Vaterstetten:Erst verboten, jetzt erlaubt?

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Dieses in die Jahre gekommene Häuschen in der Frühlingstraße in Baldham soll nach dem Willen des Eigentümers bis zu zehn Arbeiter beherbergen - zu einer Monatsmiete von 2400 Euro. (Foto: Christian Endt)

Im Internet wird ein Baldhamer Wohnhaus als Domizil für zehn Arbeiter beworben. Ein ähnliches Projekt ganz in der Nähe war vor einem Jahr untersagt worden.

Von Wieland Bögel, Vaterstetten

Wohnraum ist knapp und teuer in der Region, da heißt es enger zusammenrücken. Oft betrifft das die Gebäude, Stichwort Verdichtung, doch manchmal werden auch die Bewohner verdichtet. So geplant aktuell in der Baldhamer Frühlingstraße. Dort sollen in einem Haus in Bahnhofsnähe bis zu zehn Arbeiter einquartiert werden. Seit Kurzem wird dafür unter dem Eintrag "Haus für Arbeiter in Baldham zu vermieten" auf der Internetseite eines Immobilienvermittlers geworben.

Das Einfamilienhaus gehört einem gebürtigen Vaterstettener. Es verfügt laut Eigentümer über 120 Quadratmeter Wohnfläche und vier Zimmer. Es wird für eine Monatsmiete von 2400 Euro angeboten, kalt. Diese sei aber ausdrücklich auf mehrere Bewohner umlegbar, heißt es in der Anzeige. Das Haus könne "an 8 bis 10 Arbeiter oder Personen" vermietet werden, und sei "auch für 4 Paare geeignet".

Die Umnutzung eines Wohnhauses in ein Arbeiterquartier ist an sich nichts Neues, auch nicht in Vaterstetten. Nur wenige 100 Meter Luftlinie vom nun inserierten Objekt entfernt, auf der anderen Seite der Bahn, gab es bis vergangenes Jahr Streit um eine solche Unterkunft. Ein Fuhrunternehmer und Kommunalpolitiker aus dem nördlichen Landkreis hatte seit 2014 sein Zweifamilienhaus in der Hochwaldstraße an mehr als 20 Arbeiter vermietet. Bis zu 400 Euro pro Person und Monat soll ein Schlafplatz in dem Haus gekostet haben.

Nach massiven Beschwerden der Nachbarn sah sich die Gemeinde Vaterstetten zum Einschreiten genötigt. Sie untersagte die Nutzung des Hauses als Arbeiterunterkunft. Zwar sei ein Wohnheim in einem Wohngebiet grundsätzlich zulässig, aber nicht im betreffenden Fall. Die Verwaltung berief sich damals auf die fehlende "Gebietsverträglichkeit". Besonders der durch die vielen neuen Nachbarn entstehende Verkehr sei den Anwohnern nicht zuzumuten. Unzumutbar seien aber auch die Wohnverhältnisse, zwischenzeitlich waren in dem Haus mehr als 30 Personen gemeldet.

Gewerbliche Zimmervermietung oder nicht?

Das Häuschen verfügt nur über eine schmale Zufahrt und wenige Parkmöglichkeiten. (Foto: Christian Endt)

Dies sah ein Jahr später auch das Verwaltungsgericht ein, bei welchem der Hauseigentümer Klage eingereicht hatte. Die Richter sahen weniger ein Problem darin, dass das Haus zimmerweise vermietet wird. Als nicht zulässig befand das Gericht aber die enge Belegung des Hauses, mehr als ein Bewohner pro Zimmer solle es nicht sein. Dieser Auffassung schloss sich im vergangenen Jahr auch der Verwaltungsgerichtshof in München in einem vom Eigentümer des Hauses angestrengten Berufungsverfahren an - nach gut zwei Jahren Streit war das Vorhaben damit erledigt.

Wohl auch vor diesem Hintergrund ist man bei der Gemeinde mäßig begeistert von der angestrebten Nutzung des Hauses in der Frühlingstraße. Bei bis zu zehn Bewohnern sei nicht auszuschließen, dass es sich um eine gewerbliche Zimmervermietung handeln könne, formuliert es Georg Kast, Wirtschaftsförderer der Gemeinde und Büroleiter von Bürgermeister Georg Reitsberger, betont vorsichtig. Denn über die grundsätzliche Zulässigkeit des Vorhabens lasse sich aktuell noch nichts sagen, so Kast.

Genauso wenig wie darüber, ob für dieses überhaupt eine Genehmigung der Gemeinde nötig ist. Legal könnte die Vermietung an mehrere Bewohner oder Parteien durchaus sein, "wenn von einer gewissen Abgeschlossenheit auszugehen ist", sagt Kast, also die Privatsphäre der Mieter gewahrt ist, wie es das Verwaltungsgericht im Fall Hochwaldstraße angemahnt hatte. "Wir können im Vorfeld nicht pauschal sagen, es ist zulässig oder nicht", so Kasts Fazit. "Wir setzen uns damit auseinander, wenn es stattfindet".

Der Eigentümer des Hauses erklärt, dass seine Pläne nicht mit dem Vorhaben in der Hochwaldstraße vergleichbar seien. Statt für eine Unterkunft mit Zimmervermietung eigne sich das Haus "eher als WG, vielleicht für ausländische Handwerker, die mit oder ohne Partner oder Partnerin beziehungsweise Familie hier bei uns berufstätig sind." Nicht geplant sei dagegen, die Zimmer einzeln, etwa über einen Mittelsmann, zu vergeben, betont der Eigentümer. Daher sehe er auch keine Probleme mit einer möglichen Nutzungsuntersagung durch Gemeinde oder Gerichte.

Zumindest scheint die Vermietung an durchreisende Arbeiter nur eine Zwischennutzung zu sein. Irgendwann könnten auf dem Grundstück neben den Bewohnern auch die Häuser dichter zusammenrücken. Denn für das Grundstück gibt es einen genehmigten Vorbescheid für drei Einfamilienhäuser, für eines davon liegt bereits eine gültige Baugenehmigung vor. Wie der Eigentümer auf Nachfrage erklärt, halte er an den Plänen für eine Bebauung des Grundstücks auch weiterhin fest.

© SZ vom 27.04.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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