Vaterstetten:Dichter Wohnen auf dem Land

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Bald könnte die Ortschaft Hergolding auch als Wohngebiet interessant werden, ein Grundstücksbesitzer plant den Bau von bis zu 21 Wohneinheiten - die Nachbarn könnten nachziehen. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Dem kleinen Vaterstettener Ortsteil Hergolding steht ein Wachstumsschub bevor. Ein Grundstückseigentümer plant mitten im Dorf den Bau von fünf Reihenhäusern und 16 neuen Wohnungen. Bei der Gemeinde bewertet man dieses Vorhaben kritisch

Von Wieland Bögel, Vaterstetten

Immer mehr Häuser auf immer weniger Grund, das ist in der Großgemeinde keine neue Entwicklung. Doch mittlerweile scheint die sich auch in den dörflich geprägten Ortschaften fortzusetzen. In der kleinsten von ihnen könnte bald groß gebaut werden. Auf einem Anwesen in der Waldstraße in Hergolding sollen zwischen 20 und 30 Wohneinheiten entstehen. Zumindest als erster Schritt. Denkbar wäre nämlich, dass das gesamte Dorf in den nächsten Jahren deutlich größer werden könnte.

In einem kleinen Ort wie Hergolding machen Neuigkeiten, Gerüchte und Geschichten schnell die Runde. Die jüngste geht so: Der Besitzer einer Hofstelle in der Waldstraße will auf seinem Grundstück mehr als 30 Reihenhäuser bauen. Weil das mit dem aktuellen Bebauungsplan nicht möglich ist, habe er bereits bei seinen Nachbarn angefragt, ob man nicht gemeinsam bei der Gemeinde vorstellig werden wolle mit der Forderung, den Bebauungsplan zu ändern. Damit könnten alle Anlieger der Straße ein bisschen mehr bauen, etwa auch weitere Reihenhäuser.

Bei genauerem Nachfragen in Hergolding sieht das, was geplant ist, etwas weniger massiv aus. Dass in dem Örtchen mit weniger als 50 Adressen bald mehr als 30 zusätzliche Häuser stehen sollen, sei "ein totaler Schmarrn", sagt ein Hergoldinger. Zwar möchte keiner der Dorfbewohner seinen Namen in der Zeitung lesen, wegen der guten Nachbarschaft. Darüber, was in dieser Nachbarschaft aber geplant ist, und von wem, bekommt man bereitwillig Auskunft. Tatsächlich sollen anstelle eines Bauernhofs an der Waldstraße Wohnhäuser entstehen, allerdings keine 30 Reihenhäuser sondern zwei oder drei Mehrfamilienhäuser. Dass sich deren potenzieller Bauherr bereits mit seinen Nachbarn über das Vorhaben ausgetauscht hat, sei richtig, dabei seien verschiedene Pläne für die Bebauung vorgestellt worden.

Dass eine solche geplant ist, bestätigt der Grundstückseigentümer auf Nachfrage bereitwillig. Der Bauunternehmer aus dem nördlichen Landkreis hatte das Areal im vorvergangenen Jahr im Rahmen einer Zwangsversteigerung erworben. Vorausgegangen, das wiederum ist von den Hergoldinger Bürgern zu erfahren, war eine Erbstreitigkeit um den Hof. In deren Folge kam das Anwesen unter den Hammer.

Und bald soll es auch unter die Abrissbirne kommen, daran lässt der Besitzer keinen Zweifel. Was die Dimensionen eines Neubaus angeht, da werde aber ziemlich übertrieben. Die Zahl 30 sei wohl dadurch in die Welt gelangt, weil nach dem derzeit bestehenden Bebauungsplan anstelle des Hofes ein gleich großer Häuserblock mit 30 Wohnungen möglich wäre. Was er selber aber gar nicht wolle, sagt der Grundstücksbesitzer, "ich will schön bauen." Was konkret heißt, dass an der Waldstraße zwar wirklich Reihenhäuser entstehen sollen, aber eben keine 30 sondern nur fünf. Außerdem sind noch zwei größere Mehrparteienhäuser mit je acht Wohnungen geplant. Also insgesamt 21 Einheiten statt 30 und locker verteilt. Was aber, auch das bestätigt der Eigentümer, mit dem derzeitigen Bebauungsplan tatsächlich nicht zu machen ist. Darum sei er für eine Änderung.

Ein Ansinnen, dem man im Vaterstettener Rathaus indes wenig Chancen einräumt. Zwar sei noch kein Hergoldinger mit dem Wunsch nach einem neuen Bebauungsplan vorstellig geworden, sagt Georg Kast, Vaterstettens Wirtschaftsförderer und Büroleiter von Bürgermeister Georg Reitsberger. Seiner Meinung nach könne man sich dies aber ohnehin sparen. Er erinnert an vergangene Debatten in Bauausschuss und Gemeinderat über die Ausweitung des Baurechts in Hergolding, "da gab es null Bereitschaft dazu", so Kast, und das werde wohl auch so bleiben. "Es wurde X-mal diskutiert, jetzt muss es auch mal gut sein." Nicht zuletzt weil sich aus einer Änderung in Hergolding ein Präzedenzfall für das gesamte Gemeindegebiet ergeben könnte. "Wenn wir diese eine Baustelle aufmachen, dann werden wir nicht mehr fertig. Es gibt so viele Flächen, die man dann auch wieder aufmachen müsste."

Für den Eigentümer des Grundstücks in Hergolding bleibt der Gemeinde dagegen gar nichts anderes übrig. Er beruft sich auf zahlreiche Ausnahmen, die in Hergolding bereits genehmigt wurden. "Der Bebauungsplan ist so durchlöchert, dass man ihn gänzlich kippen kann." Davon ist er überzeugt. Zur Not müsse eben das Verwaltungsgericht darüber entscheiden, sagt der Eigentümer. Was er aber eigentlich gar nicht wolle, lieber wäre ihm eine "ganz saubere" Lösung im Einvernehmen mit den Nachbarn und Gemeinde.

© SZ vom 05.05.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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