Vaterstetten:Spontanes Söder-Selfie in Vaterstetten

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Der bayerische Finanzminister überrascht den Bürgermeister mit vier Millionen Euro und präsentiert sich mit einer - weniger überraschend - guten Portion Eigenlob.

Von Karin Kampwerth, Vaterstetten

Wenn E-Mails ein Gesicht hätten, dann wäre die elektronische Post aus Vaterstetten am späten Dienstagnachmittag wohl mit weit aufgerissenen Augen daher gekommen. Fast ein wenig erschrocken klang die Botschaft aus dem Rathaus, die wie folgt lautete: "Soeben wurde mitgeteilt, dass Finanzminister Dr. Markus Söder am morgigen Mittwoch, den 15. März um 15.15 Uhr zu einer kurzen Visite am Rathaus Vaterstetten eintreffen wird." Und weiter, dass mehr Informationen nicht vorlägen, außer, dass die Blitzvisite etwas mit dem kommunalen Finanzausgleich zu tun habe.

Keine 24 Stunden später steht Bürgermeister Georg Reitsberger (Freie Wähler) im feinen Janker auf der Rathaustreppe und räumt ein, dass der hohe Besuch so überraschend käme, dass weder die Ammerthaler Blasmusik noch Böllerschützen auf die Schnelle zu organisieren gewesen wären. Die wären dann vielleicht - hätten sie sich an den Terminplan des Ministers gehalten - auch zu spät gewesen, denn Söder biegt schon um 15 Uhr in seiner schwarzen Dienstlimousine um die Ecke.

Selbst der Ebersberger Landtagsabgeordnete Thomas Huber (CSU) kommt mit dem Tempo des Ministers nicht mit und kann gerade noch ins Bild springen, als die ersten Pressefotos gemacht werden. Später erklärt er, dass Söder sich nur deshalb als Geldbote betätigen könne, weil durch die Reise von Horst Seehofer nach Moskau die Fraktionssitzung am Mittwochnachmittag ausgefallen sei.

Von der Einkommenssteuer bleibt kaum was übrig

Im Sitzungssaal herrscht dann bei Diät-Cola, Fruchtsäften und Wasser Champagnerlaune. Denn Söder hat einen Förderbescheid in Höhe von 4 325 000 Euro für den Neubau der Grund- und Mittelschule dabei. Zuvor nutzt der Bürgermeister die Gelegenheit für eine kurze Rede über Vaterstetten mit der fein gesponnenen Dramaturgie von Lob zu Leid.

Denn eigentlich sei Vaterstetten mit 23 500 Einwohnern eine der größten Gemeinden Bayerns, man habe die fünftgrößte Volkshochschule im Freistaat und das größte Gymnasium im Landkreis. Und außerdem würden richtig viele Besserverdiener in der Gemeinde wohnen. Von deren Einkommenssteuer bleibe aber nur ein kläglicher Rest übrig. Da wäre es schön, wenn der Herr Minister mal was ändern würde, sagt Reitsberger.

Söder nimmt es gelassen und verspricht, umgehend zu radikalen Maßnahmen bereit zu sein, wenn Vaterstetten Stabilisierungshilfe beim Freistaat beantragen müsste. Aber weil er nun einmal die finanzielle Lage der bayerischen Kommunen ziemlich genau kenne, könne er sagen: "Vaterstetten geht es ganz gut."

Dem Minister übrigens auch. Und so gibt es noch eine Art Söder-Selfie-Loblied. Das klingt dann so: "Ich bin der Finanzminister, der Jahr für Jahr den höchsten kommunalen Finanzausgleich vorweisen kann." Mit sechs Milliarden Euro habe er angefangen, inzwischen seien es neun Milliarden, die er an die Städte und Gemeinden verteilen könne. "Es ist ein Glück, in Bayern Bürgermeister zu sein", sagt er zu Reitsberger, bevor er sich dem Goldenen Buch der Gemeinde zuwendet und beim Durchblättern feststellt, wer alles vor ihm in Vaterstetten zu Besuch war.

Gerhard Polt, Helmut Markwort und der Prinz von Bayern, "das ist ja schon mal angemessen". Dann schreibt er an die "Arme Gemeinde Vaterstetten..." und setzt ein Smiley dahinter - vielleicht, um den Bürgermeister nicht noch mal zu erschrecken.

© SZ vom 16.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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