S-Bahnfahrten nach München:Der teure Weg nach Westen

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Vaterstetten will für seine Pendler günstigere Tarife bei S-Bahnfahrten nach München erreichen. Doch die Chancen stehen schlecht.

Von Wieland Bögel, Vaterstetten

Ärger am Automaten: In Vaterstetten müssen Fahrgäste nach München vier Streifen stempeln; eine Station weiter kostet die Fahrt nur zwei Streifen. (Foto: Angelika Bardehle)

Wer in der Großgemeinde wohnt und bei der Bahnfahrt nach München sparen will, muss sportlich sein. Dann kann man in Haar kurz aus der S-Bahn springen und je nach Richtung einen oder zwei Streifen auf der Karte stempeln. Ist der Passagier gut genug trainiert, schafft er es sogar, bevor die Bahn weiterfährt. Dank dieser kleinen sportlichen Einlage kostet die Fahrt nach und von München die Vaterstettener und Baldhamer nämlich nur drei statt sonst vier Streifen. Geht es nach dem Vaterstettener Verkehrsausschuss, soll es künftig aber noch billiger werden - und das ganz ohne Gerenne.

Das Gremium beschloss am Dienstag auf Antrag der Freien Wähler, dass sich die Gemeinde bei Ebersbergs Landrat Robert Niedergesäß (CSU), dem Sprecher der Landräte im MVV-Bereich, dafür einsetzen soll, die beiden Bahnhöfe im Gemeindegebiet der Tarifzone Innenraum zuzuschlagen, die bisher eben erst in Haar beginnt. Dadurch bräuchten die Fahrgäste aus Vaterstetten für eine Fahrt nach München nur noch zwei Streifen zu stempeln.

Auch für Pendler aus den Ortschaften im Norden des Gemeindegebietes soll die Fahrt nach München billiger werden, zumindest wenn sie eine Zeitkarte benutzen. Diese fahren meist mit dem Bus aus Parsdorf zur S-Bahnstation nach Grub und von dort weiter nach München. Das bedeutet aber, dass Pendler, die eigentlich Richtung Westen fahren wollen, zuerst ein kurzes Stück nach Osten fahren müssen.

Da Grub allerdings im sechsten und Parsdorf im fünften Zeitkartenring liegt, müssen die Pendler aus Parsdorf und Umgebung für diesen kleinen Umweg auch noch zusätzlich bezahlen. Auf Antrag der SPD wurde nun ebenfalls die Forderung an den MVV beschlossen, die Station Grub zu Zeitkartenzone fünf zuzuschlagen.

Der stellvertretender Fraktionssprecher der Freien Wähler, Herbert Uhl, warb für den Antrag, eine Verbilligung der Bahnfahrten nach München sei "im Interesse aller Bürger". Außerdem könne man damit eine in den Achtzigerjahren eingeführte Ungerechtigkeit im Tarifsystem wieder rückgängig machen. Damals wurden nämlich die Fahrtkosten von Vaterstetten oder Baldham nach München von bisher drei auf seitdem vier Streifen angehoben.

Es sei doch sachlich nicht zu begründen, so Uhl, warum sich der Fahrpreis innerhalb einer Haltestelle einfach verdoppelt. Schließlich kann man von Haar mit zwei Streifen nach München fahren, eine Station weiter, in Vaterstetten, kostet es schon vier. Die Fahrt von Haar nach Vaterstetten alleine kostet dagegen nur einen Streifen.

Er sei sich durchaus bewusst, so Uhl, "dass die Aussichten nicht so gut sind - aber man sollte es ab und zu mal wieder probieren". Vielleicht führe der Antrag ja zu einem Nachdenken bei den Verantwortlichen des MVV. Als einen solchen Denkanstoß versteht man auch bei der SPD ihre Forderung nach der Neuzuordnung von Grub. Die Chancen seien "sicher nicht so groß", sagte SPD-Fraktionssprecher Sepp Mittermeier, "wir finden den Antrag der Freien Wähler aber gut".

Grundsätzliche Zustimmung kam auch von der CSU. Beide Anträge seien "sehr sinnvoll", sagte Albert Wirth, aber auch er äußerte Zweifel an den Erfolgsaussichten. Wirth erinnerte daran, dass der Landrat bereits 2014 einen ähnlichen Vorschlag beim MVV eingebracht und angeregt hatte, wieder einen Drei-Streifen-Tarif einzuführen - was der Tarifverbund allerdings abgelehnt habe. "Die befürchten wohl Präzedenzfälle", so Wirth. Daher werde man wohl auch diesmal den MVV nicht überzeugen können.

Einig war man sich darüber, dass beim MVV dringend ein Systemwechsel nötig sei. "Das Ganze ist doch unlogisch und willkürlich", meinte etwa Uhl, "es müsste feiner gestaffelt werden". Etwa indem man von Vaterstetten nach München nur drei Streifen stempeln muss. Für Wirth wäre "die Lösung, ein entfernungsabhängiges Tarifsystem einzuführen", dies würde auch das Problem der Fahrpreisverdoppelung zwischen Vaterstetten lösen.

Jo Neunert (SPD) forderte sogar einen Einheitstarif für das ganze MVV-Netz, eine Idee, der zweiter Bürgermeister Martin Wagner noch geringere Erfolgsaussichten einräumte als den beiden Anträgen: "Das wäre ja fast Sozialismus, das geht nicht."

© SZ vom 08.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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