Reitsbergerhof in Vaterstetten:Langsam legal

Lesezeit: 3 min

In der Gaststätte Landlust auf dem Hof von Bürgermeister Georg Reitsberger wurde viel verändert und umgebaut. Genehmigungen gab es dafür nicht. Die hat das zuständige Gremium jetzt nachträglich erteilt.

Von Wieland Bögel, Vaterstetten

Improvisation ist wichtig in der Gastronomie, das gilt offenbar nicht nur für kurzfristige kulinarische Sonderwünsche. Auch beim Umbau der Räumlichkeiten geht es manchmal schneller als erlaubt. So geschehen über viele Jahre in der beliebten Gaststätte Landlust auf dem Hof von Bürgermeister Georg Reitsberger.

Dort wurde seit den 1990er Jahren so einiges geändert, erweitert und umgenutzt, ohne je eine Baugenehmigung dafür zu beantragen. Die meisten dieser Umbauten hat der zuständige Ausschuss des Gemeinderates nun nachträglich genehmigt, beim Brandschutz muss allerdings noch nachgebessert werden.

Dass auf dem Reitsbergerhof so einiges ohne Wissen der zuständigen Behörden und ohne Genehmigung gebaut wurde, war in der Gemeinde und wohl auch im Rathaus lange bekannt. Dies bestätigte Zweiter Bürgermeister Martin Wagner (CSU) nun auch in der Sitzung des Bauausschusses. Man habe im Bauamt "eine Akte, die über Jahre zurückreicht".

Die Bauverwaltung habe auch regelmäßig bei den Hofeigentümern entsprechende Schritte angemahnt, wie etwa sich endlich die Umbauten zu genehmigen lassen. Leider, so Wagner weiter, sei seitens der Eigentümer "nie etwas passiert". Wagner räumte aber auch ein, dass das Bauamt "nicht eingreifen wollte mit ganzer Härte" und über die Jahre wohl mehr als ein Auge zugedrückt hatte: "Eine gut funktionierende Einrichtung will man ja nicht tot machen."

Ein echtes Problem wurde dies allerdings nach der Wahl des Hofherren zum neuen Bürgermeister der Großgemeinde. Wohl auch, um sich nicht dem Verdacht auszusetzen, den Bürgermeister besonders zu schonen, gab es im Herbst vorvergangenen Jahres eine umfangreiche Begehung des Hofes.

Dabei wurden die zahlreichen ungenehmigten Nutzungen auf dem Hof erneut offiziell festgestellt. Unter anderem fanden die Kontrolleure einige Mängel beim Brandschutz, was im vergangenen Herbst fast das Ende für eine Traditionsveranstaltung bedeutet hätte.

Dem seit 25 Jahren auf dem Reitsbergerhof abgehaltenen Wollmarkt wurde zunächst die Genehmigung verweigert. Denn die Hallen, wo der Markt immer stattgefunden hatte, waren nicht als Veranstaltungsorte zugelassen. Erst als Reitsberger die Hallen nachrüsten ließ, etwa durch zusätzliche Notausgänge und einen neuen Blitzableiter, konnte der Markt stattfinden.

Weitgehend undramatisch verhielt es sich mit den übrigen nicht genehmigten Nutzungen, einige davon wurden bereits in einer früheren Sitzung des Bauausschusses legalisiert. Denn grundsätzlich sind die allermeisten der vorgenommenen Umbauten genehmigungsfähig, was bedeutet, sie müssten auch genehmigt werden - wenn denn ein entsprechender Antrag vorliegt.

In der jüngsten Sitzung war nun die Gaststätte Landlust an der Reihe, und dort hat sich seit den 1990er Jahren viel getan. Unter anderem wurde die Küche erweitert, aus einem Lagerraum wurde eine weitere Gaststube, ein anderer wurde zum Behinderten-WC samt Baby-Wickelraum umgebaut. Wo laut Baugenehmigung von 1994 ein "Schulungsraum" sein sollte, befindet sich heute ein Gymnastikraum, den die Volkshochschule nutzt, das ehemalige Stuhlmagazin im ersten Stock ist heute eine Wohnung.

Alle diese Nutzungen seien möglich, erklärte Bauamtsleiterin Brigitte Littke. Denn das Gebiet, in welchem der Hof liegt, gelte baurechtlich als "Gemengelage", wo sich sowohl Gewerbe, Wohnhäuser, Landwirtschaft und Freizeiteinrichtungen befinden. Lediglich beim Brandschutz müssten die Besitzer noch etwas nachbessern. So fehlten selbstschließende Sicherheitstüren im Treppenhaus, und die Fluchtwege im Obergeschoss seien ungenügend.

Diese Mängel sollten baldigst beseitigt werden, mahnte Littke an, "wenn das unterbleibt, wird man eine Nutzungsuntersagung aussprechen müssen." Eine konkrete Frist nannte Littke allerdings nicht, und Wagner machte keinen Hehl daraus, dass es ihm lieber wäre, wenn das Rathaus nicht einschreiten müsste: "Dann sind wir wieder die Bösen", meinte er in Anspielung um die Kontroverse um den Wollmarkt, als der Vorwurf der Schikane laut wurde.

Diesen gab es in der aktuellen Sitzung zwar nicht zu hören, wohl aber den der Untätigkeit. AfD/FBU-Gemeinderat Manfred Schmidt rügte die Verwaltung, dass nicht eher etwas passiert sei: "Man hätte es längst in Ordnung bringen können, jetzt kommt das scheibchenweise. Wenn Sie immer so schnell arbeiten, dann ist das ein Armutszeugnis."

Schmidt begrüßte aber ausdrücklich, dass jetzt "die normative Kraft des Faktischen" anerkannt werde und "ein Kristallisationspunkt in der Gemeinde" erhalten bleiben könne. Zumindest dies sahen die übrigen Ausschussmitglieder genauso, die beantragten Änderungen in der Landlust wurden ohne Gegenstimmen beschlossen.

© SZ vom 22.01.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: