Pliening:Verdienter Dank

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Die Gemeinde veranstaltet ihren ersten Ehrenamtsempfang. Bei Sekt, Bier und Leberkäs treffen sich Engagierte aus Einrichtungen und Vereinen im Ort

Von Alexandra Leuthner, Pliening

Mit einem leicht abgewandelten afrikanischen Sprichwort begann Bürgermeister Roland Frick (CSU) seine Begrüßungsrede im aufgeheizten Stüberl des Bürgerhauses. "Viele kleine Leute, in vielen kleinen Orten, die viele kleine Dinge tun, können die ganze Welt verändern", rief er den geladenen Gästen am Donnerstagabend zu. Dass es gut warm war im Raum, und die etwa 45 Plieninger nach seinen Worten fast fluchtartig den Weg nach draußen suchten, um sich mit Speis und Trank an Stehtischen im Freien wiederzufinden, lag nicht an aufgeheizter Stimmung. Im Gegenteil.

Bürgermeister Frick bedankt sich bei Schulweghelferin Mirjam Ehrmüller stellvertretend für die Ehrenamtlichen der Gemeinde. (Foto: Christian Endt)

Selbst bei den Flüchtlingshelfern, die beim ersten Plieninger Ehrenamtsempfang nicht fehlen durften, war die Laune entspannt. Ihre Schützlinge haben die Gemeinde inzwischen verlassen, die Traglufthalle steht seit Ende April leer - und wird irgendwann wohl auch wieder abgebaut werden. "Fragen Sie mich aber nicht, wann", feixte Frick. Nach mehrmaligen Terminverschiebungen seitens der Betreiberfirma hatte er den Beginn der Abbauarbeiten endgültig für die letzte Woche vor den großen Ferien erwartet - einmal mehr vergeblich.

Geteiltes Leid

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(Foto: Christian Endt)

Jeden Monat treffen sich die Mitglieder der Regionalgruppe der Deutschen Parkinson Vereinigung Ebersberg, um sich auszutauschen, sich zu informieren über ihre Krankheit und darüber, was sie dagegen tun können. Harald Brunner ist stellvertretender Vorsitzender und Schatzmeister der Gruppe mit 64 Mitgliedern. Der Plieninger organisiert die Treffen, die meistens im Vaterstettener Wirtshaus zur Landlust stattfinden. Er sorgt dafür, dass der Raum zur Verfügung steht, er lädt Referenten ein, oft Ärzte oder Vertreter von sozialen Institutionen, die Betroffene unterstützen können. Brunner hat vor zehn Jahren erfahren, dass er Parkinson hat, eine Krankheit, die nicht heilbar ist und stetig fortschreitet. Bei den Betroffenen führt eine verringerte Dopaminproduktion im Körper zu Bewegungsstörungen, die unter anderem das charakteristische Zittern auslösen - das aber nicht jeder Erkrankte hat, wie der 70-Jährige erklärt. Neben den regelmäßigen Treffen organisiert er auch Ausflüge - all das könne helfen, die Erkrankten zu stützen, ihnen zu zeigen, dass sie nicht allein sind mit ihrem Leid. aja

Vorstandsposten

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(Foto: Christian Endt)

Da war sie arglos zu einem Neubürgerempfang für junge Eltern gegangen und schon blieb sie an jenem Plieninger Verein hängen, dem sie nun seit vielen Jahren die Treue hält: der Elterinitiative EIP. Mittlerweile ist Brigitte Freunds Sohn raus aus dem Kleinkindalter, der Zwölfjährige besucht das Gymnasium, doch sie engagiert sich weiter. Seit fünf Jahren sitzt sie als Leiterin im Vorstand des Vereins, der Träger des Plieninger Kinderhauses mit Hort, Krippe und Kleinkinderbetreuung ist, eine Zeitlang war auch die Mittagsbetreuung in dem Gebäude hinter dem Bürgerhaus untergebracht. Fragt man Freund nach dem Zeitaufwand für ihr Ehrenamt, lacht sie herzlich: "Ich hab nicht nachgerechnet, ich glaube, ich möcht's auch gar nicht wissen." Eine Sitzung im Monat, ein Wochenendseminar pro Jahr, die Mit-Organisation des Neubürgerempfangs, ein jährlicher Basar im Bürgerhaus - da kommt schon was zusammen. Zum Glück habe sie den Segen ihrer Familie. Ihr Sohn sehe an ihr, dass es wichtig sei, sich zu engagieren, "und mein Mann hat mir immer den Rücken frei gehalten". aja

Chef der Bagage

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(Foto: Christian Endt)

Feuerwehrkommandant Fritz Müller ist für den Namen verantwortlich. "Is' was schief gegangen, dann hat er g'sagt: Was seid's jetzt ihr für a Bagage", erzählt Markus Burgmair. Das ist ein paar Jährchen her, die Geschichte stammt aus den Anfangszeiten der legendären Plieninger Theatertruppe. Der "Müller Fritz" brachte damals den Jungspunden vom Burschenverein die Schauspielerei bei. Burgmair war einer von denen, die zur Fahnenweihe des Burschenvereins 1977 für ein erstes Theaterstück probten. Die eigenständige Theatertruppe hat sich später entwickelt, und Burgmair ist seit 21 Jahren ihr Chef. Auch wenn die alte Schule, in der sich die Theaterbagage Anfang der 2000er eingerichtet hatte, vorübergehend nicht nutzbar ist, wird weiter gespielt, als Exil dient das Bürgerhaus. Ende September beginnen die neuen Proben. Burgmair ist dann nicht nur als Leiter sondern auch als Kulissenschreiner gefragt. Seine Kinder, längst erwachsen, kennen es nicht anders, als dass sie den Papa im Theater finden - und oft auch die Mama, die sich als Schriftführerin um das Organisatorische kümmert. aja

Flüchtlingshelfer

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(Foto: Christian Endt)

Viele kommen ja zu ihrem Ehrenamt wie die Jungfrau zum Kind. So ging es auch Konrad Weinstock, der bei der Bürgerversammlung im Herbst 2015 erfuhr, dass in Pliening eine Traglufthalle für Flüchtlinge entstehen sollte. Dann ging er "ohne ernsthafte Absichten" zu einer Informationsveranstaltung, und schon war er zu einem von zwei Sprechern des neu gegründeten Helferkreises gewählt. Die eineinhalb Jahre bis die Flüchtlinge im April wieder auszogen, waren aufreibender für den 67-Jährigen als er erwartet hatte. Fehlende Unterstützung von Landratsamt und Bundesamt für Flüchtlinge beklagten die Helfer, es gab auch immer wieder Streitigkeiten zwischen den Flüchtlingen. Wenn auch die Zusammenarbeit mit der Gemeinde gut funktionierte, habe das Engagement doch viel verlangt . "Ich habe viele Tätigkeiten einstellen müssen in der Zeit", sagt Weinstock. Zum Glück sei er Rentner, im Gegensatz zu seiner Frau, die nach ihrer Praxisarbeit oft um 23 Uhr noch E-Mails an Ämter geschrieben habe. "Sie ist sehr froh, dass sie sich jetzt wieder ihrer eigentlichen Arbeit widmen kann", sagt Weinstock. Und er sei es auch. aja

Doch darum sollte es an diesem Abend gar nicht gehen, sondern um den Dank der Gemeinde an alle diejenigen, die ohne große Gegenleistung freiwillige Dienste an ihren Mitmenschen tun, manche nur auf Zeit, manche auch jahrelang. Die Flüchtlingshelfer hob Frick in seiner kurzen Ansprache exemplarisch hervor, ebenso die Engagierten, Übungsleiter, Vorstandsmitglieder, Abteilungsleiter in den mehr als 40 Vereinen im Ort und die Mitglieder der drei Freiwilligen Feuerwehren in Gelting, Pliening und Landsham, "die an 365 Tagen im Jahr 24 Stunden am Tag da sind, wenn sie gebraucht werden". Er habe sich gewünscht, erklärte Frick, dass sich von dem Dankeschön der Gemeinde auch all jene angesprochen fühlten, die ihren Dienst im Stillen leisteten und nie öffentlich in Erscheinung träten, hilfreiche Nachbarinnen, oder Kinder, die sich um ihre alt gewordenen Eltern kümmern.

Sehr sichtbar im Gemeindeleben sind die Schulweghelfer wie Mirjam Ehrmüller, die sich drei Jahre lang um die Koordination der Schulwegdienste gekümmert hat. Im Schnitt etwas mehr als 50 Helfer, meist Mütter von Grundschulkindern oder Großeltern, hat Ehrmüller seit dem Schuljahr 2014/2015 akquiriert. Jetzt hat ihr Sohn Maxi die vierte Klasse hinter sich, da hat sie die Koordination abgegeben, den Dienst an der Ampel will sie aber weitermachen, trotz Berufstätigkeit. Seit Einführung des Schulweghelferdiensts 1973, habe es, soweit sie wisse, im Kreis keinen tödlichen Schulwegunfall mehr gegeben, sagte sie. Aber brenzlige Situationen gebe es immer wieder, und wenn man sehe, mit welcher Rücksichtslosigkeit manche Leute Auto führen, dann könne man sich wirklich an einem Vormittag der Woche für sein Kind an die Ampel stellen.

© SZ vom 05.08.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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