Musik:Jenseits von griabig

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Auf der neuen Weihnachts-CD von "Rudi Zapf & Freunden" tanzt das Fest aus der guten Stube hinaus in eine Welt voller Fröhlichkeit

Von Ulrich Pfaffenberger

Weltweihnachtskonzert" trägt die jüngste CD von Rudi Zapf & Freunde als Titel. Eine klare Ansage, termingerecht zum Fest. Zudem scheinen die von einem staaden Christbaum beleuchteten Instrumente auf dem Cover, verwaist auf der Bühne liegend, nur darauf zu warten, dass sie jemand an- und die innewohnenden Melodien zum Fest auspackt. Wer den Hackbrettvirtuosen kennt und sich mit seiner musikalischen Denkweise angefreundet hat, darf vermuten, dass bei diesem Auspacken nicht nur Erwartbares, sondern auch reichlich Überraschendes herauskommt - und wird auch diesmal in seinem Glauben bestärkt.

Für den weihnachtlichen Grundton der Einspielung sorgt der Plieninger Rudi Zapf selbst, der sich am Pedalhackbrett einmal mehr als Saitenkünstler erster Güte beweist - mit fliegenden Wechseln ans Knopfakkordeon und Vibrandoneon. Vom Flirren einer Schneeflocke bis zum feinen Glockenklang, vom Setzen einzelner Lichter bis zum Aufzünden eines strahlenden Leuchters spielt er mit der ganzen Bandbreite von Schwingungen und Stimmungen und prägt damit das Klangbild. Gleichwohl gewährt er seinen "Freunden" ausgiebig Raum für eigene Akzente. Sunny Howard an der Violine darf Tanzmeister sein und Fiddler, Ingrid Westermeier an der Gitarre erweist sich als einfühlsame Gestalterin von Tempi und Rhythmen und Ludwig Klöckner am Kontrabass erweitert den Raum, in den sich die Melodien entfalten, mit beherzter Eleganz. Erfrischende Soli bereichern die Szenerie, gewandte Zuspiele zeichnen belebende Übergänge, gemeinsames Innehalten sorgt für intensiven Nachklang - da ist "Komposition" im Spiel, wie man sie sich als Zuhörer für feierliche Stunden wünscht.

Am Hackbrett lässt sich ein vielfältiges Klangbild erzeugen. (Foto: Christian Endt)

Was letztlich das Album über das programmatische Weihnachtsthema hinaushebt. Zwar sind Titel wie Bachs "Jesus bleibet meine Freude", das andächtige "Andante religioso" oder das abschließende Potpourri aus "Tief im Frieden", "Zillertaler Walzer" und "Stille Nacht" eindeutig dem Anlass zuzuordnen. Aber schon David Qualeys "Winter's Prelude" und das traditionelle "Wieda Hoam" reichen über den kalendarischen Anlass hinaus und spannen den gedanklichen Horizont der Zusammenstellung weiter. Mit Stücken wie "Russischer Jahrmarkt", dem "Majok Majko" zusammen mit "La Catedral" von Agustin Mangoré oder dem "Ayttem" von Ibrahim Kunanbajew schließlich lösen Zapf & Freunde das traditionelle Weihnachtsverständnis gänzlich auf und verlagern die Wirkung ihrer Musik auf die Motive von Fest, Freude und Feiern.

Gekonnt bewegt sich die Mischung von Motiven und Kulturen wie bei der Zubereitung guten Tees zwischen "entspannend" und "belebend". Nicht nur griabige, besinnliche Tempi kuscheln sich da in die Dämmerung der Winternacht, es jagen auch flotte Weisen und treibende Rhythmen durchs weite Land, manchmal mit gekonnt platzierten Fermaten zum Innehalten, bevor es mit frischer Kraft weitergeht. Wo es jazzig werden darf, wird es jazzig, wo sich Einladungen zur Improvisation auftun, werden sie mit Leidenschaft, aber frei von Selbstverliebtheit angenommen, wo die Seele nach Moll verlangt, bekommt die Nachdenklichkeit ihre Tonlage. Manchmal dürfte sogar getanzt werden, etwa, wenn sich Stücke von Telemann und Krieger zu folkloristischen oder volksmusikalischen Melodien aus anderen Kulturen gesellen und in eine originelle Interpretation des "Zwiefachen" finden. Dieses Konzept findet sich häufig bei Rudi Zapf, gleichwohl ermüdet es eben nie, sondern erzeugt immer wieder erfrischende und belebende Momente. Was konsequenterweise dazu führt, dass dieses Album genauso auch den Titel "Weltfestmusik" tragen dürfte, weil es in seiner Gesamtheit auch eine laue Sommernacht oder einen sonnendurchleuchteten Frühlingsgmorgen zum Klingen bringt - je nachdem, wann einem eben zum Feiern zumute ist. Die technisch sehr gute Qualität der Aufnahmen trägt ihren Teil zur nachhaltigen Wirkung bei, auch wenn gelegentlich hörbare Musikanten-Schnaufer manchem Hörer zu viel des Live-Charakters sein mögen.

Bei einem Konzert im Bürgerhaus Pliening am Freitag, 22. Dezember, um 20 Uhr werden Zapf, Howard, Westermeier und Klöckner ihre "Weltweihnacht" live präsentieren. Das Publikum darf sich darauf freuen, bei dieser Gelegenheit nicht nur in Stimmung, sondern auch in Schwung gebracht zu werden.

© SZ vom 16.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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