Wirtschaft:Mit der Gesamtsituation zufrieden

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Unternehmen im Landkreis geben dem Standort gute Noten, sehen aber auch Verbesserungsbedarf. Es fehlt an schnellem Internet, günstigem Wohnraum und an ausreichend großen Gewerbeflächen

Von Wieland Bögel, Ebersberg

Bald gibt es wieder Zeugnisse für die Schüler, der Landkreis hat seines bereits erhalten. Die IHK hatte Betriebe zu ihrer Zufriedenheit mit dem Standort befragt - mit positivem Ergebnis. Dieses wurde am Donnerstag von Sonja Ziegltrum-Teubner, Vorsitzende des IHK-Regionalausschusses Ebersberg, Tina Emslander, Leiterin der IHK- Geschäftsstelle Region München, und Aaron Gottardi, Pressereferent der IHK München und Oberbayern bei einem Pressegespräch vorgestellt.

Im Durchschnitt bekommt der Landkreis eine glatte Zwei für die Wirtschaftsfreundlichkeit, 79 Prozent der Beteiligten benoten die Region mit "gut" oder "sehr gut". Damit liegt der Kreis etwa im Durchschnitt der Region München, sagte Emslander. Was allerdings nicht heißt, dass es keine Verbesserungsmöglichkeiten gäbe. Etwa beim vielerorts zu langsamen Internet, der Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr und der Situation am Immobilienmarkt, egal ob es um Gewerbeflächen oder Wohnraum für Mitarbeiter geht. "Ohne Internet könnten wir gleich heimgehen", sagte Ziegltrum-Teubner, Chefin der Blumenzentrale Parsdorf. Dort war es mit dem Internet nicht immer einfach. Inzwischen gibt es für die nördlichen Vaterstettener Ortschaften zwar eine "ganz annehmbare Lösung", eine Kombination aus Funk und Leitungen versorgt unter anderem das Gewerbegebiet. Zuvor zahlten die Firmen dort viel Geld für eine Internetverbindung, "richtig funktioniert hat es aber oft nicht", sagte Ziegltrum-Teubner. Ein Problem, das andernorts im Landkreis immer noch besteht. Dementsprechend schlecht schneidet die Breitbandversorgung in der Bewertung ab. Gerade einmal eine Drei gibt es hier, während es für Infrastruktur insgesamt die Note 2,4 gibt. Schlechtere Zensuren kriegt nur noch die Anbindung an den Güterverkehr - aber die halten die Geschäftsleute eher für unbedeutend. Bei der Frage, wie wichtig eine Schienenverbindung sei, gab es die Note 4,2, für schnelles Internet dagegen eine 1,3 - was im Vergleich zu einer ersten Umfrage aus dem Jahr 2015 noch einmal eine Steigerung bedeutet.

Dies liegt sicher auch an den Branchen der 122 Umfrage-Teilnehmer; mehr als die Hälfte kommen aus dem Dienstleistungsbereich, ein gutes Fünftel sind Einzel- oder Großhändler, für die eine schnelle und zuverlässige Internetverbindung besonders wichtig ist. Genau wie für alle anderen Geschäftsleute, betonte Ziegltrum-Teubner. Viele Unternehmen im Landkreis beklagen, dass ihre Expansion durch langsame Internetverbindungen verzögert oder gar behindert werde.

Ebenfalls als Wachstumshemmnis sehen Firmen im Landkreis das zu geringe Angebot an Gewerbeflächen sowie deren hohe Preise. Hier gab es eine 3,2 für die Verfügbarkeit und eine 3,7 für die Grundstückspreise. Dass die Firmen ausreichend Platz zum Wachsen haben, sei auch im Interesse des Landkreises und der Kommunen, so die IHK-Vertreterin. "Wenn Unternehmen nicht expandieren können, siedeln sie irgendwann um." Was laut Umfrage allerdings bislang noch nicht in großem Umfang droht; lediglich 8,5 Prozent der Befragten halten einen Umzug in den kommenden drei Jahren für möglich, dagegen würde gut ein Viertel der Firmen gerne den Betrieb erweitern.

Ausgebaut werden sollte nach Meinung der befragten Firmen auch die Verkehrsinfrastruktur. Zwar sehen die meisten das Straßennetz im Landkreis als Standortvorteil, einen Ausbau der Flughafentangente Ost auch in ihrem südlichen Teil hält man bei der IHK aber für nötig. Genau wie einen besseren öffentlichen Nahverkehr; der bekommt in der Umfrage nur die Note 2,7. Besonders die Verbindungen zwischen Landkreisnorden und -süden könnten besser werden, sagte die IHK-Kreisvorsitzende.

Denn die Mitarbeiter kommen von immer weiter her, was nicht zuletzt am knappen Wohnraum in der Region liegt, die Situation auf dem Wohnungsmarkt wird darum auch nur mit einer 3,4 in der Umfrage bewertet. Seitens der IHK habe man auf das Problem reagiert: Derzeit ist ein Forderungspapier mit Handlungsempfehlungen an die Politik in Arbeit, es soll in drei Wochen in München auf einer Tagung zum Thema vorgestellt werden. Aber auch die Unternehmen selbst seien gefragt, erklärte Ziegltrum-Teubner, etwa durch die Schaffung von Dienstwohnungen. Die gebe es in ihrem Betrieb seit Jahren, dass andere dem Beispiel folgen "finde ich persönlich notwendig", sagte sie. Wobei die Firmen natürlich die gleichen Probleme haben wie alle anderen Bauwilligen: Die Flächen sind knapp und teuer. Trotzdem müsse man hier eine Lösung finden, "sonst kriegen wir ein Riesenproblem".

Das wirkliche Problem aber heiße Fachkräftemangel und sei bereits spürbar, sagte die IHK-Kreisvorsitzende. Aufträge müssten verschoben oder abgelehnt werden, "bei kleineren Sachen, bekommt man gar keine Angebote mehr." Bei der IHK gebe es daher verschiedene Ansätze, mehr junge Leute für eine Ausbildung zu gewinnen, sagte Emslander. Etwa durch "Ausbildungs-Scouts", die Schüler bei der Berufswahl beraten. Auch die geplante Berufsschule für den Landkreis Ebersberg findet bei der IHK viel Zuspruch. Ein weiteres Mittel gegen Fachkräftemangel wäre es, wenn Beschäftigung und Ausbildung für Flüchtlinge erleichtert würden. "Wir haben besonders in Bayern ja leider gewisse Hürden", sagte Ziegltrum-Teubner.

© SZ vom 30.06.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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