Zorneding:Die Anmut des Scherzo

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Anmut und Leidenschaft zeichnen das Musizieren des Atos Trios mit Geigerin Annette von Hehn, Pianist Thomas Hoppe und Cellist Stefan Heinemeyer aus. (Foto: Angelika Bardehle)

Das Atos Trio spielt in Zorneding mit höchster Virtuosität und jugendlichem Schwung

Von Rita Baedeker, Zorneding

Komisch, grotesk, dämonisch, heiter. Das Scherzo kann viele Farben annehmen. Aber in welcher Klangsprache auch immer es geschrieben ist: Aufgrund seines rasanten Tempos und der betonten Rhythmik ist es bei Musikern und Zuhörern beliebt. Wenn nun ein Ensemble Scherzi dermaßen kühn, melodieverliebt und leidenschaftlich spielt wie das Atos Trio beim Kammerkonzert "Wunderkinder" im Zornedinger Martinstadl, dann erobert es das Publikum im Sturm. Der BR hat das Konzert aufgezeichnet. Schade nur, dass der Radiohörer nicht imstande sein wird, die innige Verbindung dieser Musiker zu ihren Instrumenten, den beseelten Ausdruck im Gesicht des Cellisten, die Hingabe der Geigerin zu erleben.

Das vor zwölf Jahren gegründete und weltweit renommierte Trio mit Thomas Hoppe, Klavier, Annette von Hehn, Violine, und Stefan Heinemeyer, Violoncello, begann sein Konzert klassisch mit einem der fünf herrlichen Wiener Trios von Wunderkind Wolfgang Amadeus Mozart, dem Trio in B-Dur, KV 502. Es folgten das Trio Nummer eins in D-Dur des 13-jährigen Erich Wolfgang Korngold und, nach der Pause, Felix Mendelssohn-Bartholdys Klaviertrio in d-Moll, ein Werk, das mit seinen liedhaften Motiven, seinen Paradethemen fürs Cello, seinem an das Schwirren der Elfen im Sommernachtstraum erinnernden Scherzo in der "Hitparade" der Klaviertrios erste Plätze belegt.

Korngold, Sohn des Wiener Musikkritikers Julius Korngold, machte erstmals von sich reden, als er mit elf Jahren ein Ballett komponierte. Musikerpersönlichkeiten wie Bruno Walter, Wilhelm Furtwängler und Richard Strauss förderten ihn, Alexander Zemlinsky wurde sein Lehrer. Größter Erfolg des jungen Tonsetzers war 1920 die Oper "Die tote Stadt". Von 1934 an arbeitete Korngold für Hollywoods Filmindustrie, wo sich der Komponist jüdischen Glaubens vor den Nazis in Sicherheit bringen konnte. Von 1946 an wandte er sich erneut der klassischen Musik zu, Erfolge blieben jedoch aus, sein Werk geriet in Vergessenheit, erfuhr in seiner Heimatstadt Wien sogar Ablehnung. Auch heute ist sein Name in den Spielplänen der Konzertveranstalter nicht eben häufig zu finden. Umso schöner die Entdeckung, die das Atos Trio der Zuhörerschaft bescherte. Korngold zählt zu den Vertretern der Moderne, seine Tonsprache ist der von Richard Strauss verwandt, der ihn einmal als "frühreifes Genie" bezeichnete. In der Filmmusik hat er Maßstäbe gesetzt, hat das eher simple Genre auf ein symphonisches Niveau gehoben.

Sein Trio, ein dem "lieben Papa" gewidmetes Frühwerk, beginnt mit einem ausladenden Klanggebäude voller Kontraste zwischen weicher Melodik und markanten Läufen und Figuren. Vom Gesang der Streicher bis hin zu Pizzicato-Passagen, Bogenschlägen und einem Stück Wiener Walzer reichen die kompositorischen Ideen. Da dem Cellisten im 2. Satz, dem Scherzo, die E-Saite riss, hat das Trio in der ersten Zugabe diesen Satz wiederholt, auch, wie Pianist Thomas Hoppe erklärte, "um dem BR eine Freude zu machen." Gefreut hat sich auch das Publikum, das staunend diesen furiosen Satz noch einmal genießen durfte, gespielt mit noch mehr Verve und Freude und Schwung als beim ersten Mal.

Und weil der Abend so schön war, dass man ewig so hätte weitermachen können, wie Hoppe nach einem lang anhaltenden Beifall erklärte, gab es noch ein Scherzo - das aus Claude Débussys Klaviertrio in G-Dur, eine feingliedrige burleske Melodie, zu der man sich ein komödiantisches Ballett vorstellen könnte. Scherzo-hafter geht's nicht! Und virtuoser, anmutiger als das Atos Trio kann man dieses Stück nicht spielen. Kein Witz.

© SZ vom 01.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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