen innerorts gebe. Inoffiziell konnte man in den Debatten allerdings den Eindruck einer persönlichen Vendetta gewinnen. Denn mit der Baulandausweisung würde ein bisher nicht genehmigtes, aber offiziell auf unbestimmte Zeit geduldetes Gewerbeobjekt legalisiert. Diesen Fakt hatte Schmidt wiederholt nicht nur als "Schwarzbauvergoldung" angeprangert, sondern, da der Grundstücksbesitzer ein CSU-Gemeinderat ist, auch mehrmals unterstellt, es handele sich um eine reine Gefälligkeit der Gemeinderatsmehrheit gegenüber einem Parteifreund. Ein solcher war auch Schmidt einmal, in den 1990ern überwarf er sich allerdings mit der CSU und gründete die Freie Bürger Union (FBU). Sich mit der CSU demonstrativ nicht zu verstehen, ist seitdem gewissermaßen ein Markenzeichen Schmidts. Genau wie seine Aufsichtsbeschwerden. Wird Schmidt in einem Ausschuss oder im Gemeinderat überstimmt - was aufgrund seiner Reaktanz sehr häufig vorkommt - folgt zuverlässig eine Beschwerde bei der zuständigen Aufsichtsbehörde. Gelegentlich mit Erfolg, so musste die Gemeinde im vorigen Jahr eine Baugenehmigung nach einer Beschwerde Schmidts an die Regierung von Oberbayern wieder zurückziehen - gebaut werden darf auf dem Grundstück trotzdem, das Gremium hob einfach den Bebauungsplan auf. Sehr oft ist ein solcher Umweg gar nicht nötig, die meisten Beschwerden Schmidts werden abgewiesen. Was diesen aber nicht daran hindert, sich einfach bei der nächsthöheren Stelle zu beschweren.

So auch im aktuellen Fall. Hier hatte sich Schmidt zunächst beim Landratsamt über die Gemeinde beschwert. Anschließend bei der Regierung von Oberbayern über das Landratsamt und schließlich beim Innenministerium über die Regierung von Oberbayern. Stets ging es um die Bauleitplanung für Baldham-Dorf und jedes Mal wurde die Beschwerde umfangreicher. Denn Schmidt ist überzeugt, die jeweils ablehnende Stelle habe seine Beschwerde nicht sorgfältig genug geprüft.

In der Aufsichtsbeschwerde gegen die beiden Beamten des Innenministeriums beklagt Schmidt, es dränge sich "der Eindruck mangelnder Prüfungstiefe" auf. Als Beleg führt Schmidt die "Ketten-Übernahme der gemeindlichen Argumente" an. So habe etwa das Innenministerium in Bezug auf Baldham-Dorf wie die Gemeinde von einem "Ortsteil" geschrieben. Dies sei aber ein laienhafter Begriff, der allenfalls "von Journalisten mit einer soliden Halb-Bildung" genutzt werde, im Innenministerium müsse man dagegen wissen, dass es juristisch korrekt "Gemeindeteil" heiße. Diese "kritiklose Übernahme dieses von der Gemeinde verwendeten Laienbegriffes durch Ihre beiden Beamten", schreibt Schmidt nun an Herrmann, seien "vielleicht schon ein bisschen symptomatisch zu sehen für die Bearbeitung meiner Beschwerde".

© SZ vom 13.08.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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