Nach 21 Jahren:Ökologischer Ruheständler

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Grafings oberster Naturschützer Olaf Rautenberg tritt kürzer

Von Carolin Schneider, Grafing

"In meinem Berufsleben habe ich schon einen großen wenig ökologischen Fußabdruck hinterlassen. Ich habe etwas gutzumachen", sagt Olaf Rautenberg. Der Grafinger war vor seinem Ausscheiden aus dem Berufsleben jahrelang als Organisator bei einem großen Technologiekonzern tätig und musste deshalb wöchentlich mit dem Flugzeug zu Terminen fliegen. Rautenberg, der sich - seit er Rentner ist - vielfältig für den Naturschutz einsetzt, hatte zuvor gar keine Zeit, sich für die Umwelt zu engagieren. Nun, nach 21 Jahren an der Spitze des Grafinger Bund Naturschutz, will er aber kürzer treten.

Das Engagement des inzwischen 71-Jährigen begann im Jahr 1990, der Auslöser war die viel diskutierte Ostumfahrung Grafings. Damals wurde eine Interessengemeinschaft in seinem Wohngebiet Birkenholz gegründet, die sich gegen diese Straße zur Wehr setzte. "Mit den Worten "Kümmer dich mal darum" wurde ich zum Vorsitzenden gewählt", erzählt Rautenberg. Er begann, sich in das Thema einzuarbeiten, Planungsunterlagen zu durchforsten, Briefe und Fragen an die Stadt Grafing und den Landkreis zu stellen und dagegen zu kämpfen, dass die Ostumfahrung gebaut wird. Viele Dokumente zum Thema sammelten sich an, die Rautenberg ordentlich in Folien aufbewahrt. Durch die Arbeit für die Interessengemeinschaft ist der Kontakt mit dem Bund Naturschutz zustande gekommen. Dennoch: "Gebracht haben alle Veranstaltungen, Demos und das Bürgerbegehren letztendlich nichts", sagt Rautenberg. Der Ärger darüber, dass die Ostumfahrung nicht verhindert werden konnte und über die seit vorigem Jahr der Verkehr rollt, ist ihm immer noch deutlich anzusehen. "Das war mein größter Misserfolg", sagt Rautenberg.

Doch entmutigen lassen hat sich der spätberufene Naturschützer davon nicht: "Erfolge gab es schließlich auch einige", sagt er. Der Wochenmarkt in Grafing zum Beispiel, dessen Betreiber der Bund Naturschutz ist, fällt ihm dazu als erstes ein. "Der soll den ökologischen Landbau fördern", sagt Rautenberg. Trotz einiger Schwierigkeiten - vor allem die oftmals fehlenden Kunden - gebe es den Wochenmarkt in diesem Jahr bereits 25 Jahre, freut sich Rautenberg. "Außerdem haben wir 1992 geschafft, dass keine Schneise durch die Stadt gebaut wird", sagt Rautenberg. Auch das zählt er zu seinen Erfolgen. Er sucht eine Broschüre aus seinen Unterlagen, mit der er im Auftrag des Bund Naturschutz für alternative Möglichkeiten geworben hatte. "Wir haben also nicht nur gemotzt", sagt er, "sondern auch Vorschläge eingebracht."

Insgesamt 21 Jahre hat sich Olaf Rautenberg bei der Ortsgruppe Grafing des Bund Naturschutz als Vorsitzender engagiert und dabei einiges ins Rollen gebracht. Aus gesundheitlichen Gründen hat er sich für eine weitere vierjährige Amtsperiode nun aber nicht mehr aufstellen lassen. Langweilig wird es dem 71-Jährigen dennoch nicht. Denn weiterhin wird er sich in vielen anderen Arbeitskreisen engagieren: Sein Amt als Kreisvorsitzender des Bund Naturschutz behält er ebenso wie er sich weiterhin für die Arbeitskreise "Energie & Ressourcen", "Gentechnik" und "Mobilität für alle" einsetzt. Aufgaben gibt es in nächster Zeit ausreichend: "Das Thema Energiewende ist natürlich ein Dauerbrenner", sagt Rautenberg.

Der Arbeitskreis Energie, den der Rentner 1995 gegründet hat, ist landkreisweit tätig und hat bis heute in fast allen Kommunen des Landkreises mit Veranstaltungen über die Energiewende informier. Zurzeit werde vor allem über die Elektromobilität gesprochen, sagt Rautenberg. Darüber hinaus unterstütze der Bund Naturschutz den Bau von Windrädern im Ebersberger Forst und die Bürgerinitiative gegen die Umgehungsstraße Schwaberwegen. Alles Themen, die einiges von Rautenbergs Zeit in Anspruch nehmen. "Im Durchschnitt arbeite ich sicher 60 Stunden die Woche für die ganzen Themen", schätzt er und man glaubt im das sofort. Auf dem Tisch im Esszimmer stapeln sich Dokumente, Briefe und Formulare, die Rautenberg in den letzten Jahren angesammelt hat. Sortiert sind die Schriftstücke, mit handschriftlichen Hinweisen versehen, manche Stellen mit einem Textmarker hervorgehoben. "Es ist einfach ein befriedigendes Gefühl, wenn man Erfolge hat", sagt Rautenberg. Und so sind es auch die vielen gelungenen Vorhaben des Grafinger Bund Naturschutz, die Rautenberg darüber hinwegtrösten,d ass es mit dem Protest gegen die Ostumfahrung nicht geklappt hat. Doch inzwischen hat er sich auch damit arrangiert. "Auch die Misserfolge geben einem ein befriedigendes Gefühl", sagt Rautenberg. "Denn man weiß, man hat einfach alles getan, um es zu verhindern." Das sei für ihn das Wichtigste: Wenn seine Kinder oder Enkel fragen, warum er etwas nicht verhindert habe, antworten zu können: "Ich habe es versucht."

© SZ vom 23.01.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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