Wunschliste im Gewerbegebiet:Profitabler Branchenmix

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Das Vaterstettener Gewerbegebiet in Parsdorf kann auf dieser Wiese weiter wachsen. Die Gemeinde behält sich allerdings vor, bei den Betrieben, die sich ansiedeln möchten, genau hinzuschauen. (Foto: Christian Endt)

Vaterstettens Gemeinderat beschließt einen Kriterienkatalog für künftige Gewerbeansiedlungen in Parsdorf. Eine Mischung aus Betrieben soll dringend benötigte Millionen für die Gemeindekasse bringen

Von Wieland Bögel, Vaterstetten

Effizienter, umweltfreundlicher und vor allem profitabler für die Gemeinde - das alles soll das nächste große Gewerbegebiet Vaterstettens werden, das in den kommenden Jahren nördlich der Autobahn A 94 entsteht. Der Gemeinderat beschloss nun mit großer Mehrheit einen entsprechenden Kriterienkatalog.

Hintergrund ist, dass die Einnahmen vergangener Gewerbeentwicklungen oft nicht die Erwartungen erfüllten. So wurde etwa beim bislang jüngsten Projekt in Parsdorf mit rund zwei Millionen Euro mehr Gewerbesteuer pro Jahr gerechnet, knapp 600 000 Euro waren es dann tatsächlich. Zwar geht man bei der Gemeinde davon aus, dass die Steuereinnahmen aus "Parsdorf II" noch steigen, ob sie aber jemals die Zwei-Millionen-Marke knacken, gilt nach wie vor als ungewiss.

Dies hatte der Verwaltung viel Kritik eingebracht, und auch einige Forderungen. So regte die FDP etwa an, die Gemeinde solle bei den Betrieben mehr Qualität statt Quantität ansiedeln. Als Positivbeispiel wurde die Nachbargemeinde Grasbrunn genannt, dort gibt es zahlreiche Bürogebäude, die auf wenig Fläche relativ gute Gewerbesteuereinnahmen generieren. Die SPD forderte im Sommer, einen Kriterienkatalog aufzustellen, der etwa festschreibt, wie viel Gewerbesteuer pro Hektar erzielt werden soll, welche Branchen man ansiedelt und welche unerwünscht sind und vieles mehr. In den vergangenen Wochen hatte sich eine interfraktionelle Arbeitsgruppe mit dem Thema befasst, die Ergebnisse wurden nun im Gremium vorgestellt.

Die Kernforderungen der SPD finden sich nach wie vor, es sind aber Ausnahmen zugelassen. So hat die von den Genossen angeregte Untergrenze von zwei Millionen Euro Gewerbesteuer und 500 Arbeitsplätze pro zehn Hektar Fläche zwar Aufnahme in den Katalog gefunden. Allerdings gelten diese Werte als Durchschnitt: Sollten sich etwa besonders profitable Betriebe oder solche mit sehr vielen Mitarbeitern ansiedeln, welche die geforderten Kriterien übertreffen, könnten davon weniger solvente Steuerzahler mit weniger Mitarbeitern profitieren. Noch über die ursprünglichen Forderungen der Genossen hinaus geht die Vorgabe, dass bis zu 70 Prozent der Arbeitsplätze mit qualifiziertem Personal, etwa Facharbeiter oder Ingenieure, besetzt sein sollen. Außerdem sollen Firmen bevorzugt werden, die ihren Hauptsitz in Parsdorf ansiedeln wollen - dies hätte nämlich einen positiven Effekt auf die Gewerbesteuer.

Auch die von der SPD geforderte möglichst hohe Verdichtung und der Schutz der benachbarten Ortschaften findet sich im interfraktionellen Konzept. Demnach soll, um zusätzlichen Verkehr zu vermeiden, die Entwicklung des Gewerbegebietes möglichst von Norden, in Richtung S-Bahnhof Grub erfolgen.

Da vor allem Logistikfirmen als Verursacher großer Verkehrsbelastungen gelten, sollten diese nach dem ursprünglichen Antrag eigentlich ausgeschlossen werden, dies ist nun nicht mehr der Fall. Auch Handels- und Logistikfirmen können sich in Parsdorf ansiedeln, wenn sie bestimmte Kriterien erfüllen. Neben den Mindeststandards bei Steuer und Arbeitsplätzen sollen "im Vorhinein entsprechende Verkehrsgutachten beauftragt und gegebenenfalls Lösungen zur Verkehrsentlastung entwickelt" werden.

Nur Logistiker sollen sich aber nicht ansiedeln, gewünscht ist "ein Branchenmix, zum Beispiel Produktion, Dienstleistung, Forschung und Entwicklung", wie es im Kriterienkatalog heißt. Ausgeschlossen werden zum einen Einzelhandel, aber auch "ethisch bedenkliche Branchen" wie etwa "Bordelle, Waffenproduzenten oder auch Spielhallen".

Im Gremium herrschte große Einigkeit, dass der neue Katalog eine sinnvolle Sache sei: "Wir brauchen Geld", sagte SPD-Fraktionschef Sepp Mittermeier, und wenn man darum schon "auf der grünen Wiese Gewerbe ausweist, soll man auch das Optimale herausholen". Renate Will (FDP) verwies darauf, dass ihre Partei Ähnliches schon länger fordere, "ich hoffe, dass wir damit erfolgreich sind". Diese Hoffnung äußerte auch Axel Weingärtner (Grüne), schließlich sei die Fläche nördlich der Autobahn "das letzte mögliche größere Gewerbegebiet" in der Gemeinde, da dürfe man sich "keine Fehlschüsse mehr erlauben". Stefan Huber (CSU) lobte besonders, "dass es kein Wunschzettel ist, den man nicht umsetzen kann", sondern ein Konzept, "mit dem man gut planen kann". Für die Freien Wähler lobte Wolfgang Schermann das "sehr gute Ergebnis der Beratungen der Fraktionen".

Lob und Tadel kam von Manfred Schmidt (FBU/AfD). Grundsätzlich sei der Kriterienkatalog zu begrüßen, so Schmidt, er müsse ihn aber ablehnen, weil er das neue Gewerbegebiet als "Beton-Orgie" ansehe und gegen den "unverantwortlichen Flächenfraß" sei.

© SZ vom 15.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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