Percussion Ensemble:Eine Brücke zwischen den Kulturen

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Adel Shalabys Musikerkarriere begann mit einer Kindertrommel. (Foto: Christian Endt)

Adel Shalaby und das Percussion Ensemble beschwören die emotionale Kraft der Musik. Im Zornedinger Martinstadl spielen sie ein Benefizkonzert mit Werken aus Orient und Okzident.

Von Rita Baedeker, Zorneding

Adel Shalaby ist vier Jahre alt, als er sich unsterblich in die Trommel eines Nachbarjungen verliebt. "Ich wollte unbedingt auch so eine Trommel haben, aber mein Vater war strikt dagegen. Er fand, Musiker zu werden, sei kein akzeptabler Beruf", erzählt Shalaby. Lieber habe der Vater ihn als künftigen Architekten sehen wollen, wie er selber einer war. "Aber jeder Mensch hat eine eigene Seele, die es zu entdecken gilt." Es gebe Fußballerseelen, aber eben auch Musikerseelen, so wie bei ihm. "Wir waren zu Hause sieben Kinder, von denen bin ich in meinem Beruf heute der glücklichste", sagt Shalaby mit zufriedenem Lächeln.

Von der ruhigen und zufriedenen Ausstrahlung des Musikers kann man sich am Sonntag, 31. Januar, im Zornedinger Martinstadl überzeugen. Dort gastiert Shalaby mit seinem Münchner Percussion Ensem ble unter dem Titel "Zwischen Orient und Okzident" zugunsten der Zornedinger Partnerprojekte Makoga in Tansania und Mbayan in Kamerun. Schirmherrin ist Zornedings zweite Bürgermeisterin Bianka Poschenrieder. Veranstalterin des Konzerts ist die Gemeinde. "Normalerweise spielen wir selten außerhalb von München", sagt Shalaby, der seit 14 Jahren in Zorneding wohnt. "Es ist immer kompliziert, die schweren Schlaginstrumente zu transportieren." Doch durch den Kontakt zu einem Bekannten im Tischtennisverein der Gemeinde, in dem Shalaby aktiv ist, habe sich das mit dem Benefizkonzert ergeben.

Gegen den Wunsch des Vaters studiert er Musik

Eine "Darabouka", eine orientalische Trommel ähnlich derjenigen, die ihm zum Schicksal werden sollte, steht in dem in hellen Farben gehaltenen Wohnzimmer der Familie. Adel Shalaby nimmt das Instrument vorsichtig in die Hand und schlägt mit den Fingerspitzen ein paar Takte. Damals, so erzählt er, waren diese Trommeln mit Fischhaut bespannt, das Gehäuse mit mosaikartigen Einlegearbeiten aus Perlmutt verziert. Das jetzige Modell ist aus Holz und Elfenbein gearbeitet.

Den Einwänden des Vaters zum Trotz studiert Shalaby nach dem Abitur Musik. Am Konservatorium in Kairo erhält er sein erstes Diplom mit Auszeichnung. Bald gibt er zahlreiche Konzerte, auch in Europa. 1979 kommt er zusammen mit der Delegation des ehemaligen ägyptischen Staatspräsidenten Anwar el-Sadat zum ersten Mal nach Deutschland. 1981 gewinnt er den internationalen Perkussion-Wettbewerb in Barcelona. Inzwischen lehrt er dieses Fach als Professor an der Musikhochschule München.

1988, nach seiner Berufung, gründet er das Münchner Percussion Ensemble. Adel Shalaby feiert aber auch international Erfolge. Seit 1990 hat er mehr als 300 Konzerte veranstaltet, auch Opern-, Ballett- und Kammermusik-Aufführungen. 2008 dirigiert er das Eröffnungskonzert zum 850. Münchner Stadtgeburtstag im Gasteig. Gastspielreisen führen nach Budapest, Verona, Bordeaux, Athen, Muscat und immer wieder Kairo. Häufig bringt er Musikstudenten und Orchestermusiker beider Länder bei seinen Konzerten zusammen. Zur Feier der ägyptischen Revolution dirigiert er das erste Gastspiel eines ausländischen Ensembles im Opernhaus Kairo nach den Aufständen.

Ein Ensemble mit acht Nationalitäten

In den ersten Jahren an der Hochschule, so Shalaby, sei ihm zunächst überhaupt nicht in den Sinn gekommen, ein interkulturelles Projekt zu gründen. "Ich wusste früher nicht, welch entscheidende Rolle die Kultur im Miteinander der Völker spielt", sagt der Professor. Weil aber die Perkussion-Szene sehr international sei, habe sich das so ergeben. In seinem Ensemble etwa spielen immer Musiker aus etwa acht verschiedenen Nationen mit. Da lag es nahe, eine nicht nur musikalische, sondern auch emotionale Brücke zwischen Abend- und Morgenland zu schlagen.

Damit der Brückenbau glückt, schafft Shalaby Lern-Situationen, in denen die Leute ihre Emotionen leben können, wie er sagt. "Ich lasse meine Schüler singen, sie trainieren das Sprechen, sie tanzen, schauspielern, sie wecken ihre innere Energie und öffnen sich für die Arbeit mit mir", sagt Shalaby. Die Chancen des kulturellen Austauschs zu erkennen und zu fördern, das ist heute ein wichtiges Anliegen des Musikers. Er und sein Orchester symbolisieren einen Dialog, ein die Kulturen übergreifendes, menschliches Miteinander, ohne die eigene Identität auszublenden.

Es geht um die Aussage der Musik

Dieses Anliegen spiegelt sich auch im musikalischen Repertoire. Dieses reicht von Werken von Johann Sebastian Bach, Omar Kheirat, Minoru Miki und Adi Morag bis zu Astor Piazolla, Emmanuel Séjourné und Tomer Yariv, um einige zu nennen. Für das Ensemble, das vor einiger Zeit um eine Streichergruppe erweitert wurde, lässt Shalaby die Musik eigens schreiben oder arrangieren. "Wenn Menschen Musik aus verschiedenen Kulturen spielen, werden sie aufgeschlossener", ist er überzeugt. Außerdem gebe es in der Musik gleich welcher Klangsprache immer eine Gemeinsamkeit: die Aussage! "Musik hat immer eine Aussage. Wenn man die verstanden hat, wird man lockerer. Wir beweisen mit unserer Musik eins: Dass wir miteinander etwas schaffen können. Wenn das alle täten, wäre die Welt besser!"

Bei aller Leidenschaft für die vielen Schlaginstrumente dieser Welt hat sich im Laufe der Jahre in Adel Shalabys Musikerseele aber doch etwas verändert. "Sollte ich wiedergeboren werden", sagt er leise, "dann lerne ich Klavier".

Am Sonntag, 31. Januar, 19 Uhr, spielen Adel Shalaby und sein Munich Percussion Ensemble im Zornedinger Martinstadl ein Benefizkonzert unter dem Titel "Zwischen Orient und Okzident" zugunsten der Partnerprojekte Makoga und Mbayan. Karten für 22, ermäßigt 18 Euro, gibt es bei Steffis Schreibwaren Zorneding, Telefon (08106) 21 98 83, AP Buch Baldham, Neue-Post-Straße 13, Telefon (08106) 36 94 14, Bücherstube Slawik Grafing, Jahnstraße 5a, Telefon (08092) 10 15, Buch Otter Marienplatz 13 Ebersberg, Telefon (08092) 86 02 05 sowie an der Abendkasse. Einlass ist um 18 Uhr. Am 17. und 18. Februar führt Adel Shalaby in der Musikhochschule München Carl Orffs "Carmina burana" auf. Damit geht er anschließend auf Konzertreisen in den Oman und nach Ägypten.

© SZ vom 28.01.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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