Wer in Grafing wohnt und im Dezember einen Abend auf einem größeren Weihnachtsmarkt verbringen möchte, der muss sich künftig ins Auto oder in die S-Bahn setzen. Einfach auf den Marktplatz zu gehen, wird zumindest in den kommenden drei Jahren keine Option sein. Den Werbering-Antrag, den Weihnachtsmarkt wieder in alter Manier am Marktplatz stattfinden zu lassen, hat der Kultur- und Sozialausschuss abgelehnt. Die Entscheidung über den Antrag ist damit endgültig, der Stadtrat muss nicht mehr zustimmen.
"Wir kämpfen um unsere Parkplätze, damit wir vor Weihnachten wenigstens noch ein bisserl ein Geschäft machen können", argumentierte CSU-Stadtrat Josef Saißreiner. Zumindest aus der Perspektive seiner Unterstützer weiß der CSUler, wovon er redet: Er betreibt auf der Südseite des Grafinger Marktplatzes eine Metzgerei. Die Parkplätze, um die es geht, liegen unmittelbar gegenüber von seinem Ladeneingang.
Allerdings, das betonte Saißreiner ausdrücklich, gehe es bei seinem Protest nicht nur um ihn. Sieben weitere Unternehmer am Marktplatz sähen die Sache genauso. Der Wegfall der Parkplätze bedeute eine Umsatzeinbuße von bis zu 30 Prozent, so lautet das Kernargument der Geschäftsleute. "Ohne Parkplätze wird ein Einzelhändler nach dem anderen zusperren", prophezeite Saißreiner.
Josef Pollinger (CSU) wählte gar noch schärfere Worte: "Der Marktplatz stirbt doch eh aus" - mit dem Weihnachtsmarkt vergraule man die letzten Marktplatz-Verbleibenden. In den Plänen des Werberings hätte der Weihnachtsmarkt neun von 24 Parkplätzen auf dem Marktplatz belegt.
Seit Dienstagabend können sich Saißreiner und Pollinger als Gewinner sehen: Die Abstimmung um den Werbering-Antrag endete mit 6:6 Stimmen. Bei einem Patt gilt ein Antrag als nicht angenommen.
Bürgermeisterin Angelika Obermayr (Grüne) warb vergeblich für den Weihnachtsmarkt. "Innenstädte veröden nicht, weil es dort keine Parkplätze mehr gibt - das tun sie, weil sich das Kaufverhalten total geändert hat: Die Leute machen das von der Couch aus und lassen es sich liefern." Wer weiterhin Leute in die Innenstädte bekommen wolle, müsse die Marktplätze "eventisieren", so Obermayr, sei es mit einem Bürgerfest, Frühjahrs-, Herbst- oder Weihnachtsmarkt - oder einem Apfelkuchenfest vom Gartenbauverein.
Obermayr ist damit auf Linie mit dem Grafinger Arbeitskreis Wirtschaftsförderung. Dieses - allerdings nur beratend tätige - Gremium hatte die Werbering-Pläne noch im Februar mit 9:2 Stimmen im Grundsatz befürwortet.
Die Freien-Wähler-Stadträte Josef Klinger und Veronika Oswald sowie SPD-Stadtrat Franz Frey schlugen als Kompromiss einen Markt vor, der kürzer dauert als bisher. Demnach solle der Werbering auf das Wochenende vor den Weihnachtsfeiertagen verzichten. Dann würde der Weihnachtsmarkt wenigstens an diesen Tagen keine Parkplätze blockieren.
Damit brauche man den Fieranten nicht kommen, erklärte Werbering-Chef Peter Schölzel. "Die gehen doch nicht auf einen Weihnachtsmarkt, um dann am Wochenende vor dem 24. ihre Sachen wieder einzupacken", sagte Schölzel. "Alternative Weihnachtsmärkte gibt es für Fieranten genug. Die gehen anderswo hin." Die Frage, ob er nicht doch noch irgendeine Chance für den Markt sehe, verneinte Schölzel auf dem Weg aus dem Sitzungssaal. "Das war's dann wohl leider!"
Für den Weihnachtsmarkt am Marktplatz stimmten: Heinz Fröhlich (Bündnis für Grafing) Bürgermeisterin Angelika Obermayr, Roswitha Singer und Johannes Oswald (Grüne), Regina Offenwanger (SPD) und Georg Schlechte (CSU). Dagegen stimmten Franz Frey (SPD), Veronika Oswald (FW), Sepp Klinger (FW), Josef Pollinger, Franz Saißreiner und Josef Rothmoser (alle CSU).