Vaterstetten:Nutzloses Schnäppchen

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Lediglich auf der Bautafel stehen die vier Häuser bereits, ob sie auch wirklich gebaut werden dürfen, wird wohl ein Gericht entscheiden. (Foto: Christian Endt)

Vaterstetten untersagt die geplante Bebauung eines Grundstücks in der Schwalbenstraße. Dieses war sehr günstig an fünf Parteien verkauft worden, ohne zu klären, was dort entstehen darf

Von Wieland Bögel, Vaterstetten

Manches Schnäppchen entpuppt sich im Nachhinein als schlechtes Geschäft. Ein solches könnten auch die Käufer eines verdächtig günstigen Grundstückes an der Schwalbenstraße in Baldham gemacht haben. Der zuständige Ausschuss des Gemeinderates kippte nun eine beantragte Bebauung des Areals, da diese nach Auffassung des Gremiums wie auch der Bauverwaltung unzulässig ist. Damit hätten die Besitzer quasi die Katze im Sack in Form eines zumindest teilweise unbebaubaren Grundstücks gekauft.

Insgesamt fünf Bauanträge waren bei der Vaterstettener Verwaltung eingegangen, alle betrafen dasselbe etwa 1300 Quadratmeter große Grundstück direkt am Bahnhof. Beantragt waren drei Reihenhäuser und ein Doppelhaus. Dies sei aber nicht möglich, befand das Bauamt, und dessen Leiterin Brigitte Littke erklärte in der jüngsten Ausschusssitzung auch, warum: Da es keinen Bebauungsplan für das Gebiet gibt, müsse man nach dem Gebot der Einfügung entscheiden, also ob die neuen Häuser zur bestehenden Struktur passen. Und das sei nicht der Fall: Zum einen sei die geplante Bebauung derart massiv, dass sie "den Rahmen dessen sprengt, was tatsächlich vorhanden ist", also "wie ein Fremdkörper" wirke.

Alle Gebäude müssen in einem bestimmten Abstand zur Straße stehen

Außerdem gebe es durch die umgebende Bebauung eine sogenannte "faktische Baulinie". Weil alle Nachbargebäude, wie auch das Bestandsgebäude auf dem Grundstück in etwa 14 Meter Abstand zur Schwalbenstraße stehen, müsse das auch für Neubauten gelten. Dies ist besonders für die Käufer der vorderen beiden Grundstücksteile bedeutsam, denn deren Doppelhaus gälte damit als nicht genehmigungsfähig, sie hätten ein völlig nutzloses Grundstück erworben.

Diese Tatsache sei bedauerlich für die neuen Besitzer, meinte die Bauamtsleiterin, sie wunderte sich aber auch darüber, dass nie ein Bauvorbescheid beantragt worden sei. Mittels eines solchen Verfahrens werden normalerweise grundsätzliche Fragen zur Bebauung eines Grundstückes geklärt. "Wir empfehlen immer, einen Vorbescheid einzuholen", sagt Harald Mayerthaler vom Bauamt auf Nachfrage. Hätte der frühere Eigentümer einen Antrag gestellt, hätte ihm die Verwaltung mitgeteilt, wo er bauen darf - aber eben auch wo nicht, mit entsprechenden Folgen für den Verkaufswert des Grundstückes.

Mayerthaler bezweifelt, dass zumindest die beiden vorderen Grundstücksteile zu verkaufen gewesen wären, hätte ein Vorbescheid existiert, der deren Unbebaubarkeit bestätigt. Interessant ist auch, dass die Grundstücke offenbar weit unter den sonst in Vaterstetten üblichen Preisen von durchschnittlich 900Euro pro Quadratmeter angeboten wurden.

Noch ist kein Geld geflossen

Dies ist nicht die einzige Ungereimtheit, wie Mayerthaler berichtet. So gab es zwar ein Beratungsgespräch im Bauamt über die Planungen auf dem Grundstück, daran war aber weder der eigentliche Planer beteiligt noch die Bauwerber selbst, sagt Mayerthaler, sondern lediglich ein Bekannter des Planers.

Dabei handelt es sich um Otto Müller, einen Münchner Architekten. Er bestätigt, dass er mit der tatsächlichen Planung auf dem Grundstück nicht befasst sei, er habe gewissermaßen als Aushilfe die Gespräche mit der Gemeinde geführt. Warum kein Vorbescheid beantragt wurde, kann Müller auch nicht sagen, dass dies eventuell in unlauterer Absicht unterlassen wurde, weist er aber zurück. Zwar liege der Preis der Grundstücke seines Wissens tatsächlich deutlich unter dem, was sonst ortsüblich sei, dies liege aber an der direkten Nähe zur Bahnlinie. Zudem sei auch noch kein Geld geflossen, den potenziellen Bauherren also kein Schaden entstanden.

Die Eigentümer wollen notfalls vor Gericht ziehen

Müller schiebt den schwarzen Peter der Gemeinde zu: In den Beratungsgesprächen hätten die Baulinien zunächst keine Rolle gespielt, daher sei man davon ausgegangen, dass ein Vorbescheid nicht nötig sei. Er bezweifelt, dass die Argumentation der Gemeinde haltbar ist und beruft sich auf die entsprechende Beurteilung eines Fachanwaltes, der dem Gebiet eine ungeregelte Bebauung bescheinigt, aus der man keinerlei Baulinien ableiten könne.

Im Bauamt wiederum erklärt man, dass man sehr wohl von Anfang an auf die Probleme mit der dichten Bebauung und der Baulinien auf dem Grundstück hingewiesen habe, dies sei aber wohl entweder nicht an die Verantwortlichen weitergegeben oder nicht beachtet worden. Mayerthaler hat eine klare Empfehlung für die potenziellen Bauherren: sie sollten vom Kauf zurücktreten.

Danach sieht es indes derzeit nicht aus. Die Eigentümer der Parzellen haben laut Mayerthaler bereits angekündigt, die Baugenehmigung notfalls vor dem Verwaltungsgericht einklagen zu wollen. Die Erfolgsaussichten dafür schätzt er aber als eher gering ein. Das Gericht habe in der Vergangenheit in ähnlichen Fällen ähnlich argumentiert, wie die Gemeinde jetzt.

© SZ vom 05.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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