Vaterstetten:Wohnen statt Werkeln

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Das Umspannwerk und die Hochspannungsleitung am Philipp-Maas-Weg werden wohl bald verlegt werden. Der Gemeinderat hat nun beschlossen, an der Stelle ein bis zu 7,5 Hektar großes Gewerbegebiet auszuweisen. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Das Gewerbegebiet in Vaterstetten Nordwest soll umgewidmet werden, die Betriebe will man nun am Umspannwerk ansiedeln

Von Wieland Bögel, Vaterstetten

Einen Umzug vor dem Einzug gibt es im Vaterstettener Norden. Dort sollte zwischen Kreisverkehr, Föhrenweg und Dorfstraße eigentlich ein Gewerbegebiet entstehen. Nun votierte der Gemeinderat für eine Verlegung, die Firmen sollen sich auf einem Grundstück am Philipp-Maas-Weg ansiedeln, wo sich derzeit das Umspannwerk befindet. Auf dem bisher als Gewerbegrundstück gedachten Areal sollen Wohnungen gebaut werden, möglicherweise sogar von der Gemeinde selbst.

Mehrere Gründe führte Bürgermeister Georg Reitsberger (FW) nun an, warum die Verlegung sinnvoll sei. So habe sich gezeigt, dass das rund 12 000 Quadratmeter große Areal für Gewerbe nur eingeschränkt brauchbar sei. Dies hätte sich in Gesprächen mit potenziellen Nutzern ergeben, "das Gewerbe war nicht sehr glücklich mit dem Standort". Dies liege zum einen an der geringen Größe, aber auch an der Nachbarschaft zum Wohngebiet, was gewisse Auflagen mit sich bringt.

Diese Nachbarschaft sieht man auch bei der Gemeinde kritisch. Laut Verwaltung hatten einige Gewerbetreibende beantragt, in dem Gebiet Betriebsleiterwohnungen bauen zu dürfen. Wegen des großen Unterschiedes der Bodenpreise zwischen Gewerbe- und Wohngebiet - selbst im Einheimischenbaugebiet kostet der Quadratmeter noch 607 Euro, im Gewerbegebiet wären es etwa 350 Euro - befürchtete man bei der Gemeinde eine ungute Konkurrenzsituation.

Auch sei die anstehende Verlegung des Umspannwerkes eine gute Gelegenheit, das am Philipp-Maas-Weg bestehende Gewerbegebiet zu erweitern. Nördlich und östlich der von Eon betriebenen Station besitzt die Gemeinde bereits zwei Hektar Grund. Ein knapper halber Hektar wird derzeit vom Umspannwerk belegt, dieses soll demnächst auf ein Grundstück weiter nördlich umziehen. Praktischer Nebeneffekt wäre, dass die Hochspannungsleitung danach teilweise unterirdisch verlaufen wird, damit könnten weitere 5,2 Hektar bebaut werden, ohne Abstandsflächen einhalten zu müssen. Die Eigentümer der Flächen wären grundsätzlich an einer Entwicklung an der Stelle interessiert, so Bauamtsleiterin Brigitte Littke. Insgesamt könne man an der Stelle also ein bis zu 7,5 Hektar großes Gewerbegebiet ansiedeln.

Sie stellte auch vor, was aus dem Grundstück an der Dorfstraße werden soll. Entstehen soll ausschließlich Geschosswohnungsbau, darin Wohnungen mit ein bis vier Zimmern. Ein Drittel davon soll am freien Markt verkauft werden, ein weiteres soll Sozialwohnungen werden, das letzte Drittel könnte man entweder im Einheimischenmodell vergeben oder einer Genossenschaft zur Bebauung überlassen. Möglicher Bauherr könnte aber auch die Gemeinde selbst werden, eine Lösung die der Bürgermeister favorisiert: "Es ist wichtig, dass wir auf eigenem Grund eigene Wohnungen bauen und dass die Gemeinde auch weiter die Hand drauf hat", also die Wohnungen selbst vermietet. Ein bisschen Gewerbe könnte es an der Stelle trotzdem noch geben, eventuell könne man "ein Geschäftshaus oder Gewerberiegel als Lärmschutz" an die Straße Richtung Kreisverkehr stellen.

Zuspruch für die Pläne gab es von CSU und SPD. Der Fraktionschef der Christsozialen, Michael Niebler ,begrüßte den zusätzlichen Wohnungsbau, gerade im Bereich der bezahlbaren oder auch sozial geförderten Wohnungen sei "der Mangel in der Gemeinde dramatisch wie nie." SPD-Fraktionssprecher Sepp Mittermeier konnte dem Umzug ebenfalls viel abgewinnen, auch wenn man dafür ein Lieblingsprojekt der Genossen aufgeben müsse: Das Gewerbegebiet in Nordost. Wenn man aber stattdessen ein deutlich größeres Gewerbegebiet in der Nähe bekomme plus einen Zuwachs an günstigen Wohnungen, sei dies ein Gewinn.

Der einzige Gewinn an der Umplanung sei, dass das Gewerbegebiet in Nordost wegkomme, "wo wir es nie haben wollten", meinte dagegen Grünen-Fraktionssprecher Axel Weingärtner. Damit habe es sich aber auch schon mit den Vorteilen, dafür gebe es zahlreiche Nachteile. Einer davon sei der noch stärkere Bevölkerungszuwachs von bis zu 500 zusätzlichen Bewohnern, zusätzlich zu den rund 1500, mit denen man in Nordwest bereits jetzt rechne. Dazu noch die geplanten Wohngebiete am alten Schulgrundstück in der Gluckstraße und am Parsdorfer Weg sowie die normale Nachverdichtung. "Wir generieren immer mehr Zuzug", kritisierte Weingärtner, während der Ausbau der Infrastruktur, sei es bei der Kinderbetreuung oder beim Verkehr längst nicht mehr nachkomme. Weingärtner plädiert darum für eine schrittweise Entwicklung der beiden Flächen.

Nicht so die Mehrheit im Gremium, gegen die Stimmen der Grünen, von Herbert Uhl (FW) und Manfred Schmidt (FBU/AfD) wurde die Umwidmung der Flächen beschlossen.

© SZ vom 27.06.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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