Poing:Trotz mehr Zügen: Poing hat keinen Anspruch auf Lärmschutz

Lesezeit: 2 min

Ganz so wie auf diesem Symbolbild dürfte es in Poing so schnell nicht zugehen, künftig sollen aber mehr Züge durch den Ort fahren. (Foto: dpa)

Der Verkehr auf der Bahnstrecke durch Poing wird zunehmen. Die Nachteile trägt allein die Gemeinde.

Von Barbara Mooser, Poing

Es wird vermutlich kein Wohlfühltermin für den Bahn-Vertreter, der in einer der nächsten Sitzungen zu Gast im Poinger Gemeinderat sein wird. Denn in der Kommune ist man einigermaßen ungehalten über den Kurs des Unternehmens: "Fast unverschämt, frech und despektierlich den Kommunen gegenüber", so deutlich wird Bürgermeister Albert Hingerl (SPD), wenn man ihn nach seiner Meinung fragt.

Es geht um den geplanten Ausbau der Bahngleise Richtung Osten und entsprechende Schallschutzmaßnahmen. Beides wird es nämlich in Poing nicht geben, hier ist das einzige, was man dazu bekommt, weiterer Bahnlärm.

Bahnverkehr in Poing
:Nicht auf Augenhöhe

Kein Ausbau, kein Lärmschutz: Das Verhalten der Bahn lässt den Poingern wenig Hoffnungen auf fruchtbare Verhandlungen.

Kommentar von Barbara Mooser

Schon seit langem besteht die Sorge, dass der Bereich zwischen der Landeshauptstadt und Markt Schwaben nach dem Ausbau der Bahnstrecke München-Mühldorf-Freilassing (ABS 38) zum Flaschenhals wird. Die ABS 38 ist eines der wichtigsten Schienen-Infrastrukturprojekte Deutschlands.

Im Bundesverkehrswegeplan 2030, den der Bundestag im Dezember verabschiedet hat, ist die Strecke im vordringlichen Bedarf, genießt also oberste Priorität und gesicherte Finanzierung. Sie ist Teil der Ost-West-Magistrale Bratislava-Paris und soll nach Plänen von Bund und Bahn unter anderem das Chemiedreieck in Südostbayern besser anbinden. Dazu ist ein zweigleisiger Ausbau der Strecke östlich von Markt Schwaben sowie deren Elektrifizierung erforderlich.

Erklärtes Ziel ist es also, dass künftig mehr Züge auf der Strecke fahren können - und diese Züge werden zwangsläufig auch die vorhandenen zwei Gleise durch Poing nutzen. Ein viergleisiger Ausbau, wie er über Jahrzehnte hinweg in der Diskussion war, ist derzeit wieder vom Tisch. Die Crux dabei: Laut Bahn ist die Schienenstrecke schon jetzt für mehr Verkehr ausgelegt, daher haben die Anwohner keinen Anspruch auf verbesserten Lärmschutz.

Die Bahn schreibt, dass sich auch Chancen bieten

Zwar hat die Bundesregierung ein Sonderprogramm "zur Minderung der Verkehrsbelastung an ausgewählten Schienenstrecken" aufgelegt, doch die Strecke durch Poing ist in der Prioritätenliste weit unten. Das alles hat die DB Netz AG jetzt in zwei Schreiben der Gemeinde Poing mitgeteilt - ohne dabei auf übergroßes Verständnis zu stoßen.

Daran ändert auch der Hinweis der Bahn nichts, dass der Verzicht des Bundes auf den Streckenausbau westlich von Markt Schwaben "auch Chancen" biete, weil dadurch der barrierefreie Ausbau des Bahnhofs möglich werde. Die Gemeinde besteht jedenfalls darauf, dass ein Bahn-Vertreter den Sachverhalt nun selbst einmal im Gemeinderat erläutert.

Auch der SPD-Bundestagsabgeordnete Ewald Schurer, der seit Jahren auf das Problem mit der Engstelle zwischen München und Markt Schwaben hinweist, spricht von einer "Fehlplanung par excellence": "Wenn es irgendwo brennt bei uns, dann an dieser Stelle." Es sei unter anderem geplant, die Züge nach Wien und Linz auf diese Strecke zu verlagern, zudem solle der S-Bahn-Verkehr im Zuge des Baus der zweiten Stammstrecke und des Ringschlusses zum Flughafen ausgebaut werden.

Es sei klar erkennbar, dass dies auf der bestehenden Strecke nicht möglich sei, auch er selbst habe die Bahn-Vertreter in Gesprächen schon "x-mal damit konfrontiert", so Schurer. Für ihn gibt es jetzt nur eines: Bund, Freistaat und Bahn müssten sofort die Verhandlungen aufnehmen, um eine Planungslösung für diese Strecke zu erarbeiten. "Hier muss 2017 eine Initialzündung kommen", fordert der Bundestagsabgeordnete.

© SZ vom 26.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: