Vaterstetten:Einschlafen am Steuer ist eine schwere Straftat

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Schlaf am Steuer ist gefährlich und vor Gericht eine Straftat. (Foto: Franz Xaver Fuchs)

Eingenickt oder nicht aufgepasst? Vor Gericht ist das ein entscheidendet Unterschied, wie eine 28 Jahre alte Autofahrerin nun erfahren muss.

Von Andreas Salch, Vaterstetten

War es Unachtsamkeit oder Sekundenschlaf? Eine Ingenieurin aus dem Landkreis Mühldorf nannte der Polizei Letzteres als Grund dafür, nachdem sie am 20. Mai vergangenen Jahres mit ihrem Auto am Autobahnkreuz München-Ost gegen eine Notrufsäule gefahren war. Mit dieser Erklärung manövrierte sich die 28-Jährige allerdings erst so richtig in den Schlamassel.

Denn Einschlafen am Steuer ist nicht nur eine Ordnungswidrigkeit oder ein bloßes Vergehen, sondern eine schwere Straftat. Das Amtsgericht Ebersberg hatte die Frau deshalb wegen fahrlässiger Gefährdung des Straßenverkehrs zu einer Geldstrafe in Höhe von 3150 Euro (45 Tagessätze a 70 Euro) sowie zwei Monaten Fahrverbot verurteilt.

Gegen dieses Urteil legte die Ingenieurin jetzt vor dem Landgericht München II Berufung ein. Ebenso die Staatsanwaltschaft. Das Kuriose an dem Unfall, bei dem niemand verletzt wurde und ein Sachschaden von rund 2500 Euro an der Notrufsäule entstand: Er passierte beim Anfahren. Die Ingenieurin war mit ihrem Auto langsam mehrere Meter über den Grünstreifen gerollt, ehe es krachte.

Die Autofahrerin widerspricht sich

"Ich frage mich, wie Sie beim Anfahren gegen die Säule fahren", beschied Richterin Sabine Klemt der Angeklagten. "Ja, ich war eben unachtsam", erwiderte diese. Doch daran hatte das Gericht so seine Zweifel. Als die Ingenieurin gegen 16.40 Uhr einen Notruf absetzte, hatte sie auf die Frage der Polizei, wie der Unfall passiert sei, ausdrücklich gesagt: "Ich bin im Stau eingeschlafen und gegen eine Notrufsäule gefahren."

In der Verhandlung vor dem Landgericht München II beharrte die 28-Jährige nun darauf, lediglich "unachtsam" gewesen zu sein. Als Richterin Klemt sie fragte, was sie sich dabei gedacht habe, der Polizei einfach zu sagen, sie sei eingeschlafen und deshalb gegen die Notrufsäule gefahren, antwortete die Angeklagte treuherzig: "Gar nichts" und fügte hinzu: "Besser eingeschlafen, als unachtsam."

Welche Konsequenzen es hat, zu sagen, man sei am Steuer eingeschlafen, habe sie sich nicht vorstellen können. Indes: Die beiden Streifenpolizistinnen, die den Unfall aufnahmen, hatten die 28-Jährige darauf aufmerksam gemacht, was es heißt, zuzugeben, man habe einen Unfall gebaut, weil man Steuer eingeschlafen ist. Auf das großzügige Angebot der Beamtinnen, sie später zu vernehmen, war die Ingenieurin aber nicht eingegangen.

Der Verteidiger der 28-Jährigen schlug vor, das Verfahren gegen eine Geldauflage einzustellen. Doch so schnell wollte das Gericht die Sache nicht beenden. Die "Einsicht" der Angeklagten aus dem Unfall soll nicht sein, "in Zukunft sage ich nicht mehr, ich bin eingeschlafen", wenn ein Unfall passiert ist, erklärte Richterin Klemt.

Als sie den Vertreter der Staatsanwalt fragte, ob für ihn eine Einstellung gegen Geldauflage in Frage komme, meinte dieser: "Die Geschichte, die uns aufgetischt wird, finde ich nicht plausibel." Den Tränen nahe, meinte die Ingenieurin schließlich: "Ich kann nimmer sagen, wie das passiert ist." Schließlich stimmten Staatsanwaltschaft und Gericht doch einer Einstellung des Verfahrens gegen Geldauflage zu. Sie beträgt 2000 Euro.

© SZ vom 08.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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