Vaterstetten:Alles Turbo, oder was?

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In Vaterstetten sucht man neue Wege aus dem Parsdorfer Verkehrschaos - manche Ideen sind aber sogar der Gemeinde zu extrem.

Von Wieland Bögel, Vaterstetten

Wer schon alt genug ist, in den 1980ern gelegentlich ferngesehen zu haben, kennt sicher noch Kitt, das Wunderauto aus der Serie Knight Rider. Für alle, die zu jung oder nicht TV-affin genug sind, hier die Zusammenfassung: Das sprechende Auto Kitt und sein Herrchen David Hasselhoff, der später als Bademeister Karriere machte, lösten jede Woche spannende Kriminalfälle. Da sie es dabei regelmäßig mit ganz üblen Typen zu tun bekamen, hatte das sprechende Wunderauto natürlich jede Menge Tricks auf Lager.

Wenn es besonders brenzlig wurde - was genau einmal in jeder Folge passierte - kam immer der Turbo-Boost zum Einsatz, mit dem Auto und Bademeister über tiefe Gräben, andere Autos und sogar durch Gebäude springen konnten. So etwas wünscht man sich als gestresster Autofahrer doch auch: Einfach den Turbo einlegen und los geht's. Doch leider ist das in der Realität mit ihren Vorschriften und Bedenkenträgern nicht so einfach, so wie nun in Vaterstetten, wo man nun die Chance vertan hat, ein bisschen mehr Turbo ins Verkehrsgeschehen einzubringen.

Konkret ging es um einen sogenannten Turbo-Kreisel. Das ist jetzt aber kein supergetuntes Kinderspielzeug, sondern der letzte Schrei in Sachen Verkehrsplanung. Sagen zumindest Verkehrsplaner. Christoph Hessel ist ein solcher und durfte in dieser Eigenschaft im Vaterstettener Verkehrsausschuss die neueste Errungenschaft des Verkehrswesens erklären. Die es in anderen Bundesländern übrigens schon längst gebe, nur die Bayern seien hier noch etwas hinterher.

Täglich mehr als 500 Autos zusätzlich

Dabei sei der mit mehreren Fahr-, Abbiege- und Bypass-Spuren versehene Kreisel einfach das beste Mittel, um Verkehrsprobleme zu lösen. Und solche werde es bald in Parsdorf am Kreisverkehr in der Gruber Straße geben, spätestens wenn auf dem noch unbebauten Grundstück die dort geplante Tankstelle und ein Autohaus eröffnet werden. Mehr als 500 Autos würden dann pro Tag zusätzlich an der Stelle vorbeikreisen - zu viel für einen herkömmlichen Kreisel. Weshalb man eben unbedingt einen Turbokreisel brauche.

Oder auch nicht, entschieden Bauverwaltung und Gemeinderäte. Denn neben der Tatsache, dass für den Turbo zwischen 200 und 300 Quadratmeter zusätzliche Fläche - auf Grundstücken, die man erst kaufen müsse - versiegelt würden, wie Straßenbauamtschef Manfred Weber vorrechnete, gebe es noch weitere Nachteile. So lasse sich etwa der Verkehr an einer Ampel je nach Bedarf steuern.

Außerdem sei die Orientierung im Turbokreisel nicht so ganz einfach, merkten mehrere Gemeinderäte und die Verwaltung an. Verwirrte Autofahrer könnten darum die nicht serienmäßig mit Turbo-Boost ausgerüsteten Fahrzeuge von Feuerwehr und Rettungsdienst behindern. Zu guter Letzt komme der Turbo auch turboteuer, zwar würden die Baukosten vom Tankstelleninvestor bezahlt, den Unterhalt müsste aber die Gemeinde leisten, und der sei bei einer klassischen Ampelkreuzung ohne Fußgängertunnel deutlich günstiger.

Der Ausschuss empfahl dem Bauwerber, sich noch einmal mit den Verkehrsexperten zusammenzusetzen und eine anständige Ampelkreuzung zu planen. Auch wenn man so auf einen Hingucker verzichten müsse, wie Bürgermeister Georg Reitsberger anmerkte: "Der Turbokreisel wäre die Krönung der Kreisellandschaft in Parsdorf geworden."

© SZ vom 23.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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