Vaterstetten:Es muss etwas geschehen

Kunden wie Geschäftsleute sind sich einig, dass es im Rossini-Zentrum nicht weitergehen kann, wie bisher

Von Matthias Reinelt, Vaterstetten

Ein Blick in den Innenhof genügt, um zu erkennen, wie es um das Rossini-Zentrum bestellt ist. Nämlich denkbar schlecht. Kaum noch jemand verirrt sich an diesen ganz in grau gehaltenen Ort. Der Großteil der Geschäftsräume steht leer. Der in den 1970er Jahren als Nahversorgungszentrum geplante Flachbau verfehlt schon seit längerem seine Aufgabe, nämlich die Menschen zu versorgen. Einen Supermarkt für den Einkauf von Lebensmitteln sucht man vergeblich. Kaum etwas deutet noch darauf hin, dass hier einmal tagtäglich viele Menschen ihre Einkäufe erledigten, zu Mittag aßen oder im Freien ihren Nachmittagskaffee genossen. Einige Schüler sitzen nach dem Mittagessen noch im Café zusammen und spielen Karten. Vereinzelte, ältere Herrschaften holen sich wie jeden Tag ihre Zeitung aus dem Schreibwarenladen.

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(Foto: Photographie Peter Hinz-Rosin)

Bettina Aschenbrenner wäre auch nicht glücklich über einen Abriss des Gebäudes. Sie kommt oft vorbei, um ihre Tochter aus dem nahegelegenen Kindergarten abzuholen, das Zentrum liegt auf dem Weg dorthin. Praktisch, um sich etwas vom Bäcker zu holen. Genauso wie der Supermarkt, den es einmal gegeben hat. "Aber wenn sich nichts hält, kann man nichts machen", sagt sie.

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(Foto: Photographie Peter Hinz-Rosin)

Christa Lanzl wohnt schon seit 40 Jahren in Baldham, sie sei damals unter anderem auch hierher gezogen, "weil es hier alles gab". Ganz im Gegensatz zur jetzigen Situation, wie sie findet: "Es ist schlimm, es gibt fast gar nichts mehr!" Wenigstens noch den Schreibwarenladen, den sie für einen erhaltenswerten Teil des Zentrums hält. "Da bekommt man alles, was man braucht, von Briefmarken über Zeitschriften bis hin zu Lotto. Manche Schüler holen sich noch vor Unterrichtsbeginn ihre Schulhefte." Ein Abriss wäre eine Katastrophe, allerdings müsse dringend etwas getan werden, sagt sie, denn "der Bau ist alt und greislig".

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(Foto: Photographie Peter Hinz-Rosin)

Auch für Cornelia Löntz, seit zehn Jahren Geschäftsführerin des Schreibwarengeschäftes Papeterie Löntz, wäre ein Abriss "ungünstig, denn der Zulauf ist da". Für die junge Frau gehe es dann auch um die Existenz, gerade in einer möglichen Übergangszeit, wenn das Rossini-Zentrum tatsächlich dem Erdboden gleich gemacht werden sollte, sagt Löntz. Denn in den möglicherweise zwei Jahren - soviel Zeit könnte ein Abriss und Neubau in Anspruch nehmen - würde ihr wahrscheinlich der Kundenstamm, den sie über Jahre aufgebaut hat, wegbrechen, befürchtet sie. Auch wenn sie im neuen Einkaufszentrum wieder Räume bekommen könnte. Für einen Abriss ist sie also nicht, sie plädiert für eine schnellere Lösung. "Optisch muss auf jeden Fall etwas gemacht werden". So könne man Teile des Zentrums sanieren, umbauen oder zumindest modernisieren, um es ansprechender zu gestalten. "Damit wäre allen mehr geholfen". "Bei uns läuft es gut, aber wie das hier aussieht, gefällt uns auch nicht", sagt Zekir Gülüm, Bruder des Geschäftsführers des Café Rossini. "Wir würden uns freuen, wenn es abgerissen würde". Jahrelang sei nichts gemacht worden, obwohl das Zentrum für die Umgebung wichtig ist. Besonders für die älteren Bewohner der Umgebung sei der weite Weg zum Baldhamer Ortszentrum mit seinen Einkaufsmöglichkeiten beschwerlich. Viele ältere Menschen und viele der Schüler würden die Betreiber mittlerweile persönlich kennen. "Sie sind schon fast wie Nachbarn für uns", sagt Gülüm. Es gehe darum, das Zentrum wieder in einen guten Zustand zu bringen. "Die Umgebung braucht so etwas", so Gülüm. Im Endeffekt sei es ihm egal, welche Maßnahmen ergriffen würden, nur eines ist sicher: Man muss etwas ändern.

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(Foto: Photographie Peter Hinz-Rosin)

Womöglich am härtesten könnte es die Schüler des gegenüberliegenden Gymnasiums treffen, sollten sie das Angebot des Rossini-Zentrums in Zukunft nicht mehr nutzen können. "Wir sind in jeder Pause und jeder Freistunde hier", berichten sie. Phillip Redl, Matteo Fontana, Maximilian Süß und Kevin Hart gehen in die elfte Klasse des nahe gelegenen Humboldt-Gymnasiums und sind sich einig. "Wir halten nichts von einem Abriss!" Ab der sechsten Klasse würden sich viele Schüler im Rossini-Zentrum treffen, um die Mittagspause oder Freistunde miteinander zu verbringen. Sie hoffen darauf, dass sich der Blick in den Innenhof des Gebäudes bald wieder lohnt.

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(Foto: Photographie Peter Hinz-Rosin)

Vera Letzas macht sich jeden Tag zu dem grauen Betongebäude auf, wie sie berichtet, um einen Kaffee zu trinken oder sich die Zeitung zu holen. Gefragt hatte sie sich, warum man das Gebäude gleich abreißen müsse. An die Optik habe sie sich in den vielen Jahren schon gewöhnt. Sie bemängelt allerdings das fehlende Angebot. "Es ist nicht vielfältig genug." Das müsse verbessert werden, ebenso wie man auf die älteren Leute in der Umgebung Rücksicht nehmen müsse.

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(Foto: Photographie Peter Hinz-Rosin)

Eines der Geschäfte, deren Tür noch nicht verschlossen ist, ist das von Nabil Akra. Er betreibt eine Textilreinigung, doch das Geschäft läuft auch bei ihm "nicht gut", wie er erzählt. Mit ein Grund sei auch, dass das Einkaufszentrum so weit vom neuen Baldhamer Zentrum entfernt sei. Die meisten seiner Kunden haben einen kurzen Weg, wohnen in der direkten Umgebung. "Die jungen Leute gehen in das neue, das richtige Einkaufszentrum in der Ortsmitte". Im Rossini-Zentrum gebe es "nichts Interessantes mehr", es sei kein Zentrum, "eher nur noch eine Ecke". "Fast wie auf einem Friedhof", fügt er noch an.

© SZ vom 19.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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