Zorneding:Zickige Hühner und saure Verkaufsschlager

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Renate Pfluger (Mitte) hat schon immer von einem Hofladen geträumt. Mit Hilfe von Tochter Franziska (links) hat es 2015 endlich geklappt. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Die Zornedinger SPD unternimmt eine Tour durch die örtlichen Hofläden

Von Viktoria Spinrad, Zorneding

Fast wie ein Künstleratelier wirkt der helle Raum, in dem aber keine Kunstwerke, sondern kulinarische Köstlichkeiten über die Ladentisch gehen sollen. Hinter dem Holztisch, umrahmt von einer bunten Obst- und Gemüseauslage, hausgemachten Sirups, Honig und Gurken, stehen Renate Pfluger und ihre Tochter Franziska in krautgrünen Schürzen. Die Farbwahl ist wohl kein Zufall. "Krautköpfe & mehr" prangt über dem Eingang zum Hofladen an der Wasserburger Landstraße. Er ist einer von dreien in Zorneding - und der erste Halt der vom SPD-Ortsverein organisierten Hofladentour.

"Einen eigenen Hofladen hatten wir schon immer als Traum gehabt", beginnt Renate Pfluger, 56, zu erzählen. Mit ihrer Familie bewirtschaftet sie 60 Hektar Land. "Schon immer" hatte die Familie ihr Kraut und Kartoffeln aus der Garage heraus verkauft - bis 2015. Da gelang der Sprung vom Traum zum eigenen Laden mit einem Konzept von Tochter Franziska, 24. "Entwicklung eines Hofmarkts" hieß das Thema ihrer Facharbeit passenderweise, die sie für ihren Abschluss zur Hauswirtschaftsmeisterin ausarbeitete. Das Ergebnis: ein buntes Angebot aus verschiedenen Krautsorten, Kartoffeln, selbstgemachten Marmeladen mit Früchten aus eigenem Anbau sowie Müslis, Honig, Gurken und Käse aus der Region. Der Verkaufsschlager? "Unser selbstgemachtes Sauerkraut", sagt Pfluger . Zur Verköstigung bietet sie allerdings selbstgemachten Johannisbeersirup an.

Kreativ ist auch Familie Glonner geworden, die nur wenige Fußminuten weiter ihren Bauernhof am Moosacher Weg betreibt. Die Familie hat im März den ersten mobilen Hühnerstall im Ort in Betrieb genommen: einen UV-geschützten Eierautomaten gleich am Hofeingang, zwei weitere stehen in Wolfesing und Vaterstetten. "Wir sind am Limit", erzählt Hans Glonner im Hof, die mittlerweile 900 Hühner bereiten dem Betrieb viel Arbeit. "Wir produzieren 850 Eier am Tag", erzählt er, das sind fast 6000 Eier in der Woche. "Wie ein Zickenhaufen" seien die Tiere, erzählt seine Frau Monika schmunzelnd. Zum Glücke bringe ihre 83-jährige Mutter aber viel fundiertes Hühnerwissen ein, um die Schar in Schach zu halten.

Fleißig sind die Hennen, aber auch wetterfühlig: Als Glonner zu der Freilandanlage mit mobilem Stall führt, kommt ein Platzregen auf, manche der Tiere sprinten ins Trockene. Etwa eineinhalb Jahre lang legen die Hennen ihre Eier, "danach werden sie Suppenhühner", erzählt Glonner. Er demonstriert die selbst hergestellten Futtermittel, das Band, von dem die Eier eingeholt werden, die Maschine, die die vielen Eier im Sekundentakt nach Größen sortiert. Kleine Eier werden als Nudeleier verwendet, "der Rest ist vermarktbar", sagt Glonner. Auch er betont, wie wichtig Produktion im eigenen Landkreis ist. "Und die Kaufkraft ist da", sagt er. Bei den drei Eierautomaten, die laut Glonner "so viel wie ein Kleinwagen" kosten, möchte er es aber nicht belassen: Er hofft auf einen Einstieg bei einem inhabergeführten Supermarkt in Haar, "vielleicht schon zum Ende nächster Woche".

Franz Lenz, im Karohemd, wischt sich auf seinem allwöchentlichen Markt an der Münchner Straße über die Stirn. Das heiße, schwüle Wetter bekommt nicht nur ihm, sondern auch seiner Ernte auf dem Biohof gar nicht gut. "Die Tiere auf der Weide haben kein Gras zu fressen", beklagt Lenz. Baumverästelungen, die bis zur Decke reichen, verleihen auch seinem Verkaufsraum etwas Künstlerisches Es riecht hier zwar nach frischem Brot, aber die Getreideernte habe gelitten, sagt er. Der Betreiber des einzigen Biohofes in Zorneding gibt sich kämpferisch, immerhin hat er eine "20-jährige Lernphase" ohne Tierbetrieb hinter sich. Heute steht eine Rinderherde am südlichen Ortseingang; sie ist Teil eines geschlossenen Kreislaufsystems, in dem Kuhfladen zu Dünger werden, Kleegras zu Winterfutter und Schweinespeck zu Fett für die Rinderwürste. Alle vier Wochen wird ein Rind geschlachtet, Kunden können ihr Fleisch im Voraus online bestellen.

Am liebsten würde er die Tiere gleich auf den Weiten der zehn Hektar großen Weiden in den Rinderhimmel schicken lassen. "Aber dann steht mir wieder die Öffentlichkeit auf dem Hof", befürchtet er. Neben Bio-Rindfleisch finden sich in seinem Markt, vor dessen Theke er geplaudert hat, Holzofenbrot und Biokäse aus der Region. Trotz Trockenheit gibt er sich beim Gedanken an den Trend zur Produktion im eigenen Ort wie in Zorneding zufrieden: "Uns geht's hier dermaßen gut", sagt er.

© SZ vom 10.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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