Vaterstetten:Erfolgreiche Beschwerde

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Ein Neubau, der das alte Häuschen ersetzen soll, kann in der gewünschten Form laut Regierung von Oberbayern nicht genehmigt werden. (Foto: Christian Endt)

Auf Betreiben von FBU-Gemeinderat Manfred Schmidt darf Vaterstetten zwei Baugenehmigungen nicht erteilen. Das hat die Regierung von Oberbayern als zuständige Aufsichtsbehörde entschieden. Nun wird die Frage vermutlich vor Gericht geklärt

Von Wieland Bögel, Vaterstetten

Die Großgemeinde darf zwei bereits vom Bauausschuss beschlossene Baugenehmigungen nicht erteilen. Zu diesem Schluss kommt nun die Regierung von Oberbayern als zuständige Aufsichtsbehörde. Die zugrunde liegenden Befreiungen vom Bebauungsplan seien nicht zulässig, so die Regierung. Eingeschaltet hatte diese der FBU/AfD-Gemeinderat Manfred Schmidt, der in der Sitzung gegen die Bauanträge gestimmt hatte.

Eigentlich hatte Schmidt sogar gegen mehrere Befreiungen von geltenden Bebauungsplänen Beschwerde eingereicht. Konkret ging es um ein Grundstück in Neufarn sowie drei in Baldham. Bei einem der Baldhamer Grundstücke auf dem ein Zweifamilienhaus entstehen soll, das die Baulinien überschreitet, sieht die Regierung keinerlei Bedenken. Es sei nicht zu erkennen, dass durch die Überschreitung der Baulinien die Grundzüge der Planung berührt seien, da sich aus dem alten Bebauungsplan aus dem Jahr 1961 "die Planungsvorstellungen des damaligen Planungsträgers . . . nicht feststellen" lassen.

In Neufarn sieht die Regierung dagegen durchaus Anhaltspunkte dafür, dass die erteilte Befreiung den Planungsgrundzügen zuwiderläuft. Hier hatte der Ausschuss dem Bauwerber gestattet, sein Haus außerhalb der vorgeschriebenen Baufenster zu errichten, da sich auf dem Grundstück eine Trafostation befindet, die andernfalls hätte versetzt werden müssen. Dies sei eine "nicht beabsichtigte Härte" des Plans, befand das Bauamt und empfahl dem Ausschuss, die Befreiung zu erteilen. Seitens der Regierung sieht man diese Auffassung zwar kritisch, hält eine Rücknahme der Baugenehmigung indes für nicht angebracht. Denn zwar werde "das planerische Konzept . . . nicht nur unwesentlich gestört", allerdings sei die Genehmigung bereits erteilt worden. Hier bewertet die Regierung den Vertrauensschutz für den Bauwerber höher als die Vorgaben des Plans und verweist auf die "mit Unsicherheiten behaftete Rechtslage", also ein mögliches Verfahren im Falle einer Rücknahme der Baugenehmigung.

Eine solche liegt aber für zwei weitere von Schmidt monierte Vorhaben in Baldham noch nicht vor, und nach Auffassung der Regierung darf es dazu auch nicht kommen. Auch hier im Iltis- und im Hasenweg geht es um die Überschreitungen der im Bebauungsplan vorgeschriebenen Grenzen. Für Bauamt und -ausschuss war dies unproblematisch, da es innerhalb des Gebietes zahlreiche Präzedenzfälle gibt. Diese sind in der Tat so häufig, dass man den Bebauungsplan im Rathaus mittlerweile für funktionslos hält. Würde man sich darauf berufen, könnte jeder Bauwerber mit Erfolg dagegen klagen. Auch das Landratsamt hat bereits vor einigen Jahrzehnten empfohlen, den Bebauungsplan aufzuheben, was der Bauausschuss inzwischen auch in die Wege geleitet hat. Für die Regierung ist dies indes kein Grund, die beiden Baugenehmigungen zu erteilen. Denn so lange der Bebauungsplan nicht aufgehoben sei, bleibe er gültig und Gemeinde wie Bauwerber müssten sich daran halten. Auch was die Präzedenzfälle angeht, folgt die Regierung nicht der Auffassung der Gemeinde. Es sei "keineswegs offensichtlich, dass der Bebauungsplan seine städtebauliche Ordnungskraft tatsächlich vollständig verloren hat". Die Erfolgsaussichten einer Klage dagegen, sind für die Regierung "entgegen der Auffassung der Gemeinde zumindest als offen zu bezeichnen".

Erwartungsgemäß unterschiedlich fallen die Reaktionen auf die Entscheidung der Regierung aus. Manfred Schmidt lobt, mit ihrer "erfreulichen Prüfungsentscheidung" habe die Aufsichtsbehörde "uns allen einiges ins Stammbuch geschrieben, dessen Beachtung wesentlich zur Versachlichung unserer gemeindlicher Baupolitik beitragen wird". Weniger erfreut ist man dagegen bei der Gemeinde, in einer offiziellen Erklärung aus dem Rathaus wird beklagt, man betrachte die Entscheidung der Regierung von Oberbayern als "einen Eingriff in die kommunale Planungshoheit". Besonders kritisiert wird, dass die Regierung entschieden habe "ohne dass ihr ausführliche Planungsunterlagen vorlagen". Außerdem verweist man darauf, dass man die Aufhebung der betreffenden Bebauungspläne wie vom Ausschuss beschlossen weiter betreiben werde.

Für die beiden Bauwerber bedeutet die Entscheidung der Regierung zunächst aber, dass sie keine Genehmigung bekommen werden. Denn natürlich "muss die Gemeinde der Entscheidung der Aufsichtsbehörde folgen", heißt es aus dem Rathaus. Man habe die Bauwerber auch bereits darüber informiert und ihnen die Optionen dargelegt. Diese sind nach Meinung der Gemeinde "umzuplanen, die Bauanträge zurückzuziehen und eine Aufhebung des Bebauungsplanes abzuwarten oder gegen einen Ablehnungsbescheid im Klagewege vorzugehen". Letzteres hält man im Rathaus offenbar für die wahrscheinlichste Option, die Antragsteller hätten bereits juristische Beratung eingeholt und würden ihre Genehmigungen wohl auch einklagen wollen. Eine Option der man im Rathaus offenbar nicht ganz abgeneigt ist, weil dann die Rechtslage endgültig geklärt würde.

© SZ vom 21.08.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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