Zorneding:Tanz der Klöppel

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Das Benefizkonzert des Münchner Percussion Ensembles in Zorneding gleicht einer Entdeckungsreise in ein neues Klang-Universum. Die jungen Musiker glänzen mit artistischem Können

Von Rita Baedeker, Zorneding

In jeder Hand einen Schlägel, den Kopf angriffslustig nach vorne gereckt, der Gesichtsausdruck finster: Keine Frage, Yuyuan Ji und Shutong Wang, sie ganz in Rot, er in Schwarz, sind von Kopf bis Fuß auf Kampf eingestellt.

In ihrem Trommel-Duell, das sie zu Beginn des Benefizkonzerts des Münchner Percussion Ensembles unter Leitung von Adel Shalaby im Zornedinger Martinstadl austragen, kämpft, so der Titel des Stücks, Bulle gegen Tiger, zwei Kraftpakete, ebenso reizbar wie unnachgiebig. Als Shutong Wang seine gespreizten Finger auf die Trommel legt und das Schleichen einer Großkatze imitiert, wird klar, wer Tiger ist und wer Bulle. Mal trumpft der eine auf, mal der andere. Mal weichen sie einander aus, mal bewegen sie sich aufeinander zu. Schon nach den ersten Schlägen ist klar: Was das Publikum an diesem Abend im voll besetzten Saal zu hören bekommt, ist ein Musizieren mit vollem Körpereinsatz inmitten einer Batterie von Instrumenten, darunter Drum-Sets, Trommeln, Tamburine, Vibrafon, Marimba, dazu Saxofon, Geigen, Bass und Klavier. Wobei das Wort Musizieren die Sache nicht ganz trifft. Die jungen Schlagwerker aus sieben Nationen, alles Studierende an der Musikhochschule München, agieren auch als Schauspieler, Tänzer und Akrobaten. Sie gehen auf Gastspielreise nach Kairo und im Oman, das Konzert in Zorneding ist eine Premiere. Zu Gunsten der Partnerprojekte Zornedings "Mbayan" und "Makoga" verzichten sie auf ihre Gage. Bianka Poschenrieder, SPD, zweite Bürgermeisterin und Schirmherrin des Abends, stellt Adel Shalaby als "Schatz" vor, den man in Zorneding erst vor einem Jahr entdeckt habe.

Artistik auf der Marimba: Schlagwerker Cristina Lehaci und Moritz Knapp entfesseln einen atemraubenden Klangzauber. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Auf Entdeckungsreise in ein gewaltiges Klang-Universum mit Musik aus West, Ost und Fernost darf auch das Publikum gehen. Eine Romanze von Schumann, arrangiert für Sopransaxofon und Klavier und hinreißend gespielt von Jure Knez und Boris Knezevic, gehört ebenso zum Repertoire des Abends wie die für Marimba geschriebene Fantasie "Octabones" des 40 Jahre jungen, in Israel geborenen Komponisten Adi Morag. Cristina Lehaci aus Rumänien und Moritz Knapp entfesseln mit jeweils zwei Klöppeln in jeder Hand wahre Klangkaskaden - mal ist der Dialog Raserei, mal klangselige Weise. Zuweilen erinnert der warme Ton der Holzstäbe an ein Glockenspiel. Zart und lyrisch auch das von Yuyuan Ji auf dem Vibrafon gespielte "Suomineito" des deutsch-serbischen Komponisten Nebojša Jovan Živković. Immer wieder atemraubend ist der Kontrast- und Farbenreichtum, welchen die Musiker ihren Instrumenten entlocken. Das An- und Abschwellen der Trommelschläge reicht akustisch vom Mäusegetrappel bis zum Schlagbohrer. Hochgeschwindigkeit erreicht das Drum-Duo Yuyuan Ji und Cristina Lehaci mit "Gyro" von Tomer Yariv, mal synchron, mal im Wechsel, und mit furiosem Finale.

Yuyuan Ji (links) und Shutong Wang aus China, Mitglieder des Munich Percussion Ensembles, zeigen sich schlagkräftig und entschlossen. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Das Programm des Abends wäre aber nicht vollständig, würde der Beitrag Ägyptens fehlen. Adel Shalaby, in Kairo geboren und aufgewachsen und seit 15 Jahren in Zorneding lebender Musiker und Professor an der Musikhochschule, dirigiert drei Werke des bekannten ägyptischen Filmkomponisten Omar Khairat. In seinen Werken verbindet der 68-jährige Komponist Jazz, arabische Volksmusik und westliche Klassik. In Zorneding kommt unter anderem seine Musik zu "Fatma" zur Aufführung. Bei diesem Stück spielt der junge Geiger Ahmed Mounib aus Kairo die "Rababa", Shalaby bezeichnet sie als "pharaonische Geige". Treibende Rhythmen, kleinste Tonschritte und das wiederkehrende kreisförmige Umspielen eines Motivs machen den Reiz arabischer Musik aus, zu der man spontan tanzen möchte. Ein Ausflug in die Welt des Tango von Astor Piazzolla mit Jure Knez als herausragendem Solist und Khairats chaotische und pulsierende "Ägyptische Ouverture" bilden das Finale eines Konzerts, das vom ersten bis zum letzten Trommelwirbel unvergesslich bleiben wird. Was nun den Ausgangs des Fights zwischen Bulle und Tiger angeht: Als musikalische Kraftpakete sind sie gleich stark und eindrucksvoll. Da gibt es nur eines: Krachenden Applaus!

Am Mittwoch und Donnerstag, 17. und 18. Februar, führen das Münchner Streicher- und Percussion-Orchester und der Madrigalchor München unter Leitung von Adel Shalaby in der Münchner Musikhochschule die "Carmina burana" von Orff auf. Beginn ist jeweils um 19 Uhr.

© SZ vom 03.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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