Pfaffing:Sábado em Pfaffing

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Lisa Wahlandts Botschaft an die Zuhörer im Pfaffinger Gemeindehaus: Hört zu! Genießt! Lebt! (Foto: Ulrich Pfaffenberger)

Latin Jazz der Spitzenklasse von Lisa Wahlandt und der BossaNovaBand

Von Ulrich Pfaffenberger, Pfaffing

Lisa Wahlandt beim Singen zuzuhören, ist die reine Freude. Ginge es nicht über ihre physische Belastbarkeit hinaus, wünschte man sich ein Konzert, das Stunde um Stunde dauerte und nicht aufhörte. Lebendig und farbenfroh sind die Geschichten, die sie erzählt, beherzt und beseelt ihr Spiel mit Melodien und Rhythmen, elegant ihr Umgang mit Sprache, sinnlich ihr Gesang. Da steht nicht nur eine Sängerin auf der Bühne, sondern eine Interpretin, stark aus ihrem Innern, gewinnend mit ihrer Botschaft ans Publikum: Hört zu! Genießt! Lebt!

Am Samstagabend im Gemeindesaal von Pfaffing gab die vielseitige Sängerin mit der BossaNovaBand ihr Gastspiel bei "Kunst in der Filzen" und brauchte nur wenige Takte, um das Publikum für sich einzunehmen. Die Art und Weise, wie sie gerade in den leisen Tönen Ausdruck zeigte, ihre Leidenschaft für überraschende Lied-Schlüsse und der liebevolle Umgang mit fremden wie eigenen Kompositionen eroberten die Ohren und Herzen der Anwesenden im Flug. Über allem glänzte ihre Fähigkeit zum Scat, vollendet und feinfühlig, erfüllt von der Liebe zur Nuance. So ausgefeilt und kunstvoll hört man derlei selbst in angesehensten Jazztempeln nur selten, eine Qualität, zum Niederknien schön.

Die zahlreichen Spielarten des Bossanova wie des Samba, die den Abend prägten, gaben Wahlandt die Gelegenheit, das Genre in unterschiedlichen Sprachen zu bespielen - Portugiesisch, Englisch, Deutsch. Lieder wie "Birdy" oder ihr "Sábado em Copacabana" überzeugen mit poetischer, Coverversionen von "I will survive" oder "Kiss" mit selbstbewusster Kraft. Jederzeit beweist Lisa Wahlandt Gefühl für Stil und Ausdruck - sowohl im Vortrag der einzelnen Titel wie beim Aufbau einer wechselvollen Dramaturgie ihres Programms insgesamt. Das war nicht bloß ein Gig aus guten Nummern, das war ein Konzert voller Spannung.

Wozu jeder der drei begleitenden Musiker aus der BossaNovaBand seinen prägnanten Beitrag leistete. Ein Pianist wie Walter Lang gereichte jeder Jazzbar auf diesem Planeten zur Ehre; sein variantenreiches Spiel mit dem kräftigen Akzent zur rechten Zeit, dem rhythmischen Ansporn und dem sanften, unaufdringlichen Begleiten beweisen seine Vollkommenheit als Partner eines solchen Ensembles.

Reichlich Futter für Auge und Gefühl lieferte Percussionist Marco Lobo. Als einzigem war ihm ein Soloauftritt gewährt, den er mit einer Klangcollage aus singenden Luftschläuchen, brummenden Plastikflaschen, Signalflöten oder Vogelpfeiferln füllte. Wie der Zauberer beim Kindergeburtstag machte der brasilianische Ganzkörper-Instrumentalist seine Zuhörer die Welt um sie herum vergessen, verwandelte den Konzertsaal in Regenwald, Strand und Blumengarten. Als er nach der Pause auf dem selbstgebauten Ein-Saiten-Bass die "Berimbau" von Baden Powell und Vinicius de Moraes rockte, war es auch um die zurückhaltendsten Pfaffinger geschehen.

Entspannter Begleitspieler, der er ist, erhielt Bassist Peter Cudek nur wenig Gelegenheit, auf seinem Instrument zu brillieren. Wenn aber einer so souverän die 7. und 8. Lage zupft wie er als Begleiter Wahlandts bei der eigenwilligen Interpretation von "Schuld war nur der Bossanova", zeigt das nachdrücklich, dass er seinen Kontrabass nicht zum Festhalten in die Hand nimmt, sondern zum kunst- und lustvollen Musizieren. Dafür, im Einzelnen wie im Ensemble, bedankte sich das voll besetzte Haus mit begeistertem Applaus, bevor es ein Lullaby mit auf den Heimweg bekam, die letzten Takte in herzlichstem Unplugged.

© SZ vom 03.04.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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