Vaterstetten:Gemischtes Steinway-Doppel

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Zwei Pianisten, zwei Flügel, ein Erlebnis: Aglika Genova und Liuben Dimitrov beim Vaterstettener Rathauskonzert. (Foto: Christian Endt)

In "Genova & Dimitrov" präsentiert sich beim Vaterstettener Rathauskonzert eines der besten Klavierduos der Gegenwart

Von Claus Regnault, Vaterstetten

Es war, als würden die beiden Steinway-Flügel im Neukeferloher Bürgersaal in innerer Erregung der tastenden Behandlung entgegenfiebern. Vielleicht hatten sie schon erfahren, dass man sie mit einem Duo von höchstem Rang konfrontieren würde. Und als Genova & Dimitrov dann tatsächlich in die Tasten griffen, fühlte man sich an die Klavierkunst des legendären Pianistenpaars Uriarte/Mongrovius erinnert. Die große Würdigung von Aglika Genova und Liuben Dimitrov, zweier in Bulgarien geborener Pianisten griechischer Abstammung, im Programmheft bestätigte sich an diesem Vaterstettener Rathauskonzertabend jedenfalls voll.

Schon die Zusammenstellung des Programms war jenseits aller Üblichkeit geglückt: Ein später Debussy, gefolgt von Saint-Saens, Arensky, Prokofieff und Lutoslawski ergaben eines jener seltenen Programme, die durch die Begegnung mit ungewöhnlichen Stücken die musikalische Entwicklung des Hörers fördern.

Debussys "En blanc et noir" ist eine der letzten Kompositionen des schon todkranken Komponisten, geschaffen 1915 unter dem Eindruck des Weltkriegs, dreiteilig, wobei besonders das ausgedehnte Mittelstück eine geradezu tonmalerische Wiedergabe des Schlachtenlärms evoziert, in welcher die Deutschen durch das Zitat von "Eine feste Burg ist unser Gott" und Desbussys Landsleute durch eine Andeutung der Marseillaise musikalisch verkörpert werden. Ohne Zweifel das gewichtigste Stück des Abends!

Eine Entdeckung auch die bedeutenden "Variationen über ein Thema von Beethoven opus 35" von Camille Saint-Saens. Dieser um die Wende vom 19. zum 20.Jahrhundert sehr beliebte Komponist, ein Könner in allen Disziplinen der Musik, insbesondere des Kontrapunkts, scheint neuerdings eine durchaus gerechtfertigte Renaissance zu erleben. Das Variationenwerk hat sich als Thema das Trio des Menuetts aus Beethovens Klaviersonate Es-Dur opus 31/3 zugrunde gelegt. In acht Variationen mit Fuge und Presto-Finale entfaltet es die meisterliche Kunst dieses Komponisten, von Genova & Dimitrov ebenso meisterlich, technisch wie ausdrucksstark, verwirklicht.

Die zweite Begegnung mit einem nahezu Vergessenen war die Suite Nr. 2 opus 23 "Silhouetten" von Anton Arensky, einer jener "Zwischenfiguren" der Musikgeschichte, die den höchsten Rang nicht erreichen, aber den Fortgang der Musikgeschichte befördern. So war Arensky nicht nur der Klavierlehrer von Rachmaninow und Skriabin, er hat auch die klangsatte Kunst seines Lehrers Rimski-Korsakow diesen ebenso vermittelt wie seine vormoderne Geistigkeit. Die Suite weist daher eine fast ironische Distanz zu den Charakterbildern ("La Coquette", "Pulcinella" "Der Träumer") auf. Die Interpretation dieser Suite durch das Duo war brillant und sehr temperamentvoll, ließ Arensky auch als den versierten Pianisten, der er war, wiedererstehen. Bezaubernd auch die Cinderella-Suite von Serge Prokofieff, die den melodischen Einfallsreichtum des Komponisten in der Nähe zu seiner berühmteren "Romeo und Julia-Musik" erkennen lässt.

Aber die Krönung der virtuosen und ironisch geschärften Klavierkunst des Duos - deshalb auch die Reminiszenz an die gleichfalls unvergessliche Interpretation von Uriarte/Mongrovius - waren die "Variationen über ein Thema von Paganini" von Witold Lutoslawski, schlechthin überwältigend in ihrer Brillanz von den zwei Protagonisten interpretiert. Man hatte den Eindruck, die beiden Flügel fühlten sich endlich ganz im Element ihrer Möglichkeiten. Enormer Beifall hatte zwei Zugaben zur Folge: eine witzige Polka von Schostakowitsch und "Die Halle des Bergkönigs" von Grieg.

© SZ vom 25.03.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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