Vaterstetten:Gnade vor Recht

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Im April begutachten die Landtagsabgeordneten Benno Zierl und Martin Huber das Haus am Neufarner Berg. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Der Vaterstettener Bauausschuss billigt den Wiederaufbau eines bereits abgerissenen Hauses am Neufarner Berg. Damit setzt sich die Gemeinde über geltendes Recht hinweg - mit ausdrücklicher Unterstützung des Landtags

Von Wieland Bögel, Vaterstetten

Die Ruine am Neufarner Berg darf wieder ein Haus werden. Das beschloss nun der Vaterstettener Bauausschuss. Noch im vergangenen Jahr hatte die Gemeinde einen Wiederaufbau des alten Wasenmeisterhauses strikt abgelehnt, da das Grundstück im Außenbereich liegt, wo eigentlich keine Wohngebäude zulässig sind. Nun beruft sich das Bauamt auf eine Empfehlung des Petitionsausschusses des Landtages, der eine Ausnahme empfohlen hatte, unter der Voraussetzung, dass das Haus nach historischen Plänen wieder aufgebaut wird.

Seit gut einem Jahr hat die Großgemeinde etwas gemeinsam mit Rom oder Athen, zumindest ein bisschen: die Ruine einer historischen Stätte. Denn seit dem Frühsommer 2014 stehen von dem alten Wasenmeisterhaus am Neufarner Berg nur noch ein paar Wände. Schuld daran sind aber nicht plündernde Barbaren oder der gnadenlose Zahn der Zeit sondern die Eigentümerin selbst. Sie schoss bei der Sanierung weit über das Ziel hinaus, letztlich blieben nur Reste zweier Außenwände außerdem wurde ein nie genehmigter Keller angelegt. Die Verstöße waren so groß, dass das gemeindliche Bauamt den kompletten Abriss des Häuschens anordnete. Denn dieses war nur geduldet und da es durch den teilweisen Abriss nach Meinung der Gemeinde längst nicht mehr existierte, war mit der exzessiven Sanierung die Duldung erloschen. Ein Neu- oder Wiederaufbau kam für die Gemeinde zunächst nicht in Frage, denn laut Gesetz dürfen außerhalb von Ortschaften, wie etwa am Neufarner Berg, lediglich landwirtschaftliche Gebäude errichtet werden.

Die Eigentümerin des Häuschens, beziehungsweise von dessen Resten, wollte sich damit allerdings nicht abfinden und wandte sich an den Petitionsausschuss des Bayerischen Landtages. Für diesen begutachteten bei einem Ortstermin im April die beiden Abgeordneten Benno Zierl (FW) und Martin Huber (CSU) die Ruine. Ihnen und ebenfalls anwesenden Vertretern der Gemeinde und der bayerischen obersten Baubehörde schilderte die Eigentümerin, wie es zu dem Teilabriss gekommen war. Diesen habe sie, genau wie die begonnene Unterkellerung des Anwesens, nie gewollt. Doch ein von ihr beauftragter Fachmann habe unter Verweis auf angebliche statische Probleme den Abbruch der Wände veranlasst, dass damit die Duldung für das gesamte Anwesen verfällt, will die Eigentümerin nicht gewusst haben.

Seitens der Gemeinde zeigte man zwar Verständnis für die Situation der Hausbesitzerin, verwies aber gleichzeitig auf die Rechtslage. Demnach sei es völlig unmöglich, das Haus legal wieder aufzubauen, da dies das Baurecht eindeutig verbiete. Auch bei der Obersten Baubehörde sah man keine Möglichkeit, empfahl der Eigentümerin aber ihren Experten zivilrechtlich zur Verantwortung zu ziehen. Wenn in dem Verfahren dessen Schuld eindeutig belegt sei, könne man eventuell über die Genehmigung für einen Neubau erneut beraten. Schließlich fanden die Landtagsabgeordneten und Gemeindevertreter doch noch einen Kompromiss. Obwohl das 1907 errichtete Haus eigentlich kein Baudenkmal und auch nicht ortsbildprägend sei, könne man der Eigentümerin gestatten, es originalgetreu zu restaurieren.

Mit diesem Vorschlag gingen Zierl und Huber in den Petitionsausschuss, der im Mai über den Fall des Wasenmeisterhauses beriet. Mit dem Ergebnis, dass man der Gemeinde empfahl, eine Baugenehmigung zu erteilen und zur Auflage macht, dass die Fassade des Häuschens im Originalzustand wieder herzustellen ist. Dass dies nicht im Einklang mit der Rechtslage ist, war aber wohl auch den Mitgliedern des Ausschusses klar. Denn sie fügten der Empfehlung an die Gemeinde eine Aufforderung an die Regierung von Oberbayern hinzu, von einer Rüge abzusehen. Eine solche müsste die Regierung streng genommen der Gemeinde Vaterstetten erteilen, sollte sie eine Baugenehmigung für das Haus am Neufarner Berg ausstellen.

Im Bauausschuss war dies allerdings kein Thema, lediglich Grüne und FDP stimmten gegen die Erteilung der Baugenehmigung. "So leid es uns tut", meinte Stefan Ruoff (Grüne), "dafür gibt es keine Rechtsgrundlage."

© SZ vom 03.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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