Vaterstetten:Endspurt für Pfeifen

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Die neue Orgel der Petrikirche wird an die Empore angebaut, im Mai wird sie geweiht. Aber noch fehlt ein stattliches Sümmchen, um das Instrument aus einer Allgäuer Orgelwerkstatt zu finanzieren. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Mit einem geistlichen "Abpfiff" wird am Faschingssonntag die alte Orgel der evangelischen Petrikirche in den Ruhestand geschickt. Die Nachfolgerin braucht indes noch ein wenig weltlichen Beistand

Von Rita Baedeker, Vaterstetten

Damit kein Missverständnis aufkommt: Die Aufforderung der evangelischen Petri-Gemeinde Baldham, die Patenschaft für eine Pfeife zu übernehmen, ist nicht etwa ein Appell, sich fürsorglich der Ignoranten und Blindgänger in der Gesellschaft anzunehmen. Die (Orgel-)Pfeifen, um die es hier geht, sind von edlem Charakter, sie erfüllen mit ihrem Wohlklang Gotteshäuser und Herzen, erzeugen eine feierliche Stimmung, laden ein zu Einkehr und Gebet und erheben den Geist für eine Weile übers Weltgetriebe.

Zunächst aber steht ein Abschied ins Haus. Die alte Orgel aus den Fünfzigerjahren wird in den Ruhestand versetzt, bei einem geistlichen "Abpfiff" am Faschingssonntag im Gottesdienst mit faschingsgemäßer Predigt von Pfarrer Stephan Opitz. "Wir nehmen Abschied: Von unserer alten Orgel in Petri. Und wir werden sie nicht vermissen", sagt Opitz.

Das alte Instrument ist unrettbar kaputt

Schon während der Zeremonie sollen die ersten Pfeifen abgebaut werden, die Besucher erleben, wie die alte Orgel ihren "Geist" aufgibt. Die Pfeifen aus Zinn werden dann im Vaterstettener Gemeindesaal versteigert. "Es ist doch ein schöner Gedanke, wenn sich die Orgel auf diese Weise unter den Gemeindegliedern verstreut", sagt Opitz. Orgelpfeifen als Zimmerschmuck und Souvenir. Schöner kann das Dasein einer Orgel im Ruhestand nicht sein.

Seit 2014 steht fest, dass das Instrument nicht mehr saniert werden kann. Im Gutachten des Orgelsachverständigen ist von mangelhafter Ansprache der Pfeifen, von aufgerissenen Stimmschlitzen, verbogenen Pfeifenkörpern, massivem Schimmelpilzbefall und anderen schlimmen Schäden die Rede. Die "Memminger Orgel", so der Name der Gattung, stammt noch aus der Nachkriegszeit, "da wurden minderwertige Baustoffe genommen", berichtet Opitz. Außerdem habe sie beim Umzug von der Empore in den Altarraum der Petrikirche arg gelitten.

"Der Dolchstoß aber war die Elektroheizung unter den Kirchenbänken. Nachts wird die Heizung hochgefahren, nach dem Gottesdienst wieder abgeschaltet. Das hält keine Orgel lange aus." Ein Neubau war unvermeidlich. Ziel des Kirchenvorstands war es, bis zum Reformationsjubiläum in diesem Jahr eine neue Pfeifenorgel in das Gotteshaus einzubauen. Es gab eine Ausschreibung, man unternahm mehrere Fahrten, besichtigte Instrumente. "Beim Orgelbauer Josef Maier in Hergensweiler sind wir fündig geworden", erzählt Opitz. Das auserwählte Stück ist zwei-manualig und hat 13 Register. Ein kleines, aber feines Schmuckstück.

220 000 Euro kostet die Neuanschaffung

"Wir haben lange gerungen, wo die neue Orgel stehen soll", berichtet Opitz. Die alte Orgel, die früher einmal auf der Empore stand, ist seit einiger Zeit im Altarraum an der Wand, dicht am Fenster postiert. "Aber dieses Unglück wollen wir nicht fortsetzen", sagt der Pfarrer. "Zudem würde die neue Orgel dieses Fenster ganz verdecken, was schade wäre, weil es zum Charakter der Kirche gehört." Zusammen mit dem Orgelbauer, den Opitz als "begnadet" bezeichnet, wurde eine neue Idee entwickelt: Die Orgel wird wie in vielen Kirchen an die Empore gebaut. "Das ist zwar eine aufwendige Maßnahme, aber wir kriegen so den Altarraum leer", sagt Opitz.

Entscheidend für die Wahl einer Orgel ist aber natürlich der Klang. Weich und warm klinge sie, berichtet Opitz, "genau richtig zur Begleitung im Gottesdienst, aber auch um konzertant darauf zu spielen". Klar, dass solch ein Kleinod auch ein Vermögen kostet. 220 000 Euro sind aufzubringen. Mehr als 185 000 Euro konnte der Förderverein mit Hilfe eines Spendenmarathons und zahlreicher Veranstaltungen vom Spendendinner und Konzert bis zum Bücherflohmarkt und Pfarrer-Kabarett einnehmen. Zu den Förderern gehören auch die politischen Gemeinden Vaterstetten und Grasbrunn. Da es aber immer noch nicht ganz reicht - abzulesen am "Spendenbarometer" in der Kirche -, ist weltlicher Beistand willkommen, und sei es in Form einer Patenschaft für Pfeifen.

"Am Rosenmontag werden wir dann der Orgel zu Leibe rücken", sagt Opitz. Teile, die noch einen Wert haben, etwa Orgelmotor, Bank und einzelne Register aus Holz, werde der Orgelbauer mitnehmen und seinerseits versteigern. "Der Rest wandert auf den Wertstoffhof." Und dieses profane Ende einer Jahrzehnte währenden Karriere als Königin der Instrumente ist dann doch ein wenig traurig. Auch wenn keiner der alten Orgel eine Träne nachweint.

"Abpfiff" für die alte Orgel ist am Faschingssonntag, 26. Februar, 9.30 Uhr in der Baldhamer Petrikirche. Nach dem Gottesdienst können Pfeifen ersteigert werden. Am Freitag, 5. Mai, findet das dritte Spenden-Dinner für die neue Orgel statt. Am 21. Mai wird die neue Orgel geweiht. Wer eine Patenschaft für eine Pfeife übernehmen will, kann sich im Pfarramt unter Telefon (08106) 996 26 melden oder eine Email an die Adresse Pfarramt.Baldham@petrigemeinde.de senden.

© SZ vom 16.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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