Zorneding:Dolce vita in der kleinen Bar

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Improvisierter "Urlaubsgroove": Raffaele Eliseo Quarta und seine Band spielen in der Café-Bar Herzog in Zorneding. (Foto: Christian Endt)

Raffaele Eliseo Quarta und seine Band "Popa Raff" in der Café-Bar Herzog in Zorneding

Von Peter Kees, Zorneding

Der Ort meiner Kindheit hieß Gatteo de Mare. Im Grunde war dieser Urlaubsort austauschbar mit vielen anderen italienischen Urlaubsorten der deutschen Wohlstandsgeneration der Siebziger und Achtziger entlang der nördlichen Adria. Während man sich tagsüber am Teutonengrill sonnte, Meerwasser und Strand genoss, saß man abends bei italienischer Küche im Hotel und speiste Pasta mit viel Parmesan. Anschließend gab es Livemusik - so sah es aus, das Dolce Vita sehnsüchtiger Nordeuropäer für 14 Urlaubstage.

Ein wenig von dieser Atmosphäre verbreitet auch der Auftritt des Musikers Raffaele Eliseo Quarta und seiner Band vergangenen Samstag in der Café-Bar Herzog in Zorneding. Der Abend beginnt mit dem musikalischer Kopf der Gruppe. Raffaele Eliseo Quarta nimmt eine Elektro-Mandoline zur Hand und spielt italienische Melodien, wobei allerdings Bass, Schlagzeug und manchmal sogar Gesang vom Band kommen. Eine Tarantella, ein Walzer, sogar brasilianische Klänge und eine Polka gibt der vollbärtige Musiker zum Besten und versucht dabei, launig sein Publikum zu animieren.

Das sei aber nur die Vorspeise seines als "Urlaubsgroove" bezeichneten Programms, sagt er nach guten 20 Minuten; hinzu kommen der Drummer Lukas Pollmann und der Bassist Jörg Borchardt. Jetzt legt man also erst richtig los. Mit einer Jam-Session eröffnet die Band Popa Raff ihr Hauptprogramm. Noch wirken die Musiker ein wenig harmlos, zurückhaltend, fast als seien sie gerade mal eben so zusammengewürfelt; kurzum es fehlt ein mitreißender Groove. Raffaele Eliseo Quarta sagt die Soli der einzelnen Musiker an, die dann eher verhalten und fast unauffällig vorüberziehen. Schließlich animiert er sein Publikum zum Mitklatschen, es soll Stimmung aufkommen, doch so richtig groovt es nicht. Es folgen Eigenkompositionen des Bandleaders, ein Titel, der die Leidenschaft zur Musik thematisiert, ein Blues, den Quarta, wie er erzählt, mit autobiografischem Hintergrund komponiert hat, weil er sich in Freunden getäuscht hatte, ein Swing, der an Django Reinhardt erinnert, eine Komposition, die er schrieb, als seine Frau schwanger war, und er deshalb zwei Seelen in ihren Augen gesehen habe.

Leider klingen seine Gitarre und auch seine Stimme über die Tonanlage ein wenig dumpf. Es scheppert, der Sound wirkt hölzern. Das ist nach der Pause anders. Im ersten Titel "Sangue Zingaro", der durchaus an Paolo Conte erinnert, singt Quarta davon, dass man auf der Welt im Grunde kein Zuhause habe, und wir alle in Wirklichkeit Zigeuner seien. Auch weiterhin wird das Publikum zum Mitsingen animiert, etwa in einem Lied mit spanischer Gitarre, die Quarta übrigens wunderbar zu spielen vermag. Ein griechisches Liebeslied folgt, ein Song über Schokolade - und jetzt, es ist noch nicht einmal 22 Uhr - wolle man leiser singen, sonst käme das Ordnungsamt. Dennoch geben Quarta und seine Band noch so einiges von sich. "Piri, piri", ein Lied über den Zustand bei hohem Fieber, dann ein Song, der dem schönsten aller Wesen, den Frauen, gewidmet ist, ein Lied über Minnesänger - erneut zum Mitsingen, sowie eine Hommage an Quartas musikalischen Vater Pino Daniele.

Der Abend in der kleinen Café-Bar Herzog bietet mehrere Stilrichtungen - Jazzanklänge, Funkiges, Latin und natürlich viel viel Italienisches. Dass Quarta mit Herzblut singt, ist dabei nicht zu überhören, aber er hat doch auch etwas von einem Alleinunterhalter. Ein Eindruck, der durch den improvisierten Charakter des Konzerts in dem kleinen Café entsteht. Es wäre sicher auch spannend, ihn mal auf großer Bühne mit guter Technik zu erleben. Denn: Singen kann er. Und seine Stimme trägt auch.

© SZ vom 27.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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