Max Mannheimer:Erinnerung an einen Menschenfreund

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Bei einigen Gedenkfeiern (hier ein Foto von 2011) waren die Überlebenden Max Mannheimer und Leslie Schwartz (am Rednerpult, von links) persönlich anwesend. (Foto: Christian Endt)

Poing war einer der Schicksalsorte des Holocaust-Überlebenden Max Mannheimer. Jetzt will ihn die Gemeinde ehren, indem sie eine Straße, einen Platz oder ein Gebäude nach ihm benennt

Von Barbara Mooser, Poing

Es war ein grauenhafter Tag in einer grauenhaften Zeit. Ein Zug mit 3600 überwiegend jüdischen Häftlingen, die aus dem KZ-Außenlager Mühldorf nach Seeshaupt gebracht werden sollten, machte am 27. April 1945 wegen eines technischen Defekts in Poing Halt. Viele Häftlinge versuchten zu fliehen und wurden dabei grausam ermordet. Max Mannheimer, nach 27 Monaten in verschiedenen Konzentrationslagern stark geschwächt, blieb im Zug - und überlebte. Wenige Tage später wurde er in Tutzing befreit.

Hätte Mannheimer nach diesen Erfahrungen Poing nie wiedersehen wollen, es wäre nachvollziehbar gewesen. Doch so war Mannheimer nun einmal nicht: Immer wieder kam er nach Poing, um jungen Leuten seine Geschichte zu erzählen, auch bei den Gedenkstunden zum Jahrestag des Halts des Todeszugs war er präsent. 2014 zeigte Mannheimer unter seinem Künstlernamen ben jakov seine Bilder im Poinger Rathaus. "Ihr seid nicht verantwortlich für das, was geschah, aber für das, was in Zukunft geschieht", dieses Wissen wollte er den Menschen mit auf den Weg geben. Im September ist Max Mannheimer 96-jährig gestorben, doch in Poing soll er noch lange in Erinnerung bleiben: Alle Fraktionen haben gemeinsam den Antrag gestellt, ein öffentliches Bauwerk, eine Straße oder einen Platz nach ihm zu benennen; alle Fraktionen haben sich am Donnerstag in der Sitzung des Gemeinderats auch nochmals einstimmig dafür ausgesprochen. Vorschläge sollen in den nächsten Monaten erarbeitet werden, dabei sollen auch die Angehörigen Mannheimers aber auch die Öffentlichkeit eingebunden werden.

Die Initialzündung für diesen Vorschlag stammt aus den Reihen der SPD; sehr bald nach Mannheimers Tod sei der Wunsch aufgekommen, ihn auf diese Weise zu ehren, erzählt Fraktionssprecher Peter Maier. Er selbst kannte Mannheimer seit vielen Jahren, kann sich aber noch gut an die erste Begegnung erinnern, als Mannheimer im Poinger Jugendzentrum mit jungen Leuten sprach. "Er war eine äußerst beeindruckende Persönlichkeit", sagt Maier. Mannheimer habe immer wieder deutlich gemacht, welche Lehren man aus der Geschichte ziehen müsse. In einer Zeit, in der lautes Geschrei und Rassenhass die Diskussion dominiere, sei es besonders wichtig, an jemanden zu erinnern, der Werte wie Freiheit, Gerechtigkeit und Toleranz immer hochgehalten habe, sagte Maier in der Sitzung des Gemeinderats.

Die SPD hat mindestens schon ein Gebäude im Auge, für das Max Mannheimer als Namensgeber in Frage käme: die neue Grundschule im Zauberwinkel, die im kommenden Jahr eröffnet wird. Aber auch andere Vorschläge seien willkommen, sagt Maier: "Wichtig ist, dass es jetzt passiert - und in großer Gemeinsamkeit." Er hofft, dass Poing bei der Entscheidungsfindung auch vom Gymnasium Markt Schwaben beraten wird. Schülerinnen und Schüler hatten vor Jahren in einem groß angelegten Rechercheprojekt auch den Todeszug und seinen Halt in Poing erforscht.

Die Idee, mit Max Mannheimer als Namensgeber für eine Schule auch die von ihm vertretenen Werte hochzuhalten, gibt es freilich nicht nur in Poing. Auch am Gymnasium Grafing, wo Mannheimer sehr oft zu Vorträgen zu Gast war, wird eine entsprechende Debatte geführt: Der langjährige Gymnasiallehrer Udo Helmholz hat beantragt, die Schule nach Mannheimer zu benennen. Direktor Paul Schötz ist nicht abgeneigt: Zunächst müsse man aber die Meinung von Schülern, Eltern und Lehrkräften hierzu einholen, sagte er im Oktober.

© SZ vom 10.12.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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