Poing:Mit braunem Gedankengut aufräumen

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Jugendzentrum will mit Theaterprojekt "acht.acht" Jugendliche über Rechtsradikalismus aufklären.

Anna Lindener

Die Ereignisse am Grafinger Gymnasium zeigen, wie gegenwärtig das Thema Rechtsextremismus tatsächlich ist. Obwohl es nahe liegt, realisieren Judith Gitay und Lars Hoffmann, Mitarbeiter des Poinger Jugendzentrums, nicht nur aus diesem Grund das Theaterprojekt "acht.acht", das die Agentur für Kulturdesign "Kunstdünger" konzipiert hat. Das Stück setzt sich mit Fremdenfeindlichkeit, Rechtsradikalismus und Intoleranz auseinander, der Theaterpädagoge Jean-Francois Drozak führt dabei Regie. Besetzt wird das 45-minütige Theaterstück mit Jugendlichen der Mittel- und Realschule, die dafür vier Tage lang intensiv proben werden. Die Uraufführung wird am 1. Mai stattfinden.

Der Titel des Theaterstücks, "acht.acht", bezieht sich auf die von Rechtsextremen verwendete Chiffre "88". Unter Neonazis wird diese als getarnter Hitlergruß verwendet. Von vorne gezählt ist der achte Buchstabe des Alphabets das H, somit steht 88 für HH, was wiederum eine Abkürzung für "Heil Hitler" ist. Studenten der Ohm-Hochschule in Nürnberg befragten Aussteiger aus der rechten Szene, Schüler, Polizisten und Pädagogen zum Thema Rechtsradikalismus und entwickelten aus diesen Interviews das Theaterstück. Jugendlichen soll so vor Augen geführt werden, mit welchen subversiven Methoden sie in die rechte Szene gelockt werden könnten. "Das Stück stellt somit einen szenischen Tatsachenbericht dar", erklärt Judith Gitay.

Drozak, der sich selbst als Weltbürger bezeichnet, da er in Brasilien, Belgien und Bayern aufgewachsen ist, richtet sich mit seinem Projekt an Jugendliche, da diese verstärkt in den Fokus von Werbeaktionen der rechten Szene rückten. Bei dem Projekt gehe es allerdings nicht um ein "Patentrezept gegen Rechtsradikalismus, sondern um die Erziehung der Jugendlichen zu selbstbewussten und demokratischen Persönlichkeiten, die gerne in einer heterogenen und bunten Gesellschaft leben", erläutern die pädagogischen Mitarbeiter des Juz.

Das Theaterstück existiert seit vier Jahren, das Projekt wurde bereits in 20 bayerischen Ortschaften in die Tat umgesetzt und erreichte bisher rund 10 000 Jugendliche. "Alleine in Poing wird das Stück mit vier Aufführungen etwa 600 Leute ansprechen. Vielleicht wird anschließend sogar eine Theatergruppe im Jugendzentrum gegründet", erklärt Bürgermeister Albert Hingerl. Er ist außerdem davon überzeugt, dass das Stück die Kooperation zwischen den Jugendlichen der beiden Schulen fördern wird.

Dass das Theaterstück durch die Vorgänge in Grafing derzeit besonders aktuell ist, konnte man nicht vorhersehen, sagt Judith Gitay. Sie und ihr Kollege seien bereits im Sommer auf das Projekt von Jean-Francois Drozak mittels eines Berichts im Fernsehen aufmerksam geworden und hätten daraufhin den Referenten kontaktiert. Das Juz empfiehlt Lehrkräften der siebten bis zehnten Klassen die Themen Rechtsradikalismus, Fremdenfeindlichkeit und Intoleranz während des Projekts zusätzlich zu besprechen. Das Bündnis "Bunt statt Braun" unterstützt das Projekt und wird bei den Theateraufführungen mit einem Stand vertreten sein.

© SZ vom 03.01.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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