Vaterstetten:Operation am toten Herzen

Lesezeit: 3 min

Im Rossini-Zentrum in Vaterstetten laufen die Geschäfte schleppend. Nun gibt es einen neuen Vorschlag der Eigentümer. Sie wollen das Gebäude abreißen und durch ein achtstöckiges Wohnhaus ersetzen.

Von Wieland Bögel, Vaterstetten

Das Rossini-Zentrum könnte bald abgerissen werden, zumindest wenn es nach der Mehrheit der Eigentümer geht. Diese haben bei der Gemeinde mehrere Plan-Varianten eingereicht, wie es mit dem teilweise verödeten Einkaufszentrum aus den Siebzigerjahren weiter gehen soll. Neben einer Sanierung und einer Aufstockung ist auch der kompletter Abriss des Rossini-Zentrums vorstellbar. An seiner Stelle könnte ein bis zu achtstöckiges Wohnhaus entstehen.

Wohnen und einkaufen im selben Block, diese Idee steckte hinter der Planung des Rossini-Zentrums. Gedacht war es zur Nahversorgung der Bewohner der umliegenden Hochhäuser, und einige Jahrzehnte lang hat dies auch gut funktioniert. Doch spätestens seit Ende der Neunzigerjahre verlor das Zentrum immer mehr an Attraktivität, zahlreiche Läden gaben auf oder zogen weg. Besonders seit der Supermarkt und die Sparkassen-Filiale geschlossen sind, ist nicht mehr viel los.

Für Herbert Scheuerer, einen der Eigentümer des Einkaufs- und Geschäftszentrums ist dies nicht verwunderlich. Er selbst betreibt dort den E-Sport-Club, einer Art Fitnessstudio für Computerspieler, die dort trainieren und auch in Turnieren gegeneinander antreten können. Herkömmlicher Einzelhandel dagegen habe es schwer, so Scheuerer, "es gibt ja so viele Supermärkte in Vaterstetten", etwa am nur wenige 100 Meter entfernten Baldhamer Marktplatz oder auch die Discounter am Ortsrand.

Ein einstöckiger Komplex mit 2200 Quadratmeter Nutzfläche

Daher hätten sich die Eigentümer Gedanken gemacht, was man aus dem Rossini-Zentrum machen könnte. Die insgesamt 22 Anteilseigner haben einen Planer beauftragt, dieser hat vier Varianten erarbeitet. Grob gesagt geht es um die Frage "Renovieren, Sanieren, Aufstocken - und man könnte sich auch einen Abriss vorstellen."

Derzeit verfügt der einstöckige Komplex über etwa 2200 Quadratmeter Nutzfläche. In der weitgehendsten Variante entstünde an seiner Stelle ein etwa vier Mal so großes Wohnhaus, das in der Höhe den umgebenden Hochhäusern der Bayernbodensiedlung entspricht. Möglich, dass in dem neuen Komplex auch einige Geschäfte angesiedelt werden, sagt Scheuerer, der Großteil des neuen Rossini-Zentrums werde allerdings Wohnraum sein.

Dies liegt, neben der schwierigen Lage der Geschäfte an dieser Stelle, vor allem an den Kosten des Projekts. Diese werden "enorm" ausfallen, egal welche Variante man wähle, erwartet Scheuerer. Sie entstünden zum einen aus den Planungs- und Baukosten - so werde man wahrscheinlich eine Tiefgarage und zusätzliche Stellplätze benötigen - zum anderen aber auch aus dem Verdienstausfall der Eigentümer. Denn einige Geschäfte und Geschäftsräume sind noch in Betrieb, während eines Um- oder Neubaus müssten diese monatelang schließen.

Ohne Markt keine Laufkundschaft

Welche Variante am Ende umgesetzt wird, sei aber alles andere als entschieden, sagt Scheuerer. Dafür sei die Zustimmung aller 22 Teilhaber nötig - und jene der Gemeinde. Denn aktuell gilt für das Rossini-Zentrum noch ein Bebauungsplan, der als maximale Bauhöhe ein Erdgeschoss plus erster Stock vorsieht. Die Eigentümer hätten daher bei der Gemeinde vorgefühlt, wie hoch hinaus ein Neubau gehen könnte, sagt Scheuerer. Orientieren will man sich dabei an der Umgebung, also den bis zu achtstöckigen Hochhäusern.

Ob dies möglich sein könnte, dazu hält man sich bei der Gemeinde derzeit noch bedeckt. Die Probleme des Rossini-Zentrums sind im Rathaus aber bekannt. Jeder könne sehen, "dass das Einkaufszentrum überhaupt nicht mehr funktioniert", sagt Bürgermeister Georg Reitsberger (FW). Es sei daher nachvollziehbar, dass die Eigentümer "sich etwas überlegt" haben. Besonders das Fehlen eines Supermarktes habe zu der Situation beigetragen, erklärt Vaterstettens Wirtschaftsförderer Georg Kast.

Denn ohne Markt gibt es weniger Laufkundschaft und darunter leiden wiederum die übrigen Geschäfte. Darum habe man sich auch seitens der Gemeinde bemüht, wieder einen Vollsortimenter im Rossini-Zentrum anzusiedeln, so Kast, allerdings ohne Erfolg. Kein Betreiber wollte die Ladenflächen übernehmen. Kast überrascht es daher nicht, wenn die Eigentümer nun auf Wohnungen setzen: "Optimieren heißt zur Zeit eben Wohnraum bauen." Eine Prognose darüber, was dort möglich sein könnte, will man im Rathaus derzeit aber ausdrücklich nicht abgeben, die Sache müsse zunächst im Gemeinderat und seinen Ausschüssen behandelt werden.

Der Bauantrag kann frühestens in ein bis zwei Jahren eingereicht werden

Dass am Rossini-Zentrum in nächster Zeit gebaut werden kann, damit rechne man seitens der Eigentümer gar nicht, sagt Scheuerer. Bei der Gemeinde habe man ihm erklärt, dass die Varianten für das Rossini-Zentrum und eine entsprechende Änderung des Bebauungsplanes wohl noch im Herbst diesen Jahres im Bauausschuss diskutiert werden könnten. Scheuerer geht davon aus, dass man frühestens in ein bis zwei Jahren einen konkreten Bauantrag einreichen wird.

Falls dieser genehmigt wird, würde dies bedeuten, dass innerhalb kurzer Zeit in Vaterstetten zwei große Nachverdichtungsprojekte in fast direkter Nachbarschaft entstehen. Denn auch dort, wo sich jetzt noch die Grund- und Mittelschule befindet, soll in einigen Jahren zusätzlicher Wohnraum entstehen. Nach Fertigstellung der neuen Schule im Herbst 2019 soll, so bekräftigte es erst kürzlich der Gemeinderat, das Grundstück an der Gluck- und Johann-Strauß-Straße verkauft werden. Eine vorläufige Planung dafür gibt es schon, demnach könnten dort Wohnungen für bis zu 400 Personen entstehen.

© SZ vom 19.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: