Vaterstetten:Groß und hässlich

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Die neuen Verteilerkästen für Breitband-Internet sollen schnellere Verbindung ins Netz ermöglichen, sie sind aber deutlich größer als ihre Vorgänger. (Foto: Christian Endt)

In Vaterstetten und Ebersberg gibt es Ärger um den Internet-Ausbau. Manche Bürger sind wegen der neuen großen Verteilerkästen vor ihren Gärten verstimmt - andere wollen der Telekom keine Grundstücke dafür verkaufen

Von Wieland Bögel und Anselm Schindler, Vaterstetten

Im Fantasy-Roman "Chroniken von Narnia" wird ein Kleiderschrank zum Tor in eine fantastische Zauberwelt. Auch in Vaterstetten eröffnen künftig schrankgroße Kästen den Zugang in eine fantastische Welt - jene des Internet. Derzeit ist die Telekom in der Gemeinde damit beschäftigt, Breitbandverbindungen zu verlegen. Dazu sind auch neue Verteilerkästen nötig, diese sind aber nicht nur leistungsfähiger, sondern auch deutlich größer als ihre Vorgänger. Die Begeisterung über diesen Fortschritt hält sich daher bei einigen Vaterstettenern sehr in Grenzen - jenen, vor dessen Garten ein neuer Verteilerkasten aufgestellt wird.

Einer von ihnen ist Walter Brandl, vor seinem Zaun steht seit Kurzem einer der neuen Verteilerkästen. Was ihn daran besonders ärgert, ist neben der Höhe des Objekts - immerhin 1,7 Meter - vor allem die Tatsache, dass man ihn als Anlieger nicht informiert geschweige denn in die Planung einbezogen habe. Darum hat er sich bei der Gemeinde beschwert, doch dort hätte man ihm lediglich mitgeteilt, dass die Auswahl der Standorte ganz alleine Sache der Telekom sei. Als er sich aber auch bei der Telekom beschwerte, erhielt er von dort die genau gegenteilige Aussage, ärgert sich Brandl: Der Kommunikationskonzern habe nämlich erklärt, die Auswahl der Standorte für die Verteilerkästen treffe die Gemeinde.

Tatsächlich seien beide Aussagen in gewisser Weise richtig, sagt Vaterstettens Wirtschaftsförderer Georg Kast. Grundsätzlich dürfe die Telekom ohne Genehmigung ihre Verteilerkästen überall aufstellen, sofern sie über das Grundstück verfügt. Denn derartige Kommunikationseinrichtungen dienten der Grundversorgung und genössen daher besondere Privilegien. Gleichzeitig sei aber auch die Gemeinde an der Standortsuche beteiligt, diese schlage dem Kommunikationskonzern geeignete Plätze für die neuen Verteiler vor. Letztlich würden die Kästen dann dort aufgestellt, wo es "strategisch am günstigsten" sei, wo sie also das Netz gut versorgen könnten und gut erreichbar seien. Denn schließlich müssten die Anlagen auch regelmäßig gewartet werden, "da kann man es nicht im Boden vergraben."

Dass die neuen, großen Verteilerkästen nicht unbedingt eine Augenweide sind, mag Kast gar nicht abstreiten. Aber "irgendeinen Tod muss man immer sterben", und es gebe die Nachfrage nach schnellen Internetverbindungen, dafür müsste neue Infrastruktur aufgestellt werden. "Wir suchen dafür auch nach möglichst neutralen Standorten", versichert Kast, aber manchmal gelinge das eben nicht - was er aus eigener Erfahrung bestätigen kann: "Ich habe selber so ein Ding vor der Haustür."

In Ebersberg gibt es ebenfalls Konflikte um die Kabelverzweiger-Kästen, die hier sogar den Breitbandausbau verzögern könnten. Denn einige Bürger, bei denen die Telekom um Grundstücke nachgefragt hatte, wollten diese nicht für die Kästen bereitstellen. Auch wenn es sich dabei oft nur um wenige Quadratmeter handele, erklärt Josef Ledermann, der die Stadt beim Breitbandausbau berät. Zumindest sei eine entsprechende Klage von der Telekom an ihn herangetragen worden. Und die Bürger, die zum Verkauf ihres Grundstücks grundsätzlich bereit seien, verlangten dafür unverhältnismäßig hohe Summen, moniere die Telekom, so Ledermann.

Kritik gibt es in Ebersberg aber auch an der Telekom. So warf Stadtrat Martin Schechner (CSU) kürzlich im Finanzausschuss dem Konzern vor, mit seinen Kaufgesuchen viel zu spät auf die Bürger zugegangen zu sein. Genau gesagt erst rund einen Monat, bevor es mit dem Breitbandausbau im Süden Ebersbergs weitergehen sollte. Zudem seien die Fachleute oft schlecht über die tatsächlichen Gegebenheiten in Ebersberg informiert, weil sie mit den vielen Aufträgen schlichtweg überfordert wären.

© SZ vom 12.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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