Prozess im Landgericht:Drohungen und eine Bombenattrappe

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Grafinger soll seine Lebensgefährtin in Panik versetzt und vergewaltigt haben - im Landgericht tritt er ungehobelt auf.

Christian Rost

Der 49-Jährige hält nicht viel von ausschweifenden Erklärungen. Wenn ihm etwas nicht passt, wird es ihm schnell "zu blöd". Und wenn er Lust auf Sex hat, dann braucht er "die schnelle Nummer zwischendurch". Ungeschönt schildert der Berufskraftfahrer am Mittwoch am Landgericht München II seine Sicht der Dinge. Dass dieser Mann aus Grafing recht ungehobelt ist, liegt auf der Hand. Ob er tatsächlich ein dreifacher Vergewaltiger ist, wie es ihm die Staatsanwaltschaft zum Prozessauftakt vor der 5. Strafkammer vorwirft, steht allerdings noch nicht fest. Die Anklage geht davon aus, dass der Mann nach Aschermittwoch 2011 an drei aufeinanderfolgenden Tagen seine damalige Lebensgefährtin zum Sex gezwungen hat. Er soll sie jeweils mit dunklen Andeutungen und auch direkten Drohungen gefügig gemacht haben. Auf die Frau und ihre beiden Kinder bezogen soll er geäußert haben: "Ich tu Euch allen etwas an". Auch von Giften wie Arsen soll er gesprochen haben, die er sich an seiner Arbeitsstelle, einem großen Entsorgungsunternehmen, jederzeit besorgen könne. Nicht einmal ein Jahr hatte der Mann bei der Frau und ihren neun und 18 Jahre alten Töchtern in Grafing gelebt, als die Beziehung in die Brüche ging. Die Frau traf im März 2011 bei einem Kurzbesuch in Köln beim Karneval eine Jugendliebe und frischte diese wieder auf. Ihr Freund in Grafing bekam von der Affäre nach ihrer Rückkehr Wind, weil sie dem Nebenbuhler Kurznachrichten per Handy schickte. Er habe sich deswegen mit ihr "gezofft", sich letztlich aber damit abgefunden, dass die Beziehung zu Ende sei, so der Angeklagte. Was für ihn jedoch nicht bedeutet habe, dass man sich von nun an völlig aus dem Weg gehen müsse. "Einvernehmlich" habe er mit seiner Freundin auch nach der offiziellen Trennung ein Mal Sex gehabt. Schließlich brauche es "keine Liebe dazu", wie der Mann sagte. Man lebte ja noch unter einem Dach zusammen und schlief auch weiterhin gemeinsam im Doppelbett. Eine brutalere Version der Ereignisse schilderte das angebliche Opfer schon bei der Polizei und nun auch vor Gericht. Sie habe sich ihrem damaligen Lebensgefährten nur gefügt, weil sie um ihr Leben und das ihrer Kinder Angst gehabt habe, sagte die Frau unter Tränen im Zeugenstand. Als bedrohlich empfand sie demnach auch, dass er sich in jenen Tagen ins Gartenhaus zurückzog und hinter verschlossener Tür etwas bastelte, "wobei es stark nach Benzin roch". Als dann eine ihrer Töchter den Angeklagten direkt gefragt habe, ob er etwa "eine Bombe" baue, habe er nur gegrinst, sagte die Frau. Gefunden wurde später im Gartenhaus etwas, das zumindest wie eine Bombenattrappe aussah. Ob Basteleien, ein Grinsen und dunkle Andeutungen ausreichen, um jemanden zum Sex zwingen zu können? Für den Vorsitzenden Richter Martin Rieder erschloss sich nicht, weshalb die Frau trotz ihrer Panik vor möglichen Gewalttaten des Angeklagten und erst nach der dritten mutmaßlichen Vergewaltigung die Polizei gerufen hatte. Sie habe "damals keinen anderen Ausweg gesehen", als sich dem Mann zu fügen, so die Zeugin. Der Kraftfahrer, den Polizisten zunächst zu einem Kurzaufenthalt in die Psychiatrie nach Gabersee brachten, darf sich seiner Ex-Freundin nicht mehr nähern. Das Kontaktverbot kommentierte er im Gerichtssaal auf die ihm eigene Weise: "Da war ich erst mal am Arsch." Der Prozess wird fortgesetzt.

© SZ vom 23.02.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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