Theater in Markt Schwaben:Die Brücke des Anstoßes

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Ein cholerischer Pfleger, ein blasierter Stiefsohn und ein aufmüpfiges Volk: Der Theaterverein überzeugt mit "Der Komödienkrieg".

Von Isabel Meixner, Markt Schwaben

Markt Schwaben im Jahr 1774: Der Pöbel begehrt auf gegen den Pfleger des Schlosses, der verbieten will, ein Theaterstück über den heiligen Nepomuk aufzuführen. Es ist die Zeit der Aufklärung, "jetzt gibt es keine Wunder mehr", wird den Schwabenern von der Obrigkeit klar gemacht.

Doch Schwaben wäre nicht Schwaben, wenn der Ort dieses Verbot ohne Widerspruch hinnähme. Schon bald sind die Menschen bereit, gegen den Abbau ihrer Theaterbühne mit "Schießen, Hauen, Stechen", vorzugehen: "Wir sind freie Bürger", rufen sie und stürmen das Waffenarsenal, das ursprünglich zur Verteidigung ihres Orts angelegt worden war.

Der Pfleger markiert den starken Mann, der in Wirklichkeit nur ein Männlein ist

Der Theaterverein hat am Samstag eine gelungene Premiere seines neuen Stücks "Der Komödienkrieg" gefeiert. Diese Geschichte, die für die 900-Jahr-Feierlichkeiten geschrieben wurde, speist sich aus der ortseigenen Historie, um genau zu sein aus Briefwechseln, die im Bayerischen Staatsarchiv aufbewahrt sind. Darin bittet der Pfleger Philipp Anton Janson von Stock und Wörth darum, dass das Militär nach Schwaben entsandt werden möge, um den Aufstand der Bevölkerung zu brechen. Hermann Bogenrieder gelingt es, dem cholerischen Pfleger eine in sich stimmige Persönlichkeit zu verleihen: Nach unten markiert er gerne den starken Mann mit herausgestreckter Brust, der in Wirklichkeit aber nur ein Männlein ist und beim Besuch des Hofrats schnell zum Duckmäuser par excellence mutiert.

Auch Daniel Wilke nimmt man die Rolle des blasierten Stiefsohns des Pflegers ab, der zwar ein ziemliches Weichei ist, das Herz aber am richtigen Fleck hat und im Lauf des Stücks gegen Janson aufmuckt.

Bei den Proben hat immer jemand gefehlt

Wobei einzelne Schauspieler herauszugreifen eigentlich nicht nötig ist: Das gesamte Ensemble überzeugt in seinen Rollen, Texthänger und Abstimmungsfehler passierten nicht - und das, obwohl die mehr als 30 Schauspieler in den vergangenen zwei Monaten eigentlich nie zusammen haben üben können, wie Marga Kappl in der Pause sagte: "Es hat immer jemand gefehlt."

Den Rahmen zwischen den Szenen bildeten Elke Deuringer und Albert Hones als Moritatensänger: Sie stellen aktuelle Bezüge zur heutigen Zeit sowie allgemeine Weisheiten her. "Wia oft is des a heit no, dass d'Menschn unbedacht an neier Kriag ofanga, aus lauter Gier auf d'Macht. Und unser Gschicht, de zoagt uns, du hosts net in da Hand, wia schnell werd aus am Feier a großer, wuida Brand", singen sie etwa gleich zu Beginn des Theaterstücks.

Die kleinen Szenen in der Geschichte machen das Stück besonders sehenswert

Marga Kappl hat den historischen Dokumente den Zeitgeist der Aufklärung hinzugefügt. Die Personen handeln freiheitsliebend, wenngleich sie an so manchem Punkt in ihren alten Denkmustern verhaftet sind. Etwa als Bürgermeist Toni Waffler (Franz Stetter) und Oberwirt Xaver Gerstlacher (Wolfgang Kaiser) bei ihrem Besuch im Schloss erfahren, dass sich der Vater des Pflegers (Sigi Schmidt) und Köchin Katl (Karin Baumann-Scherer) sehr nahe stehen. "Wo kommen wir denn hin, wenn die Köchin das Sagen hat?", fragt Gerstlacher. Es sei mittlerweile halt so, dass alle Menschen gleich sind, erwidert Waffler.

Es sind dieses kleinen Geschichten in der Geschichte, die den "Komödienkrieg" besonders sehenswert machen. Hier eine Diskussion über die Gleichheit der Menschen, da der erzürnte Pfleger, der seine Macht gemäß den Regeln der alten Schule demonstrieren will, dazwischen Menschen wie die zwei Wachtmeister (Rainer Bigalke und Wolfgang Adolf), die zwischen den beiden Welten vermitteln sollen. "Hättest du geglaubt, dass sich die Obrigkeit mal auf die Seite der Kleinen stellt?", fragt Gerstlacher, als der Hofrat (Hans-Jörg Dieckhoff) den Bürgern die Theateraufführung erlaubt. Die Schwabener haben ihr Ziel erreicht - und mehr: Sie sind freiere Bürger geworden.

Der Theaterverein führt den "Komödienkrieg" noch am Freitag und Samstag, 20. und 21. November, in der Theaterhalle auf. Karten gibt es im Büro am Schlossplatz 1; geöffnet mittwochs und freitags von 16 bis 18 Uhr, unter Telefon (08121) 224 22 oder unter www.theater-marktschwaben.de.

© SZ vom 16.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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