Die Augen hätte Anzings Erster Bürgermeister Franz Finauer (UBA) vermutlich verdreht, hätte er auf der Bürgerversammlung am Dienstagabend das Wort "Bürgerworkshop" in den Mund nehmen müssen. Das sagte zumindest der zweite Bürgermeister Florian Alte, der den wegen Krankheit verhinderten Finauer vertrat. Alte indessen sträubte sich nicht gegen diesen englischen Begriff, und gegen seine Bedeutung dürfte auch Finauer nichts einzuwenden haben. Denn in dem Workshop am 7. Juni sollen Anzings Bürger die Möglichkeit haben, konkrete Vorschläge für die Gestaltung ihres Ortes einzubringen.
Bevor es aber soweit ist, kam das Architektenteam des beauftragten Plankreises zu Wort. Jochen Gronle und Susanne Dorner berichteten von ersten Bestandsaufnahmen. Vieles sei schön und zu bewahren, sagte Gronle, als er eine historische Abbildung des Siedlungsgrundrisses von 1810 zeigte. Vor allem die länglichen Gebäudestrukturen mit den Giebeln zur Straße seien prägend, die wolle man auf jeden Fall bewahren und im Gesamtbild noch stärker hervorheben.
Besonders viel Interesse weckten die vorgestellten Möglichkeiten, wie die durch den Ortskern führende Staatsstraße verändert werden könnte. Bereits 1810 sei Anzing ein "Straßendorf" gewesen, doch anhand von Beispielen aus Rottal und Landsberg erklärte Dorner, wie selbst eine derart große Durchgangsstraße so gestaltet werden kann, dass Autofahrer abbremsen und "merken, dass sie gerade durch einen schönen Ortskern fahren". Ein Kopfsteinpflaster beispielsweise könnte diesen Effekt haben. "Mehrzweckstreifen" an den Rändern der Straße, die die Straße schmaler erscheinen lassen als sie ist, ebenso.
Welche konkreten Lösungen sich für Anzings Durchfahrtsstraße anbieten, hänge auch davon ab, was sich die Anzinger wünschen. "Möchte man viele Parkplätze oder kann man auf die verzichten?", sei da beispielsweise eine zu klärende Frage, so Dorner. Zum Bürgerworkshop werden die Architekten ausgearbeitete Pläne mitbringen. "Wir müssen die verschiedenen baulichen Maßnahmen jedoch in Unterprojekte unterteilen", sagte Alte, um dann ein "Ranking" - noch so ein englischer Begriff - zu erstellen. Denn: "Ich möchte ehrlich mit Ihnen sein", sagte Alte, "und anmerken, dass wir kaum alle geplanten Maßnahmen gleich in den kommenden fünf Jahren umsetzen können."
Wichtig sei, dass man die Ortskernsanierung dennoch als ein zusammenhängendes Ganzes betrachte, denn "wenn wir das stückchenweise und ohne Gesamtkonzept anpacken, dann wird es nicht so schön werden", so Alte. Dies wurde auch bei den Punkten Ortskernbegrünung und Zugänglichkeit für Fußgänger und Radfahrer betont. "Vieles sei bereits vorhanden", sagte Gronle, nun gelte es, die bereits bestehenden Radwege miteinander zu verbinden und eine zusammenhängende Bepflanzung der Ortskernmitte zu erarbeiten, damit der "Charakter Anzings" besser zum Vorschein komme. Auf Anregung aus dem Publikum fügte Alte allerdings hinzu, Schlaglöcher könne man selbstverständlich auch schon davor beseitigen.
Bis Ende dieses Jahres wird man sich auf einen Maßnahmenkatalog einigen, damit die Bewerbung für die staatlichen Fördergelder eingereicht werden kann. 60 Prozent der Gesamtkosten würde die Städtebauförderung übernehmen und auf Nachfrage eines Bürgers versicherte Alte, dass auch die Gemeinde bereit sei, einiges an Geld für die Verschönerung Anzings in die Hand zu nehmen.
Zum Abschluss der Bürgerversammlung wurden noch drei Anzinger mit einer Ehrenmedaille ausgezeichnet: Otto Belmer für sein langjähriges und unermüdliches Engagement für die Nachbarschaftshilfe, Maria Stadler für ihren Einsatz in der Frauengymnastik und Resi Lettenbichler unter anderem für ihren Arbeit für die Bürgerkapelle.