Markt Schwaben:Traumjob im Souterrain

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Bianca Kothe bringt ihre "Schildkrötenbande" ins Bett. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Tagesmutter Bianca Kothe liebt ihre "Schildkrötenbande"

Von Carolin Fries, Markt Schwaben

Zehn Jahre lang hat Bianca Kothe in der Gastronomie gearbeitet und dabei vor allem den Kontakt mit Menschen geschätzt. Als sie schließlich ihr zweites Kind bekam, war klar: Gastronomie und Familie, das lässt sich für sie kaum vereinbaren. Doch eine Arbeit, möglichst mit viel Kontakt zu Menschen, wollte sie weiter haben. 2012 begann sie in ihrer Markt Schwabener Wohnung als Tagesmutter, Kinder zwischen ein und drei Jahren zu betreuen. Ein Job, "den ich bis zur Rente machen möchte", wie sie sagt.

Als sie begann, war ihre jüngste Tochter immer dabei. "Das würde ich heute anders machen", sagt die 33-Jährige. Denn zusammen mit anderen Kindern wolle der eigene Nachwuchs doch zu oft seine Sonderstellung bestätigt sehen. Jetzt geht die Vierjährige in den Kindergarten und die Tagesmutter kann sich voll und ganz ihrer Schildkrötenbande widmen. Warum Schildkröten? Im Keller steht der große Wagen für mehrere Kinder in Schildkrötenoptik - "der musste es sein", sagt Kothe. Zwar säßen aktuell kaum Kinder drin, weil alle gut zu Fuß seien, doch im September erwartet Bianca Kothe drei junge Neuzugänge. Dann kommen drei ihrer Schildkröten-Jungs in den Kindergarten und Bianca Kothe schwankt zwischen Wehmut und Vorfreude: Wie werden sich die Neulinge eingewöhnen, wann werden sie das Laufen Lernen, das Sprechen? Die Entwicklung der Kinder zu erleben, das schnelle Lernen durch imitieren - "da kann ich immer wieder staunen".

Im November hat Kothe groß umgebaut zuhause, für die Tageskinder einen separaten Raum im Souterrain angemietet. Dort stehen jetzt die Kinderbetten nebeneinander an der Wand, es gibt reichlich Spielzeug, einen Brotzeit- und Puzzletisch, Kuschelecke und Nestschaukel. Von sieben bis 16 Uhr betreut sie hier ihre fünf Tageskinder, sie wickelt, bastelt, singt und spielt mit den Kleinen, geht täglich spazieren. Montags gibt es eine Süßspeise, dienstags Kartoffeln, mittwochs Reis, donnerstags Nudeln und freitags einen Eintopf. Bianca Kothe ist ihr eigener Chef, Absprachen muss sie mit niemandem treffen, außer natürlich mit den Eltern. Manchmal vermisst sie eine Kollegin, doch eine Großtagespflege mit ein oder zwei anderen Tagesmüttern zu eröffnen, kommt für sie nicht in Frage: "Dann müsste man sich wieder ständig abstimmen." Nein, Bianca Kothe bleibt mit ihren Schildkröten allein. Die springen aufgeregt über den Spielteppich, servieren Kaffee aus kleinen Plastiktassen. Die Arbeit erfüllt Bianca Kothe ebenso wie sie mitunter auch anstrengt und erschöpft. Umso mehr freut sie sich über Anerkennung, die ihr zum Beispiel auf Spaziergängen oder aus dem Freundeskreis entgegenschlägt. Lediglich von einigen Erziehern wird sie bisweilen als unterqualifizierte Konkurrentin betrachtet. "Das ärgert mich dann, weil ich als Mutter von zwei Kindern ja auch schon viel gelernt habe, was ich in meinen Berufsalltag einbringen kann", sagt Kothe. Apropos Beruf: Fast alle ihre "Kunden" sind berufstätig und Kothe hat damit die besten Erfahrungen gemacht. "Berufstätige Eltern sind verlässlicher", erzählt sie. Natürlich komme es einmal vor, dass ein Elternteil im Stau stecken bliebe oder sich verspäte. Für diese Fälle ist abgesprochen, dass die Kinder weiter beaufsichtigt werden, allerdings in den privaten Familienalltag von Bianca Kothe integriert.

Doch was, wenn Bianca Kothe krank ist? "Das ist bislang zum Glück noch nicht vorgekommen", sagt sie. Und wenn doch, dann würde das Jugendamt helfen, einen Ersatz zu organisieren. Sind die Kinder der Tagesmutter krank, bleibt Bianca Kothes Mann zuhause. "Eigentlich", sagt Bianca Kothe, "ist Tagesmutter ein Traumjob". Lediglich eine Sache nervt sie regelmäßig: Dass sie ihren Urlaub ein Jahr vorplanen muss - und ihr Mann idealerweise auch. "Für spontane Aktionen ist da kein Raum", sagt Kothe.

© SZ vom 17.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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