Verkehr in Vaterstetten:Umfahrungsgegner können wohl doch Bürgerbegehren starten

Lesezeit: 3 min

Schon im Februar hat Günter Glier für kurze Wege im Verkehr geworben. Nun will er dafür auch Unterschriften sammeln. (Foto: Christian Endt)

Bisher galt das als rechtlich schwierig. Nun scheinen die Kritiker der Umgehungsstraße für Weißenfeld und Parsdorf einen Weg gefunden zu haben.

Von Wieland Bögel, Vaterstetten

Die Frage, was man fragen darf, ist keine einfach zu beantwortende. Sowohl im zwischenmenschlichen Bereich wie in jenem der Juristerei. Dort allerdings gibt es feste Regeln, was zulässige von unzulässigen Fragen unterscheidet - und auch Schlupflöcher. Ein solches glauben die Gegner der geplanten Umfahrung für Weißenfeld und Parsdorf nun gefunden zu haben, um doch noch einen Bürgerentscheid gegen den Straßenbau zu erreichen. Vielleicht könnte schon zusammen mit der Landtagswahl am 14. Oktober in Vaterstetten auch über die Umgehungsstraße abgestimmt werden.

Dies hofft zumindest Günter Glier, Grünen-Ortsvorsitzender, langjähriger Gemeinderat und entschiedener Gegner der aktuellen Trassenplanung. Diese soll zunächst im Norden von Weißenfeld weiträumig um den Ort herumführen, anschließend bei Parsdorf die A 94 überqueren und nördlich des Gewerbegebietes in die Gruber Straße münden. Der Gemeinderat hat diesen Streckenverlauf mit den Stimmen von CSU, SPD und FDP beschlossen, derzeit läuft das Planfeststellungsverfahren.

Die Gegner der Trasse, neben den Fraktionen der Grünen, der Freien Wähler und der FBU/AfD sind dies auch Umweltschutzverbände wie der Bund Naturschutz, kritisieren die Ausmaße des Projekts, sowohl räumlich, wie finanziell. Etwa sieben Hektar Land und 22 Millionen Euro wären für den Bau nötig, so eine Berechnung. Zwar gibt es Zuschüsse vom Landkreis in Höhe von zwei, und vom Investor des Parsdorfer Gewerbegebietes in Höhe von 4,5 Millionen Euro - letztere allerdings nur, wenn zumindest der Parsdorfer Abschnitt der Straße bis 2023 in Betrieb ist.

Für die Trassengegner ist dies ein unrealistischer Zeitplan, dies betonte Glier bereits auf einer Infoveranstaltung zum geplanten Bürgerbegehren im Februar. Es sei zu befürchten, dass die Gemeinde den Zuschuss verliere, den Bau der Straße aber schon begonnen habe und auf den Kosten sitzen bleibe.

Streng genommen wäre ein Bürgerentscheid nur auf Kreisebene zulässig

Außerdem sei der Trassenverlauf nicht mehr aktuell. Hintergrund sind Pläne der Autobahndirektion für den Ausbau des Ostkreuzes aus A 94 und A 99. Dabei sollen beide Autobahnen verbreitert werden. Möglich scheint eine Verlegung der Kreisstraße EBE 4, auf Münchner Seite M 18. Beides würde Veränderungen an den Unterführungen unter der A 99 bedeuten. Darum, so das Argument der Gegner einer großräumigen Umfahrung, sei diese Planung veraltet. Mit den neuen Unterführungen und dem neuen Verlauf der EBE 4/M 18 sei eine ortsnahe Weißenfelder Südumgehung, wie sie bereits vor einigen Jahren geplant war, wieder viel günstiger.

Das Problem der Trassengegner ist allerdings, dass sie in ihrem Bürgerbegehren nicht direkt fragen können: "Sind Sie dafür, eine Weißenfelder Südumfahrung zu bauen?" Denn die Umgehungsstraße soll einmal eine Kreisstraße werden, im Gegenzug würden Teile der EBE 4 und EBE 17 an die Gemeinde übergeben. Diese hat mit dem Landkreis eine sogenannte Sonderbaulastvereinbarung abgeschlossen. Damit übernimmt Vaterstetten - größtenteils auf eigene Kosten - eine Aufgabe des Landkreises. Weshalb streng genommen über die Frage, ob diese Straße gebaut werden soll oder eine andere, nur ein Bürgerentscheid auf Kreisebene zulässig wäre.

Allerdings hat die Rechtsaufsicht im Landratsamt ein kleines Schlupfloch offengelassen. Zwar verneint auch die Aufsichtsbehörde, dass die Vaterstettener alleine über ein Ende oder eine Umplanung des Projekts entscheiden können. Aber sie könnten darüber befinden, ob ihre Gemeinde für den Landkreis eine Straße bauen oder den Auftrag zurückgeben soll. Dies käme wohl einem Aus für die Umfahrung gleich. Denn die Sonderbaulastvereinbarung wurde geschlossen, weil der Landkreis eben nicht auf eigene Kosten die Straße bauen lassen will - im Übrigen nicht einmal die Weißenfelder Südschleife.

Es bräuchte 1840 Unterschriften - und zwar möglichst schnell

Doch bevor überhaupt über irgendetwas abgestimmt werden kann, heißt es kräftig Unterschriften sammeln. In einer Gemeinde von der Größe Vaterstettens müssten mindestens acht Prozent der Gesamtbevölkerung unterschreiben, bei derzeit etwa 23 000 Einwohnern wären demnach 1840 Unterschriften nötig. Vor Glier und seine Mitstreiter - neben seiner Vorstandskollegin Monika Kalberlah sind noch Heinz Vierthaler und Hanns Burghard von der Vaterstettener Ortsgruppe des Bundes Naturschutz mit im Boot - liegt also ein hartes Stück Arbeit. "Es kann schon knapp werden", sagt Glier, aber er gibt sich zuversichtlich.

Allerdings ist der Zeitplan sportlich, jedenfalls, wenn zusammen mit der Landtagswahl abgestimmt werden soll. Denn mit dem Sammeln der 1840 Unterschriften ist es nicht getan. Danach muss der Gemeinderat darüber befinden, ob das geforderte Bürgerbegehren zulässig ist. Selbst wenn das Gremium dem zustimmt, wird es knapp: Vor der Landtagswahl am 14. Oktober gibt es nur noch zwei Gemeinderatssitzungen, am 19. Juli und am 20. September.

Ideal wäre natürlich, könnte man schon zur Juli-Sitzung das Bürgerbegehren einreichen, sagt Glier. Dazu will er noch in dieser Woche mit der Unterschriftensammlung beginnen. Geplant ist, dass er seinen Infostand auf dem Wochenmarkt an diesem Donnerstag und einen Tag später am Bauernmarkt aufstellt. Auch eine Infoveranstaltung soll es bald geben. Falls es trotzdem nicht klappt mit dem Termin zum 14. Oktober, haben die Initiatoren des Bürgerbegehrens trotzdem noch nicht verloren. Denn ein Zeitlimit für die Unterschriftensammlung gibt es nicht.

© SZ vom 28.06.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: