Vaterstetten:Faszinierende Hände

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Ausgezeichnete Musikerin und Moderatorin: Harfenistin Silke Aichhorn beim Soloabend in Vaterstetten. (Foto: Christian Endt)

Harfenistin Silke Aichhorn beim Vaterstettner Rathauskonzert

Von Peter Kees, Vaterstetten

Engel sollen sie spielen, aus hochromantischer Orchestermusik ist sie kaum wegzudenken und sie ist eines der ältesten Instrumente: die Harfe. Ihr gewidmet war das jüngste Vaterstettener Rathauskonzert. Im Saal des Seniorenwohnparks trat die in Traunstein lebende Harfenistin Silke Aichhorn mit einem Soloabend auf, der unter dem Titel "Russischer Harfenzauber" stand.

Silke Aichhorn ist eine der gefragtesten Harfenistinnen der Gegenwart, ob als Solistin oder Kammermusikerin. Sie ist mehrfache Preisträgerin internationaler Wettbewerbe, musiziert mit namhaften Orchestern, Dirigenten und Solisten. Die Öffentlichkeit feiert sie. Ganz zu recht, wie man in ihrem Rezital hören konnte. Aichhorns Leidenschaft für das Instrument ist unüberhörbar; aber auch ihre Virtuosität und Musikalität. Einfühlsam, berührend, mit großem Klangspektrum und breiter Dynamik lässt sie ihr Publikum aufhorchen.

Der Abend begann mit einem Impromptu in As-Dur des Russen Reinhold Glière (1875 bis 1956), der als einer der meist geehrten sowjetischen Tonsetzer gilt. Sein Œuvre erstreckt sich über Oper, Ballett, Symphonik, Filmmusik, Solokonzerte bis hin zur Kammermusik. Weitaus geläufiger aber war der zweite Name des Abends: Peter Tschaikowsky. Aichhorn spielte "Passé lointain" op. 72 Nr. 17 und den Blumenwalzer aus der "Nussknacker-Suite", keine Originalwerke für Harfe, sondern Bearbeitungen. Dass die Harfe als Soloinstrument für transkribierte Orchestermusik bestens geeignet ist, zeigte sich auch, als Aichhorn Smetanas "Moldau" zum Besten gab.

Nun ist Aichhorn nicht nur eine ausgezeichnete Musikerin mit faszinierenden Händen, sondern auch eine wunderbare Moderatorin, erzählte sie doch in fast familiären Ton etwas über ihr Instrument und die Musik. Warum ein russischer Abend? Nun, dort hatte die Harfe im 19. Jahrhundert große Bedeutung. Ihr Siegeszug war dem deutschen Harfenbauer Johann Hochbrucker zu verdanken. Er entwickelte um 1720 die erste Harfe mit Pedalmechanik. Da er auch in Sankt Petersburg lebte, war die Pedalharfe aus den russischen Salons bald nicht mehr wegzudenken.

Für Harfe hat auch Michail Glinka geschrieben, allerdings, weil er verliebt war in eine Spilerin. Aichhorn interpretierte seine "Variationen über ein Thema von Mozart", dem "Don Giovanni" entnommen, sowie eine träumerische Nocturne. Dann ein Sprung, es ging nach Frankreich. Auch dort war die Harfe im 19. Jahrhundert groß in Mode. Mehr als 200 Harfenbauer soll es damals in Paris gegeben haben. Heute, so Aichhorn, gebe es noch drei. Auf dem Programm standen "La Danse du moujik" und "Berceuse russe" des französischen Harfenvirtuosen Marcel Tournier (1879 bis 1951), beides impressionistische Stücke. Wild tanzte hier der russische Bauer und zart spielte Aichhorn das einer russischen Prinzessin gewidmete Schlaflied - indirekt blieb man also doch beim Thema.

Zum Abschluss ging's nochmal richtig hinein in die russische Seele - mit einer Fantasie über ein Thema aus Tschaikowskys Oper "Eugen Onegin", von der Harfenpionierin Ekaterina A. Walter-Kühne (1870 bis 1930) gesetzt. Dass auf der Harfe Glissandi nicht ausbleiben können, war nicht nur hier zu hören. Und weil's so gut gefiel, gab's noch Zugaben: eine Mozart-Interpretation des Türken Fazıl Say und ein Stück aus Irland.

© SZ vom 22.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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