Vaterstetten:Haus und Hof

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Dieses Grundstück in Baldham-Dorf wollen die Eigentümer bebauen, dürfen aber nicht, weil dazu erst der Bebauungsplan geändert werden muss. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Seit mehr als fünf Jahren will eine Baldhamer Familie ihr Grundstück mitten im Ort bebauen. Vaterstettens Bürgermeister Georg Reitsberger würde das gerne erlauben, doch er darf nicht

Von Wieland Bögel, Vaterstetten

Die Zeiten, in denen der älteste Bruder den elterlichen Hof übernahm und alle anderen Geschwister leer ausgingen, sind zum Glück vorbei. Die Aufteilung eines landwirtschaftlichen Erbes ist aber auch heutzutage nicht ganz einfach, schließlich haben die "Nachgeborenen" oder "weichenden Erben" einen Anspruch auf Kompensation. Eine solche Situation ist auch der Hintergrund für einen schon länger bei der Gemeinde vorliegenden Antrag auf Bebauung eines Baldhamer Grundstücks. Dem hatte sich nun Vaterstettens Bürgermeister Georg Reitsberger (FW) persönlich angenommen - der Bauausschuss machte ihm nun aber mit Verweis auf die Rechtslage einen Strich durch die Rechnung.

Konkret geht es um ein Grundstück mitten in Baldham Dorf in der Nähe der Kirche, das im Bebauungsplan als Grünfläche festgelegt ist. Diesen Bebauungsplan solle man ändern oder ganz aufheben, so nun der im Ausschuss vorgelegte Antrag der Verwaltung. Der explizit Bezug nimmt auf den Rathauschef: "Der Bürgermeister befürwortet die Überplanung mit Blick auf die Schaffung von familiärem Wohnraum", heißt es in der Beschlussvorlage.

Was es damit genau auf sich hat, erläuterte Reitsberger. Es gehe um "die Erben eines Hofes, die ein Stück Land bekommen haben." Eben das fragliche Grundstück in Baldham. Da dessen neue Eigentümer nicht den Hof übernehmen, aber in Baldham bleiben wollen, hätten sie bereits 2011 beantragt, auf dem Grundstück zwei Häuser mit insgesamt sechs Wohneinheiten errichten zu dürfen. Was für den Bürgermeister auch kein Problem ist, so sei das zentral gelegene Grundstück "voll erschlossen, es hat keinen ökologischen Wert und es führt auch nicht zu einer Ausfransung des Ortes". Zudem stehe bald die Hofübergabe an, da bräuchte es Sicherheit darüber, "was den Kindern übergeben wird".

Folgen mochte ihm der Ausschuss damit jedoch nicht. Sowohl Manfred Schmidt (FBU/AfD), als auch Vaterstettens Zweiter Bürgermeister Martin Wagner (CSU), die sonst eher selten einer Meinung sind, kritisierten das Vorhaben massiv. Für Schmidt handelt es sich weniger um ein benötigtes Wohnprojekt, als um Profitmaximierung, er bemühte wie in ähnlichen Fällen seine Formulierung vom "leistungslosen Vermögenszuwachs". Wagner warnte vor rechtlichen Schwierigkeiten. Würde man den Bebauungsplan wegen eines einzigen Antragstellers ändern, könne man der Gemeinde einseitige Bevorzugung vorwerfen.

Diese Bedenken äußerten auch Maria Wirnitzer (SPD) und Friederike Michael (Grüne). Es sei nachvollziehbar, wenn die jetzige Situation für die Eigentümer ärgerlich sei, so Michael, dennoch sehe sie keine Möglichkeit, den Bebauungsplan aufzuheben. Wirnitzer kritisierte außerdem, dass der Bürgermeister offenbar den Antragstellern bereits signalisiert habe, dass eine Bebauung des Grundstückes möglich ist.

In der Sache gab es aber auch Zustimmung für den Antrag - nur eben nicht in der Form, wie er vorgelegt wurde. Christl Mitterer (CSU), sagte, dies sei so eine Abstimmung "da geht man am liebsten zum Bieseln raus" - die kommunalpolitische Form einer Stimmenthaltung. Sie verstehe das Anliegen der Eigentümer, könne aber auch die rechtlichen Bedenken nachvollziehen: "Ich tue mir unglaublich schwer eine Entscheidung zu treffen, vielleicht gibt es einen anderen Weg." Auch für ihren Fraktionskollegen Stefan Huber sind "noch viele Hausaufgaben zu machen". Dritter Bürgermeister Günter Lenz (SPD) stellte dazu die Frage, ob es denn grundsätzlich eine rechtskonforme Möglichkeit gebe, das Areal zu bebauen.

Dies gehe schon, so Bauamtsleiterin Brigitte Littke, allerdings müsste der Ausschuss dazu einen städtebaulichen Grund formulieren, etwa die Schaffung dringend benötigten Wohnraums in der Gemeinde. "Wohnungen gibt es genug, wir brauchen bezahlbaren Wohnraum", meinte Manfred Schmidt und regte an, dem Eigentümer zur Auflage zu machen, einen Teil des Grundstückes oder einige der Wohnungen für soziale Zwecke der Gemeinde zu überlassen. Einen Beschluss fällte der Ausschuss nicht, auf Antrag von Josef Schmid (CSU) wurde der Punkt abgesetzt, bis das Bauamt die offenen Fragen geprüft hat.

© SZ vom 20.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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